Ideen, die die Welt verändern

Zeiten der Umbrüche und Krisen sind immer auch Gelegenheiten, um neuen Ideen zum Durchbruch zu verhelfen. Quell hat sich nach Innovationen umgesehen, die die Umwelt und die Lebensbedingungen nachhaltig verbessern. 

„Schöpferische Zerstörung“ nannte der österreichische Volkswirtschaftler und Sozialwissenschaftler Joseph Alois Schumpeter dieses Prinzip. Dieser Prozess »schöpferischer Zerstörung« ermöglicht Wachstum und technischen Fortschritt, aber auch die Lösung ökologischer Probleme. Der britische Wirtschaftshistoriker Harold James vertritt in seinem neuen Buch „Schockmomente“ die These, dass es gerade die großen Wirtschaftskrisen sind, die zu neuen Lösungen führen. Epochale Ereignisse bergen häufig den Keim für Modernisierung. 

Was findige Menschen entwickeln, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen, das zeigt der kürzlich vergebene „Award Gründen“ der Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW. Am Wettbewerb, der nun schon zum 25. Mal stattfand, konnten Firmen aller Branchen mitmachen. Bedingung: Die Firmen durften nicht älter als fünf Jahre sein. Was sich in so kurzer Zeit erreichen lässt, das zeigte der Bundes-Preisträger LuxChemtech aus Sachsen: LuxChemtech recycelt rare Elemente wie Silicium, Indium, Gallium oder Lithium. Mit seinen Verfahren ermöglicht es LuxCemtech, wertvolle Rohstoffe aus Abfällen zurückzugewinnen, so dass diese anschließend wieder direkt in Produktionsprozessen eingesetzt werden können. Auch der Sieger des KfW-Sonderpreises für Social Entrepreneurship, Wildplastic, ist Pionier im Recycling. Das Start-up aus Hamburg ist das weltweit erste Unternehmen, das in enger Zusammenarbeit mit Sammelorganisationen Plastikmüll aus der Umwelt entfernt und daraus vollständig recycelbare Mülltüten und Verpackungen fertigt. Dadurch befreit Wildplastic die Umwelt von Plastik, führt das gesammelte Plastik zurück in Produktionskreisläufe und hilft damit, bessere Arbeitsbedingungen vor Ort zu schaffen.

Start-Ups mit Geld versorgen 

Gerade bei Menschen, die sich in Sachen Umwelt oder sozial engagieren, hat Geld oft einen schlechten Ruf. Es gibt viele Redensarten, die dem Wort eine negative Bedeutung verleihen, wie „Geld macht nicht glücklich“ oder „Geld verdirbt den Charakter“. Doch Geld ist nicht schlecht, es kommt nur darauf an, was man damit macht. 

„Geld ist ein Schmiermittel, das es möglich macht, Visionen in die Realität umzusetzen.“ Das war die Einstellung des berühmten Film-Produzenten Bernd Eichinger. Das gilt für alle Visionen, auch aus dem Bereich Nachhaltigkeit. Damit Visionen in die Wirklichkeit umgesetzt werden können, gibt es professionelle Geld-Geber, die durch so genanntes Venture Capital Start-ups finanzieren. Dazu zählt beispielsweise der Green Generation Fund, der bereits mehr als 100 Millionen Euro bei renommierten Investoren eingesammelt hat. Der Fund unterstützt nach eigenen Angaben „leidenschaftliche Gründer, die von ihrer Mission beseelt sind und mit ihrem Unternehmen einen Wendepunkt in Sachen Umweltschutz erreichen möchten.“ Zu den Schützlingen des Green Generation Funds gehört zum Beispiel das Start-up Change Foods, das mit Hilfe von Mikroben statt Tieren wohlschmeckende Molkereiprodukte fertigt. Ein anderes Beispiel ist die Rainforest Company, die aus der brasilianischen, von Hand im Regenwald gesammelten Wunderbeere Acai Superfood-Produkte herstellt. „In denBereichen Food Tech und Green Tech liegen die Lösungen für die größten Probleme unserer Zeit“, sagt Dr. Manon Sarah Littek, Co-Gründerin des Funds.

Auch die GLS-Bank kümmert sich darum, dass
Gründer an das für ihre Geschäftsidee nötige Geld kommen. Im Jahr 1988 finanzierte die Bank mit Stammsitz in Bochum das erste Windrad. Im Jahr 2021 floss schon ein Drittel ihres Kreditgeschäfts in den Bereich Energie. Dadurch konnten 120,4 Megawatt zusätzliche Nennleistung installiert werden. Rund 43.000 Haushalte wurden zusätzlich mit grünem Strom versorgt. „100 % erneuerbare Energien, das ist unser Ziel“, formuliert die GLS-Bank auf ihrer Internetseite.

Von der Idee zum Geschäft

Ein Unternehmen zu gründen, ist der Traum vieler Menschen. Allerdings reicht eine gute Geschäftsidee alleine noch lange nicht aus. Folgende Fragen sollten Sie sich vorab auf jeden Fall stellen. 

Was macht meine Idee besonders? Warum will ich gründen? Was treibt mich an?

Ist meine Idee wirklich gut? Gründer sollten ihre Idee mit Mentoren, Freunden und
Verwandten teilen und um Feedback bitten. 

Welche Risiken kommen auf mich zu? Was bedeutet die Gründung für die Lebensplanung – von Kindern über Freizeit bis hin zum Einkommen.

Branchenerfahrung: Es reicht nicht, eine gute Idee zu haben oder sich am Erfolg bestehender Unternehmen zu orientieren. Branchenkenntnisse sind wichtig, um den Markt einschätzen zu können.

Welche Kompetenzen fehlen mir noch? Gründer sollten sich ihrer Fähigkeiten bewusst sein. Es ist sinnvoll, sich bereits am Anfang nach geeigneten Partnern umzuschauen.

Wie sieht die Finanzierung aus? Gründer müssen wissen, wie viel Kapital sie benötigen und ob sie von einem Investor oder einer Bank finanziert werden. 

Mehr zum Thema bei www.kfw.de

Plastikmüll einsparen

Nachhaltigkeit lässt sich durch den Dreiklang der Bereiche Ökologie, Ökonomie und Soziales definieren. Nachhaltig agierende Unternehmen versuchen mit ihrem Geschäftsmodell, all diesen drei Aspekten gerecht zu werden. Ein Beispiel für eine nachhaltige Geschäftsidee ist die Unverpackt Umgedacht GmbH im brandenburgischen Kleinmachnow. 

„Mit Deinem täglichen Einkauf
die Welt verändern“,
 

das ist der erste Satz, mit dem sich das Unternehmen auf seiner Homepage vorstellt. Es arbeitet an Lösungen für 20 Millionen Tonnen Plastikmüll, die jedes Jahr in Deutschland durch Verpackungen anfallen. Deshalb füllt Unverpackt Umgedacht Bio-Lebensmittel in Mehrweggläser ab, wie sie die Verbraucher als Joghurt-Verpackung kennen. Nach dem Gebrauch können die Mehrweggläser gegen 15 Cent Pfand an jedem Leergutautomaten wieder zurück in den Kreislauf gegeben werden. Mehr als 1.800 Bio- und Supermärkte in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Luxemburg haben die Lebensmittel von Unverpackt Umgedacht im Sortiment. Das 40 Mitarbeiter zählende Unternehmen konnte bereits mehr als 60.000 Kilogramm Plastik- und Papiermüll einsparen. „Plastikfrei, bio und fair“ sind die Grundsätze des Unternehmens – dies bedeutet nicht nur, dass Produkte aus dem globalen Süden fair gehandelt sind und Hülsenfrüchte nicht von weither importiert werden – sondern auch, dass Menschen, die es in unserer Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt besonders schwer haben, einen Arbeitsplatz und entsprechende Unterstützung finden. Rund 25 Prozent der Mitarbeiter im Team sind Menschen mit Beeinträchtigung, die unterschiedliche Rollen im Unternehmen einnehmen. 

Für ihre Geschäftsidee wurde die Unverpackt Um-gedacht GmbH im Jahr 2022 mit dem KfW Gründer-Award für die Region Brandenburg ausgezeichnet. “Nachhaltigkeit lässt sich mit Wirtschaftlichkeit vereinbaren“, ist Geschäftsführer Leonhard Kruck überzeugt. www.unverpackt-umgedacht.de 

Plastikabkommen

Im März 2022 fassten die UN-Mitgliedstaaten einstimmig den historischen Beschluss, die weltweite Plastikkrise zu stoppen und ein Abkommen zur Beendigung der globalen Plastikverschmutzung zu verhandeln. 

Am 28. November 2022 begannen in Punta del Este in Uruguay die ersten Gespräche. 

Ziel ist es, bis 2024 ein rechtsverbindliches Abkommen gegen Plastikmüll zu schließen. Es wäre das erste globale Abkommen zur Bekämpfung von Plastikverschmutzung. Nach dem ersten in Uruguay stattgefundenen Treffen sind noch vier weitere geplant. Einer weltweiten Umfrage zufolge wünschen sich 70 Prozent der Menschen globale Lösungen. 

Doch bis das Plastikabkommen steht, wird es noch dauern – und bis dahin wird die Plastikverschmutzung zunehmen: Jede Minute
gelangen derzeit 21.000 Kilo Plastik in unsere Meere. www.wwf.de

Ein Nest für Senioren

Manchmal gehen Unternehmen in finanzieller Hinsicht auch ihren eigenen Weg, um ihre Vision umsetzen zu können. Ein Beispiel dafür ist die Tübinger nestbau AG. Als erste Bürger-Aktiengesellschaft sorgt die nestbau AG für bezahlbaren Mietwohnraum in Baden-Württemberg. Durch die Geldanlage ihrer mittlerweile rund 500 Aktionärinnen und Aktionäre sind rund 4.000 Quadratmeter vermietbare Fläche in klimaschonenden Neubauten entstanden.

Die n.e.s.t. Bauprojektierung und Vermietung AG, kurz die nestbau AG, wurde 2010 von Gunnar Laufer-Stark als erste gemeinwohl-orientierte Aktiengesellschaft im Immobilienbereich gegründet. Sie bündelt das Kapital vieler Klein- und Kleinstanleger, um so viel bezahlbaren Mietwohnraum wie möglich zu errichten und sowohl der Wohnungsnot wie auch der Immobilienspekulation etwas entgegenzusetzen. Seit dem 26. Januar können wieder neue Aktien gezeichnet werden. Bereits ab 1.060 Euro können Aktionäre Teil des Projektes werden. 

Das neueste Projekt ist das so genannte „Pfrondorfer Neschtle“, das erste Grundstück, das nestbau in Erbpacht erworben hat. Das hat den Vorteil, dass das Unternehmen die ganze Summe zum Kauf des Grundstücks nicht sofort aufbringen muss, sondern dann leisten kann, wenn Mieteinnahmen aus dem fertigen Projekt fließen. Das Gebäude soll Seniorinnen und Senioren ein Leben in Gemeinschaft
ermöglichen, während diese gleichzeitig durch das Ausziehen aus ihren (meist zu großen) Einfamilienhäusern wertvollen Wohnraum für Familien freimachen. 

Mit diesem gemeinschaftlichen Mietwohnprojekt für Seniorinnen und Senioren lässt sich ohne Qualitäts-verlust die Wohnfläche reduzieren und der zunehmenden Vereinsamung im Alter entgegenwirken. 

„Wir schaffen mit diesem Haus ein Modell für neue Lebenskonzepte, das gesellschaftliche Veränderung vorantreibt und als Holzbau auch klimaverträglich gebaut wird“, sagt Gunnar Laufer-Stark. Es ist ein Musterprojekt bezüglich der Kombination von sozialen Belangen und ökologischer Verantwortung. Zu wünschen ist, dass viele solcher Ideen die Welt zu einem besseren Ort machen.

Ordentlich Holz in der Hütte

Das Bauwesen braucht nachhaltigere Baustoffe mit besserer Recyclingfähigkeit. Eine interne Recherche der nestbau AG hat ergeben, dass niedrige Mieten und die Baupreise für Holzbau sich nicht gegenseitig ausschließen. Holz wird seit Jahrhunderten verwendet, hat aber mit dem Beginn der industriellen Revolution seine Stellung als gängiges Baumaterial verloren. Um ihre Bauwerke zu errichten, nutzten die mittelalterlichen Zimmerleute hunderte von Jahren alte Bäume, aus denen sie die leistungsfähigsten Strukturteile herausholten. Heutzutage wird Holz so konstruiert, dass es die Leistung jahrhundertealter Bäume nachahmt und verbessert. Die Tragstruktur ist der größte Bestandteil eines Gebäudes und kann daher die größten Auswirkungen auf Kosten, Bauzeit und Verhalten haben. Brettsperrholz (BSP) gilt bei internationalen Bauunternehmen als der neueste Rivale von Beton. 

Mehr dazu unter www.nestbau-ag.de

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