Religion und Popmusik

Ebenso wie die Liebe ist die Religion ein gängiges und beliebtes Thema in der Popmusik und zwar unabhängig davon ob der Interpret beziehungsweise Songwriter sich als gläubig bezeichnet oder nicht. In diesem Text sollen exemplarisch einige bekannte Lieder vorgestellt werden. 

Das, was man heute als Popmusik bezeichnet, hat seine Wurzeln in den Gospels und Spirituals der tiefgläubigen afroamerikanischen Sklaven und dem daraus resultierenden Blues. Während die Gospels auf Texten aus dem Neuen Testament basieren und jünger sind als die Spirituals, haben die Spirituals Themen aus dem Alten Testament, vornehmlich die Gefangenschaft und den Frondienst Israels in Ägypten zum Thema. Gospels und Spirituals entstanden in der Zeit vom späten 18.Jahrhundert bis 1865, dem Jahr der Abschaffung der Sklaverei. Eines der bekanntesten Spirituals ist „Go down Moses“, auch bekannt unter dem Titel „Let my people go“. Dieses Lied nimmt Bezug auf die Textstelle in Exodus 3,10 ff, in der Gott Moses befiehlt, zum Pharao zu gehen und die Freilassung des israelischen Volkes aus der Sklaverei und dem Frondienst zu verlangen. Es stammt ursprünglich aus dem Jahr 1861 und wurde von Sklaven in Virginia gesungen. Berühmt wurde es durch die Interpretation von Louis Armstrong.  Ein weiterer bekannter Song ist „Oh, when the Saints go marching In“, aus dem Jahr 1891 der durch die Interpretation von Louis Armstrong 1938 weltberühmt und in den Jazz adaptiert wurde. Dieses Lied nimmt Bezug auf die Apokalypse. Der Text bringt die Hoffnung der Gläubigen zum Ausdruck, am Tag des Jüngsten Gerichts zu den Auserwählten zu gehören, die ins Himmelreich einziehen dürfen. Dieses Stück kann man zuweilen sowohl auf Karnevalsumzügen als auch auf Beerdigungen, insbesondere bei den Jazz Funerals in New Orleans hören. Das ebenfalls weltberühmte „Amazing Grace“ verdankt seine Entstehung einem Schlüsselerlebnis seines Autors John Newton, der Kapitän eines Sklavenschiffes war. Nachdem dieser am 10. Mai 1748 in schwere Seenot geraten und nach Anrufung Gottes gerettet worden war, behandelte er zunächst seine Sklaven menschlicher. Später gab er den Sklavenhandel auf und wurde anglikanischer Prediger. Den Text zu „Amazing Grace“ schrieb er 1772. „Amazing Grace“ ist Kirchenlied und Hymne der Bürgerrechtsbewegung in Amerika. Ebenfalls erwähnenswert ist das ebenfalls berühmte Glory Hallelujah, dessen offizieller Titel „The Battle Hymn of he Republic“ lautet. Der Text hierzu wurde 1861 während des Amerikanischen Bürgerkriegs verfasst. „Kumbaya my Lord“ aus dem Jahr 1926 ist der Titel eines weiteren bekannten Spirituals. Die Worte Kum ba ya sind kreolischen Ursprungs und bedeuten „Komm hierher“. Das Lied ist ein Appell an Gott, herzukommen und zu helfen. Die beiden letztgenannten Lieder wurden hauptsächlich von Joan Baez interpretiert, während das „Amazing Grace“, das meist interpretierte Gospel aller Zeiten ist. Das 1931 verfasste „Morning has broken“ nimmt Bezug auf den Schöpfungsbericht. Cat Stevens hat 1971 einen Welthit daraus gemacht. Die Melodie beruht auf einem schottischen Weihnachtslied, aus dem ein englisches Kirchenlied geworden ist. Doch nicht nur im englischen Gesangbuch finden sich „Amazing Grace“ und „Morning has broken“. Sie sind auch Bestandteil des deutschen Gesangbuches. Die Tradition der religiösen Songs wurde auch in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts fortgeführt.

Im Jahre 1950 wurde von dem amerikanische Folk-Sänger -und Schreiber Pete Seeger das Lied „Turn! Turn! Turn!“  geschrieben und veröffentlicht, das auf den Prediger Kohelet aus dem Alten Testament Bezug nimmt. Heißt es dort „Alles hat seine Zeit“ so machte Pete Seeger ein „To Everything There is a Season“. Das Alte Testament war auch für Leonard Cohen eine Quelle der Inspiration. Im Jahr 1969 erzählt er die „Story of Isaac“ Sie nimmt Bezug auf Genesis 22, 2-8, in der Abraham seinen Sohn Isaac opfern soll. Der ebenfalls von Leonard Cohen im !984 erschienene Song „Hallelujah“ bezieht sich auf 2. Sam. 11 und spielt auf die Verführung Bathsebas durch den König an.

Bob Marley schrieb im Jahr 1978 das Lied „Exodus“, das auf das gleichnamige biblische Geschehen Bezug nimmt. In diesem Lied verweist er auf die Religion der Rastafari, einer auf Jamaica aus dem Christentum entstandenen religiösen Bewegung. Auch die Beatles haben sehr spirituelle und tiefgründige Songs geschrieben. „Lady Madonna“ und „Let it be“ sind auch heutige noch Klassiker. Vor allem „Let it be“ wird häufig auf Beerdigungen gespielt. Doch nicht nur Interpreten, deren religiöser Hintergrund bekannt ist, sondern auch weniger religiöse bedienten sich der Religion und der Bibel für ihre Musik. So wurde das Lied Turn! Turn! Turn! 1965 von den Birds gecovert und weltweit bekannt. 1970 bat Janis Joplin Gott, ihr einen Mercedes Benz zu schenken (Oh Lord would you buy me a Mercedes Benz) und Curt Cobain von der Band Nirvana gesteht 1991: „I am not scared, ´cause I´ve found God (Lithium) und ebenfalls 1991 sind Guns N´Roses „Knocking on Heaven´s Door. Dieses Lied wurde übrigens bereits 1973 von Bob Dylon geschrieben. Genannt seien hier auch., Boney M „By the Rivers of Babylon“, das die Zeit im Babylonischen Exil beschreibt und seine Wurzeln in den Klageliedern des Propheten Jeremia hat. Obwohl es sich um einen traurigen Hintergrund handelt, ist die Interpretation doch sehr fröhlich.

Ein besonderes Beispiel gelebter und in einem Song zum Ausdruck gebrachter Frömmigkeit ist das letzte Lied von Leonard Cohen „You want it darker (2016), in dem er sich mit den Worten „Hineni, hineni, I´m ready my Lord von der Welt verabschiedet. Hineni ist hebräisch und bedeutet: Hier bin ich. Das Ganze wird mit Gregorianischen Gesängen untermalt

Es gibt natürlich nicht nur religiöse Songs, sondern auch solche, die sich kritisch mit der Religion auseinandersetzen. Einer der bekanntesten ist „Imagine“ von John Lennon aus dem Jahr 1971. Dieses Lied propagiert mit „a brotherhood of man“, einen weltweiten Humanismus, der auch ohne Religion möglich sein soll, und der auch von Nichtreligiösen gelebt werden kann. Auch dies ist eine Möglichkeit, die religiöse Position in einem Song auszudrücken. Von Helga Ranis.

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