ECOnGOOD Label – Siegel für Nachhaltigkeit

Die Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) führt ein neues umfassendes Nachhaltigkeitslabel ein, das erstmals die sozialen, ökologischen und ethischen Auswirkungen der Aktivitäten von Unternehmen in ihrer Gesamtheit bemisst, bewertet und transparent vergleichbar macht. Das neue Siegel geht über bestehende Formate der Nachhaltigkeitsberichterstattung hinaus und könnte dem Gesetzgeber ermöglichen, finanzielle Anreize für gemeinwohl-orientierte Leistungen zu schaffen. „Das ECOnGOOD-Label beweist, dass entgegen vieler Behauptungen ökologische, soziale und ethische Faktoren auf Basis eines externen Audits bewertbar und vergleichbar sind“, erklärt Christian Felber, Mitbegründer der Gemeinwohl-Ökonomie, einer Bewegung, die weltweit bereits in 35 Ländern aktiv ist. Felber weiter: „Bestehende Rahmenwerke konzentrieren sich in der Regel auf die reine Berichterstattung, lassen dabei jedoch jede ethische Bewertung außen vor. Unser neues Label wird Verbraucher*innen und Investor*innen dabei helfen, fundierte und ethisch motivierte Entscheidungen zu treffen. Es soll darüber hinaus die Politik motivieren, gesetzliche Anreize zu setzen, um nachhaltigen und ethisch verantwortungsvollen Produkten endlich einen Vorteil am Markt zu verschaffen.“

Alle Stakeholder eines Unternehmens oder Organisation können nun neben ökologischen Leistungsindikatoren auch prüfen, wie ein Unternehmen mit Mitarbeitenden und der Kundschaft umgeht, welche Auswirkungen das gesamte Geschäftsmodell auf Mensch und Natur  hat, woher finanzielle Mittel kommen und wofür diese eingesetzt werden. Das ECOnGOOD Label nutzt einen QR-Code, der direkt auf die online einsehbaren Ergebnisse der Gemeinwohl-Bilanz eines Unternehmens führt. Kund*innen in einem Supermarkt können zum Beispiel auf diese Weise am Regal die Entscheidung treffen, ein Produkt von einem Unternehmen zu kaufen, das Menschen entlang seiner Lieferkette fair behandelt und die Umwelt möglichst wenig belastet. Ziel sollte es sein, dass der Gesetzgeber das quantitative Ergebnis der Gemeinwohl-Bilanz oder anderer vergleichbarer Berichtswerke als Basis nimmt, um gemeinwohlorientierte Leistungen mit finanziellen Anreizen zu versehen – wie oder Steuererleichterungen, die Bevorzugung bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand oder günstigere Kredite.

Mit der Einführung des ECOnGOOD Labels wird die Bewegung der Gemeinwohl-Ökonomie einen weiteren substantiellen Entwicklungsschritt vollziehen: Denn sukzessive soll eine Umbenennung der in nationalen Vereinen organisierten Bewegung in „ECOnGOOD“ erfolgen.  Als erstes wird sich zum Beispiel noch im März die „International Federation for the Economy for the Common Good“ in „ECOnGOOD“ umbenennen. Bridget Knapper, Mitglied der Geschäftsführung des Verbandes: „Wir zollen damit der erfolgreich voranschreitenden Internationalisierung der Bewegung Rechnung und schaffen eine starke, international einheitliche Marke. Der Name für das Modell der Gemeinwohl-Ökonomie bleibt bestehen, die Organisation erhält aber einen neuen, zugänglicheren Namen für den internationalen Einsatz.“

Die Gemeinwohl-Bilanz wurde 2010 nach der Finanzkrise von 2008 ins Leben gerufen, als der Ruf nach einem grundsätzlich neuen Ansatz in der internationalen Geschäftswelt laut wurde. Formuliert von verantwortungsvoll agierenden Unternehmer*innen, die den Sinn ihres Wirtschaften nicht mehr länger in der reinen Gewinnmaximierung sehen, sondern als Möglichkeit, die Grundbedürfnisse aller Menschen innerhalb der planetaren Grenzen zu erfüllen und einen positiven Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Das ECOnGOOD-Label macht dieses Engagement nun sichtbar und vergleichbar.

Voraussetzung zum Führen des ECOnGOOD Labels ist die Durchführung einer unabhängig auditierten Gemeinwohl-Bilanz. Diese ist eine freiwillig durchgeführte Corporate Social Responsibility (CSR)-Prüfung, die neben der finanziellen Bilanz eines Unternehmens Auskunft darüber gibt, welchen Impact Unternehmen und Organisationen für das Gemeinwohl leisten. Sie erfasst auf Basis der Gemeinwohl-Matrix  den Beitrag zum Gemeinwohl, der durch das wirtschaftliche Handeln entsteht. Da sie ganzheitlich ist, deckt sie gängige CSR-Berichtsstandards ab und geht deutlich darüber hinaus. „Die Gemeinwohl-Bilanz im Zusammenspiel mit dem ECOnGOO Label schafft nun eine ganzheitliche Transparenz für den Endkunden. Die Politik sollte das neue Siegel nutzen, um bei der öffentlichen Beschaffung stärker als zuvor auf Nachhaltigkeitskriterien zu achten und Unternehmen zu bevorzugen, die nachweislich nach den Kriterien der GWÖ wirtschaften“, erklärt Antje von Dewitz, Geschäftsführerin Vaude und Sprecherin der Gemeinwohl-Ökonomie. „Hunderte Gemeinwohl-Bilanzen beweisen, dass es ein Bedürfnis in der breiten Unternehmer*innenschaft nach einem solchen Standard gibt, insbesondere bei Familienunternehmen, bei den regional verankerten und bei den ethisch motivierten Unternehmen. Bislang haben sich über 1.100 Unternehmen und Organisationen nach den Kriterien der Gemeinwohl-Ökonomie prüfen lassen. Dazu zählen neben Vorzeige-Betrieben wie die Sparda Bank München, WeTell, Sonnentor oder Voelkel, aber auch Gemeinden und Städte, Schulen und Hochschulen. Im Dezember hat mit dem FC St. Pauli sogar der erste professionelle Fußballklub der Welt eine Gemeinwohl-Bilanz veröffentlicht.

Über die Gemeinwohl-Ökonomie

Die weltweit agierende Gemeinwohl-Ökonomie-Bewegung nahm 2010 in Wien ihren Ausgang und basiert auf den Ideen des österreichischen Publizisten Christian Felber. Die GWÖ versteht sich als Wegbereiterin für eine gesellschaftliche Veränderung in Richtung eines verantwortungsbewussten, kooperativen Miteinanders im Rahmen eines ethischen Wirtschaftens. Erfolg wird nicht primär an finanziellen Kennzahlen gemessen, sondern mit dem Gemeinwohl-Produkt für eine Volkswirtschaft, mit der Gemeinwohl-Bilanz für Unternehmen und mit der Gemeinwohl-Prüfung für Investitionen.

Aktuell umfasst die Bewegung weltweit 11.000 Unterstützer*innen, rund 5.000 Mitglieder in über 170 Regionalgruppen, 35 GWÖ-Vereine, über 1000 bilanzierte Unternehmen und andere Organisationen, knapp 60 Gemeinden und Städte sowie 200 Hochschulen weltweit, die die Vision der Gemeinwohl-Ökonomie verbreiten, umsetzen und weiterentwickeln.

An der Universität Valencia wurde 2017 ein GWÖ-Lehrstuhl eingerichtet, in Österreich brachte die Genossenschaft für Gemeinwohl 2019 ein Gemeinwohlkonto auf den Markt, und im Herbst 2020 wurden im Kreis Höxter (DE) die drei ersten Städte gemeinwohlbilanziert. Seit Ende 2018 gibt es den Internationalen GWÖ-Verband mit Sitz in Hamburg. Der EU-Wirtschafts- und Sozialausschuss nahm 2015 eine eigeninitiierte Stellungnahme zur GWÖ mit 86 Prozent Stimmenmehrheit an und empfahl ihre Umsetzung in der EU.

https://www.quellonline.de/danke-an-alle-vordenker/

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