Viele konventionelle Methoden des Wirtschaftens zerstören in den Entwicklungs-ländern die Umwelt und belasten darüber hinaus die Atmosphäre mit CO2. Dabei gibt es gerade für die Dritte Welt eine Reihe sinnvoller Möglichkeiten, die unerschöpfliche Energiequelle Sonne anzuzapfen. Von Dr. Jürgen Kern.

Im Inneren der Sonne entsteht durch Kernfusion bei etwa 15 Millionen Grad Celsius die Sonnenstrahlung. Diese erreicht die 150 Millionen Kilometer entfernte Erde und erwärmt mit etwa zwei Dritteln die Erd- und Wasseroberfläche. Das weitere Drittel der Sonnenstrahlung wird in den Weltraum reflektiert. Die Sonnenenergie kann durch verschiedene Art und Weisen passiv oder aktiv genutzt werden. Eine passive Nutzung erfolgt durch eine sonnengerechte Architektur der Gebäude (Beispiele: Wintergärten oder Treibhäuser). Die aktive Sonnennutzung erfolgt z.B. mit Solaranlagen auf Dächern oder Bodenflächen (photovoltaisch oder solarthermisch). Es gibt aber auch noch andere erfolgreiche Nutzungsarten und riesige Zukunftsprojekte.

Einfach, preiswert und erfolgreich: Solarkocher und Solaröfen

Weltweit kochen heute fast zwei Milliarden Menschen mit Brennholz. Pro Jahr benötigt eine Person etwa 500 kg Feuerholz oder eine entsprechende Menge fossiler Brennstoffe. Holz als Brennstoff ist jedoch in vielen Entwicklungsländern kaum mehr vorhanden, da bereits große Teile der Wälder abgeholzt sind und der verbleibende natürliche Holznachwuchs dem Tempo der Abholzung nicht standhalten kann. Der Kahlschlag führt zu Versteppung und Bodenerosion. Wenn dann mangels Holz Tierdung verbrannt wird, fehlt auch dieser zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit. Frauen und Kinder verbringen täglich viele Stunden mit Holzsammeln – ein beschwerlicher, oft sogar gefährlicher Weg, weil mancherorts Gebiete vermint sind und der letzte Baumbestand häufig in bewachtem Privatbesitz ist.
Diese Missstände wurden teilweise in manchen Regionen der Dritten Welt beseitigt, da durch verschiedene Initiativen schon viele Geräte zur Nutzung der Sonnenenergie im Einsatz sind.
Es gibt verschiedene Methoden, um aus der Energie des Sonnenlichts Wärme zu erzeugen. Bei einem Solarkocher konzentriert ein Parabolspiegel die Sonnenstrahlen auf einen meist mattschwarzen Behälter im Brennpunktbereich. Der Behälter absorbiert die Sonnenstrahlen, so dass sein Inhalt stark erhitzt wird. Der Solarkocher eignet sich beispielsweise zum Abkochen von Wasser, zum Erwärmen von Speisen, zum Kochen, Backen oder Grillen, zur gewerblichen Nutzung in Färbereien, zur Seifenherstellung oder Aufbereitung von Naturfasern für Flechtarbeiten.
Solaröfen oder Solarkochkisten sind meist transportable Geräte zum Erhitzen, Backen oder Kochen. Die kleineren Modelle werden vorwiegend zur Zubereitung des Proviants bei Wanderungen, Expeditionen oder längeren Aufenthalten in freier Natur benutzt. Die größeren Solaröfen werden in sonnenreichen Ländern auch genutzt, um Einkommen zu erzielen, indem z.B. Brot und Kuchen gebacken oder Erdnüsse geröstet und verkauft werden. Als Erfolgsprojekte zählen viele solarbeheizte Großküchen. So kann z.B. in der größten Solarküche der Welt in Abu Road, Rajastan (Indien) für bis zu 18.000 Besucher eines Yoga-Zentrums solar gekocht werden. Diese Solarküche spart durch die Nutzung der Sonnenenergie täglich 400 Liter an Dieselkraftstoff. Ein weiteres Beispiel ist das indische Dorf Bysanivaripalle, in dem seit 2004 ausschließlich mit Solarenergie gekocht wird.

Gigantisches Zukunftsprojekt: DESERTEC

Nach einer Konzeptentwicklung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wurde 2009 die Stiftung DESERTEC Foundation gegründet. Gründungsmitglieder waren unter anderem die Münchner Rück, Deutsche Bank, Siemens, ABB, E.ON und RWE. Im gleichen Jahr wurde die Dii GmbH gegründet, die die finanziellen Möglichkeiten ermitteln, Referenzkraftwerke entwickeln und einen Ausbauplan ausarbeiten soll. Inzwischen hat die Dii GmbH 55 Gesellschafter aus 15 Ländern Europas und Nordafrikas.
Die DESERTEC-Vision sieht vor, in den Wüstengegenden dieser Welt erneuerbare Energie mithilfe von solarthermischen, photovoltaischen und Wind-Kraftwerken zu erzeugen und diese in Verbrauchszentren zu übertragen. Die erste Fokusregion zur Umsetzung dieses Konzepts ist der Nahe Osten und Nordafrika. Dort soll mithilfe von solarthermischen Kraftwerken, eventuell auch Photovoltaik und Windparks, die Stromerzeugung erfolgen. Der saubere Strom könnte zunächst einen wesentlichen Teil des Eigenbedarfes der erzeugenden Länder decken und darüber hinaus ab 2020 mittels Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung mit geringen Übertragungsverlusten bis nach Europa geleitet werden. Hier wäre es möglich bis 2050 etwa bis zu 25 Prozent des Strombedarfes zu decken. Weiterhin soll durch den Bau eines Superstromnetzes eine Verbindung mit den Wind- und Wasserkraftwerken in Norwegen, der Nordsee und Island entstehen. Mit Investitionen von ca. 400 Milliarden Euro ist es das teuerste Industrieprojekt aller Zeiten.
Eine Realisierung des Projekts hat trotz Kritik begonnen. In Marokko will die Dii GmbH zusammen mit der dort ansässigen Solaragentur ein Referenzprojekt errichten. Marokko ist als Partner besonders geeignet, da bereits eine Stromtrasse über Gibraltar nach Spanien führt und die marokkanische Regierung ein eigenes Programm zur Förderung erneuerbarer Energien beschlossen hat. Auch in Spanien gibt es in der Provinz Granada schon zwei solarthermische Kraftwerke, ein drittes ist im Bau. Ebenfalls entstehen bei dem Kraftwerk El Kureimat (Ägypten) und in Hassi R’mel (Algerien) zurzeit Solarkraftwerke. Die Schaffung eines Hochspannungs-Gleichstromnetzes wird derzeit von der EU-Kommission geprüft.
Die Erzeugung von Wüstenstrom wäre eine Win-Win-Situation für alle, besonders für die im Umbruch befindlichen Länder des sogenannten „arabischen Frühlings“. Doch es sind noch viele Hindernisse zu überwinden und Risiken zu berücksichtigen. Die Kostenfrage ist nicht geklärt, Terroranschläge sind nicht auszuschließen und niemand weiß, wie der Umbruch in den beteiligten Ländern endet. An den Bedürfnissen der Regionen südlich der Sahara geht das DESERTEC-Projekt völlig vorbei. Wegen der fehlenden Infrastruktur wird hier wohl eine kleinräumige Versorgung (Photovoltaik, Solarkocher …) auch in Zukunft erfolgen müssen.

Foto: Jürgen Kern

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