„Das Wahre ist das Ganze. Das Ganze aber ist nur das durch seine Entwicklung sich vollendende Wesen.“ Georg Friedrich Wilhelm Hegel (1770-1831)

Dieser Satz steht in der Vorrede zur „Phänomenologie des Geistes, dem ersten Teil seines Systems der Wissenschaft. Das Wahre setzt sich zusammen aus der Idee, der Natur und dem Geist und nur in dieser Dreiheit kann man von dem Wahren sprechen. Hegel entwickelt in der Wissenschaft von den Erscheinungsweisen des Geistes dessen Emporsteigen. Der Geist entwickelt sich von der einfachen naiven Wahrnehmung über das Bewusstsein, das Selbstbewusstsein, die Vernunft, die Geschichte, die Offenbarung bis hin zum absoluten Wissen des Weltgeistes, dem Ganzen. Die Wissenschaft ist eine Einheit von Inhalt und Methode, die Erscheinungen des Geistes ist die Verwirklichung des menschlichen Selbst als Einheit von Sein und Nichts. Der Weltgeist ist der Zentralbegriff in der Philosophie Hegels. Für Hegel ist die gesamte historische Wirklichkeit, die Totalität, ein Prozess dieses Weltgeists. Durch diesen Weltgeist realisiere sich der Zweck in der Weltgeschichte und zwar die Vernunft in der Weltgeschichte.  Hegel ist der Auffassung, dass der Weltgeschichte eine objektive Vernunft innewohnt, ein die Welt durchwaltendes und ordnendes Prinzip. Dieses Prinzip ist das Ganze, die Weltvernunft, der Weltgeist, der Logos oder auch Gott. Gott ist für Hegel der absolute Geist, ihn zu erkennen ist das oberste Ziel aller Philosophie. Gott ist die absolute Vernunft, der einheits-und sinnstiftende Grund, der ewig aus sich selbst herausgeht, sich entzweit und sich im Laufe der Geschichte in immer neue Erscheinungen als Geist und Natur verwirklicht, wieder in die Einheit fällt und so „zu sich selbst zurückkehrt.“ Weil sie alles in sich zurücknimmt und in ihre Form, die Einheit bringt, hat die Vernunft keine Grenze. Sie ist unendlich, und, weil sie sich nur selbst erkenne, ist sie absolut. Das Absolute selbst kann aber nur Gott sein, der absolute Geist. Nach Hegel ist die Weltgeschichte Selbstentfaltung des objektiven Geistes, die großen geschichtlichen Persönlichkeiten seien Werkzeuge des Weltgeistes, eine Aussage, über die sich streiten lässt und über die auch gestritten wird. Gleichwohl gehört Hegel zu den bedeutendsten, am wirksamsten gewordenen Philosophen der Neuzeit. Er ist aber auch derjenige, dessen zentrale Gedanken am schwersten zu begreifen sind und die für Konfliktpotential sorgen. Obwohl zahlreiche Philosophen sich auf ihn berufen und von ihm beeinflusst sind, gehen die Meinungen so weit auseinander, dass sich seine Anhänger in Rechts-und Linkshegelianer unterschieden. Während die Rechtshegelianer eher konservativ waren und in Hegel den Vollender der christlichen Philosophie sahen, waren die Linkshegelianer eher revolutionär (Feuerbach, Marx). Von Helga Ranis.

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