Unvergleichbar ist die Ruhe, die uns der Wald entgegenbringt, sobald wir ihn betreten. Und doch trügt die Ruhe, denn hier tobt das Leben. 75 Prozent aller Lebewesen und Pflanzen haben ihre Heimat im Wald und bilden ein perfekt ausgeklügeltes Nahrungsnetz. Stetig in Veränderung und doch meist jenseits unseres menschlichen Zeitgefühls ist der Wald wie ein fernes Echo aus der Vergangenheit. Egal ob eiszeitliche Kiefernwälder, lichte Eichenhaine, dunkle Fichtenforste, sturmgebeutelte Bergwälder oder urwaldähnliche Naturreservate: Faszination üben alle Wälder auf ihre eigene Weise aus. Quell-Reiseexpertin Martina Guthmann stellt fünf Urlaubsziele in den vielfältigen Wäldern Mitteleuropas vor.
Wie alt schätzt ihr diesen Baum, fragt der Guide uns Journalisten in den friaulischen Dolomiten und erntet ungläubige Gesichter, als er das Rätsel lüftet: 70 Jahre hat die unscheinbare, ja fast verkrüppelt wirkende, gerade mal kniehohe Tanne auf dem Buckel. Dabei ist es gut möglich, dass der knorrige „Bonsai“ seine großen Jahre noch vor sich hat. Er wartet nur darauf, dass seine mächtigen Nachbarn vielleicht dem nächsten Sturm zum Opfer fallen und Platz und Licht für seinen Wachstumsschub schaffen. Auf rund 1.400 Meter beginnt für den Wald diese sogenannte „Kampfzone“ oder auch „Krummholzzone“: Unter meist starkem Wind und in kürzeren Vegetationsperioden gedeihen meist verkrüppelte und niedriger wachsende bizarre Baumformen und dichtes Gebüsch und schützen das ganze Gebiet vor Geröllabgängen.
Nicht nur in den dolomitischen Bergdörfern wie etwa Sauris ist sich heute längst jeder der Bedeutung bewusst, was es heißt, in Symbiose mit dem Wald zu leben. Jeder Wald erzählt seine eigene Natur- und Kulturgeschichte von Stürmen, Rodungen, Wiederaufforstungen, von gefräßigem Wild und Schädlingsbefall, dem er entgegentrotzt und um seine Ursprünglichkeit kämpft.
Waldreiches Mitteleuropa
Mitteleuropa wäre heute mit 80 Prozent seiner Fläche Waldland, hätte der Mensch die Wälder nicht auf 30 Prozent zurückgedrängt. Ließe man den Wald gewähren, Mitteleuropa wäre waldhistorisch betrachtet in der Buchen-Ära. Stattdessen ist der Anteil der Buchen auf 15 Prozent geschrumpft. Buchenwälder wie im Weserbergland bedürfen daher auch eines besonderen Schutzes.
Raritäten in der Waldgesellschaft sind auch Eichenwälder, denn sie brauchen viel Licht und Raum, um zu gedeihen, werden aber – wie in der Franche Comté – dann bis zu 1000 Jahren alt.
Wald ist immer eine Momentaufnahme im Augenblick einer langen Entwicklungs-Geschichte und wer den Wald verstehen will, muss in die Vergangenheit schauen. Wo heute unsere Bäume stehen, war einst Meeresgrund, Eis und Wüstenei. In „Deutschlands Wälder“ erzählen Peter Laufmann und Olaf Schulz eindrücklich und spannend die Geschichte der Wälder im Zeitraffer der Jahrtausende und machen deutlich, wie wichtig es ist, heute schon für den Erhalt unserer Wälder in die Zukunft zu schauen. Vielleicht werden in naher wärmerer Zukunft unsere kälteresistenten Pflanzen südländischen Pinien und Kiefern weichen? Das Jahr 2011 ist von den Vereinen Nationen zum Internationalen Jahr der Wälder ausgerufen. Es ist wert, Zeit im Wald zu verbringen!
Foto: Moser
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