Das ehemals mondäne Kurbad Marienbad erlebte eine wechselhafte Geschichte, bietet aber immer noch genug Anregungen für einen Kurzurlaub.

„Marienbad, wunderbar! Das Wasser der Therme soll Wunder bewirken. Der englische König hat sich dort sehr wohl gefühlt und war dauernd dort baden“, schreibt meine Freundin Annecatrin auf die Nachricht, dass wir nach Marienbad gefahren sind. 

Schon lange hatte uns das tschechische Kurbad interessiert. Das böhmische Bäderdreieck aus Karlsbad, Franzensbad und Marienbad ist ja nur im Kopf weit entfernt. In Wirklichkeit liegt es näher an Frankfurt als unser oberbayerisches Feriendomizil. Der eiserne Vorhang ist noch nicht ganz aus der eigenen Vorstellung verschwunden. 

Nur rund 370 Kilometer sind es von Frankfurt am Main nach Marienbad, aber dort angekommen entfaltet sich schon so etwas wie eine fremde Welt. Anders als in Deutschland, wo alter Häuserbestand an besonderen Orten längst aufs Feinste restauriert ist, künden in Marienbad ehemals hochherrschaftliche Häuser der k.u.k.-Zeit von einer Eleganz, die einer vergangenen Epoche angehört. 

Weit ausstrahlender Ruf

Auf einem Foto von Anfang des 19. Jahrhunderts sieht man hunderte gut gekleideter Menschen im Kurpark flanieren. Im Jahr 1824 bestand Marienbad aus etwa 40 repräsentativen Gebäuden und hatte einen weit ausstrahlenden Ruf. Als wir am ersten Tag unseres Aufenthalts jedoch der Straße Ruska entlang in Richtung der berühmten Hauptkolonnaden gehen, sehen wir vor allem Häuser, bei denen der Putz blättert und von denen manche leer stehen. An vielen Ecken wird deutlich, dass Marienbad nach dem Krieg als Kurort für sozialistische Arbeiter diente. Nach der Samtenen Revolution 1989 und dem Zerfall des Ostblocks wurden dann alle Kureinrichtungen und Hotels privatisiert.

Die Hauptkolonnaden gehören sicher zu den am häufigsten fotografierten Gebäuden, nicht nur in Marienbad, sondern – wie mich der Reiseführer informiert – in ganz Tschechien. Von Wiener Architekten im Stil des Neobarocks entworfen, beherbergen sie den Zugang zu verschiedenen Heilquellen: Der Kreuzquelle, der Rudolfquelle, der Karolinaquelle und der Ferdinandquelle. Wir kaufen uns am Souvenirstand speziell geformte, porzellanene Trinkbecher und probieren die vier Quellen durch. Alle schmecken sehr intensiv, wie Salzwasser mit Kohlensäure. Das Wasser, das mir vergleichsweise am besten mundet, ist die Kreuzquelle, aber mehr als ein paar kleine Schlucke schaffe ich nicht. Das ist wohl auch gut so, denn sie soll den Stuhlgang fördern und bei Erkrankungen des Verdauungstrakts (Magen, Darm, Gallenblase, Leber, Bauchspeicheldrüse) und Stoffwechselerkrankungen (Fettsucht, Gicht, Diabetes mellitus) Wirkung zeigen. 

Die Marienquelle, nach der der Ort – tschechisch Mariánské Lázne – benannt ist, kann ich im Pavilion leider nicht finden. Wie sich später herausstellt, wird aus dieser Quelle nicht primär Wasser, sondern natürliches Heilgas (das so genannte Mariengas) gewonnen, das für trockene Gasbäder und Gasinjektionen verwendet wird. 

An vielen Orten in Marienbad stößt man auf Johann Wolfgang von Goethe. Von 1820 an besuchte der Dichter mehrere Male Marienbad, zunächst nur als Tagesausflügler von Karlsbad aus, später blieb er monatelang an diesem für ihn schicksalsträchtigen Ort. Denn in Marienbad fand er seine letzte große Liebe, die 54 Jahre jüngere, erst 17 Jahre alte Ulrike von Levetzow. 

Den Schmerz über den Abschied von Ulrike und anderen Freundinnen des glücklichen Sommers 1823 drückte Goethe in seiner Marienbader Elegie aus, mit deren Niederschrift er bereits im September 1823 während der Abreise von Böhmen nach Thüringen begann und von deren Existenz Ulrike von Levetzow erst nach Goethes Tod erfuhr. Goethe trug in sein Tagebuch am 19. September 1823 ein: „Die Abschrift des Gedichts vollendet.“ Der Elegie stellte er das dem Tasso entlehnte Motto voran: „Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt / Gab mir ein Gott zu sagen was ich leide.“

Marienbader Elegie

Später, in der Bibliothek des Hotels, wollen wir die Marienbader Elegie lesen. Aber in den vielen Ausgaben von Goethes Werk, die hier bereitstehen, können wir sie nicht finden. Erst im Internet werden wir fündig und wir philosophieren über das große Selbstbewusstsein Goethes, einer so jungen Frau einen Heiratsantrag zu machen. Ulrike von Levetzow schrieb später in ihren kurzen Erinnerungen an Goethe, dass sie „gar keine Lust zu hei-raten“ verspürt habe, und tatsächlich blieb sie bis zu ihrem Lebensende unverheiratet. 

Am nächsten Tag werden wir am Auschowitzer Bach entlang spazieren und dabei noch auf einige andere Quellen stoßen. Am liebsten aber ist mir das Heilwasser von Marienbad in Form eines Schwimmbeckens, das ich im Hotel ausgiebig nutze. Ob ich wochenlang in Marienbad bleiben möchte? Wohl eher nicht. Aber sich einige Tage hier verwöhnen zu lassen, ist ein gutes Kontrastprogramm zum schnelllebigen Alltag.

Die Quellen von Marienbad 

Marienbad ist vor allem wegen seiner Mineralquellen berühmt. In der Umgebung der Stadt entspringen mehr als 100 Heilwasserquellen, direkt in der Stadt sind es 40. 

Kreuzquelle

Das Wasser ist sehr stark mineralisiert und schmeckt salzig. Es wirkt stuhlgangfördernd und wird in erster Linie zur Trinkkur verwendet. Therapeutische Wirkung entfaltet das Wasser der Quelle bei Erkrankungen des Verdauungstrakts, Stoffwechselerkrankungen und bei allergischen Erkrankungen. 

Ferdinandquelle

Die Ferdinandquelle ist die älteste Quelle Marienbads. Eigentlich handelt es sich dabei um acht einzelne Wasseraustritte, die Ferdinand I bis VIII genannt werden und eine sehr ähnliche chemische Zusammensetzung wie die Kreuzquelle haben. Die Ferdinandquelle ist stark mineralisiert, unter anderem mit Glaubersalz.

Waldquelle

Die Waldquelle liegt in einem für sie errichteten Pavillon in einem Waldpark am Rande von Marienbad. Das Wasser wird sowohl zur Trinkkur als auch für Inhalationen oder zum Gurgeln verwendet. Therapeutische Wirkung entfaltet die Quelle
bei Erkrankungen der oberen Atemwege, Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts sowie urologischen Erkrankungen.

Rudolfquelle

Die Rudolfquelle gehört zu den eisenhaltigen erdigen Säuer-lingen und brachte Marienbad den Ruf ein, dass man dort damit Harnwegerkrankungen heilen könne. Das Wasser hat einen ausgesprochen hohen Kalziumgehalt und wirkt entzündungshemmend. 

Hotel-Tipp 

Falkensteiner Spa Resort Marienbad 

Das im Jugendstil erbaute Hotel gehört zu einer Südtiroler Hotelgruppe und seine Einrichtungen bieten alle Annehmlichkeiten, die sich der Ruhesuchende wünschen kann. Das Personal ist sehr freundlich und entgegenkommend. Die Zimmer sind geräumig und gepflegt. Im Spa kann man im Heilwasser baden, in zwei Becken mit normalem Wasser schwimmen oder sich in diversen Saunen den Stress des Alltags herausschwitzen. 

Im Restaurant merkt man, wie viele Gäste doch das Hotel hat. Wer Ruhe sucht, der kann sich in die große Bibliothek zurückziehen und in dem hoteleigenen Bücherbestand schmökern.

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