Seifen und feste Shampoos liegen bei der Haarpflege im Trend. Doch oft enttäuschen sie bei der Anwendung. Der Haarpraktiker Michael Rogall gibt Tipps für ein überzeugendes Wasch-Ergebnis.
Derzeit erlebt Seife für das Waschen von Haut und Haar ein großes Comeback. Ausgelöst wurde der neue Trend durch Erkenntnisse zum Waschen von Körper und Haaren, die No-Poo-Bewegung – die gar keine Verwendung von Shampoo proklamiert – sowie der Verseuchung der Meere durch Mikroplastik, das sich bis in die kleinsten Meereslebewesen ablagert. Dadurch entstand endlich das Bewusstsein für die Vermeidung jeglicher überflüssiger Plastikverpackung.
Während Seife und auch die marokkanische Lavaerde (Ghassoul) lange als das „Shampoo der Armen“ degradiert waren, werden genau diese Werte in der Körperpflege jetzt wieder wichtig. Auf Grund der zunehmenden Übersäuerung der Bevölkerung kam nicht nur die basische Ernährung wieder zum Tragen, sondern auch das basische Waschen und Entschlacken der Haut.
Basische Seife bei juckender Kopfhaut
Beim Waschen mit festen Seifen, müssen wir zwei grundlegende Prinzipien unterscheiden, denn Inhaltsstoffe und die dazugehörigen pH-Werte sind für ein gutes Reinigungsergebnis absolut entscheidend. Basische oder saure pH-Werte und Inhaltsstoffe gilt es beim Kauf unbedingt zu berücksichtigen, damit Sie auch ein tolles Reinigungsergebnis für Haut und Haar erzielen.
Im Handel gibt es die alkalische Seife, mit einem hohen pH-Wert von rund 7,7- 8,5. Alkalische Seifen sind verseifte Fette, das heißt, Öle und Fette werden mit Lauge verkocht. Die bekannte und vegane Variante wäre hier die Alepposeife, bestehend aus Oliven-und Lorbeeröl. Bei Kopfhautpilzen, stark juckender und schuppender Kopfhaut bis hin zur Schuppenflechte, bewähren sich alkalische Seifen am besten. Durch den hohen pH-Wert quillt die Kopfhaut auf, Schuppen werden sofort aufgeweicht und abgetragen, die Kopfhaut gleichzeitig desinfiziert und entsäuert. Hefepilze mögen dieses alkalische Milieu überhaupt nicht.
Bei kurzem Haar kann damit idealerweise ausschließlich gewaschen werden. Langhaarträger mit entsprechenden Symptomen dürfen sich höchstens drei bis fünf Mal pro Woche mit alkalischer Seife nur (!) die Kopfhaut waschen. Denn die Verbindung mit Seife und Kalk lagert sich im Haar ab, das Haar wird stumpf und knotig. Ausgleichende Abhilfe schafft hier eine saure Spülung mit leichtem Apfelessig, Sanoll Buttermilch-Malven-Spray oder Vinaigre de Toilette. Aber bitte nur die Haare damit benetzen, damit diese geschmeidiger werden. Die Kopfhaut nicht mit der sauren Spülung berühren, denn der erreichte alkalische Wert wirkt heilend auf die Kopfhaut.
Haarseifen sind meist sauer
Bei festen Shampoos fällt dieser Prozess der sauren Rinse gänzlich weg, da sie schon säuerlich eingestellt sind. Denn festes Shampoo in Seifenform stellt eigentlich ein Shampoo oder auch Duschgel mit den typischen Inhaltsstoffen, nur eben ohne Wasser, dar. Hier haben wir eher saure pH-Werte, die sich dem pH-Wert der Haut angleichen sollen. Diese Produkte sind in ihren Inhaltsstoffen eher minimalistisch zusammengesetzt, beinhalten also keine Konservierungsstoffe, Paraffine, PEG (Polyethylenglykol aus Mineralöl) oder Silikone. Jedoch können feste Shampoos mit ihren echten Ölen – je nach Kopfhautzustand – oft viel zu pflegend sein. Eine Überfrachtung von selbst besten Inhaltsstoffen kann hier auch zu Kopfhautproblemen oder unschönen Haaren führen.
Meine Erfahrung ist: Weniger Inhaltsstoffe bedeutet oft mehr Sauberkeit. Die Kopfhautporen brauchen in den meisten Fällen erstmal Reinigung und keine Zusatzpflege.
Haarseifen falsch angewendet
Bei meinen Kunden erlebe ich eine zunehmende Bereitschaft, Haarseifen anzuwenden, jedoch meistens eine total falsche Anwendung dieser naturbelassenen Produkte. Denn oft stelle ich fest, dass die Kopfhaut nur stellenweise und schlecht gereinigt ist. Die Haare sind oft nach ein bis zwei Tagen des Nicht-Waschens strähnig, fettig, bis hin zu strohig und fliegend. Aber was ist die Ursache?
Während man mit einem flüssigen Shampoo sehr schnell und gleichmäßig die Kopfhaut erreicht, muss man mit einem Seifenstück die Kopfhaut regelrecht abreiben. Oder die Seife in den Händen aufschäumen und damit gut unter den Haaren die Kopfhaut breitflächig benetzen. Der Nachteil ist hierbei, dass die meisten Anwender am Oberkopf anfangen und nicht mehr genügend Waschmittel in der Hand haben, um sich richtig bis zum Wirbel am Hinterkopf und Nacken durchzuwaschen.
Dadurch diagnostizierte ich oft, dass genau an den Problemzonen, etwa dem Schlafwirbel am Hinterkopf, die Kopfhaut wie ungewaschen wirkt und sich dadurch sehr unschön freilegt. Zudem wirken die Haare strähnig und fettig. Mein Tipp ist hier, sich von dem Stück Seife oder Shampoobar einen Keil abzuschneiden und damit, wie mit einem Stift, scheitelweise komplett über die angefeuchtete Kopfhaut zu fahren.
Nur so wird die Kopfhaut, wo ja der Talg abgetragen werden muss, wirklich erreicht. Nicht das Haar ist schmutzig, sondern die Kopfhaut bedarf der Reinigung. Das Haar wäscht sich immer automatisch mit. Wichtig ist natürlich auch das anschließende, gründliche Auswaschen der Seife.
Der Autor
Michael Rogall begann seine Laufbahn bei renommierten Friseuren in Düsseldorf. Seit mehr als 25 Jahren beschäftigt er sich intensiv mit alternativer Haarpflege und arbeitet mit biologischen Pflegeprodukten und Pflanzenfarben. In seiner Haarpraxis in Köln berät der Haarpraktiker Michael Rogall seine Kunden individuell nach einem ganzheitlichen Friseurkonzept zu ihren speziellen Haar- und Kopfhautproblemen.
Bildnachweis: Titelbild, depositphotos.com | galinamalina_ph, Foto von Michael Rogall – Michael Rogall
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