Damit es nicht zu Stromausfällen kommt, müssen die Stromlieferanten dafür sorgen, dass immer genauso viel Strom produziert wie nachgefragt wird. Eine von mehreren Regelungsmöglichkeiten sind Stromspeicher. Dr. Jürgen Kern berichtet.

Stromausfälle kommen auch in Deutschland immer wieder vor und jedes Mal kommt es auch im privaten Bereich zu unangenehmen Folgen, z.B. Lichter und Ampeln fallen aus, Aufzüge bleiben stecken, Parkhausschranken lassen sich nicht mehr öffnen, die Zapfsäulen der Tankstellen gehen nicht oder die Supermarktkassen funktionieren nicht mehr. Damit es nicht zu Stromausfällen kommt, müssen die Stromlieferanten dafür sorgen, dass immer genauso viel Strom produziert wie nachgefragt wird. Eine von mehreren Regelungsmöglichkeiten dafür sind Stromspeicher.
Schon für die herkömmliche Stromversorgungsstruktur war die Abstimmung von Stromangebot und –nachfrage eine schwierige Aufgabe. Mit der in Deutschland begonnenen Energiewende, der Abschaltung von Atomkraftwerken und dem ständig größer werdenden Ausbau der Erneuerbaren Energien wird die Notwendigkeit von Stromspeichern immer wichtiger und auch komplexer. Denn durch die meteorologischen Gegebenheiten schwankt das Stromangebot durch die wachsende  Anzahl an Windenergie- und Photovoltaikanlagen sehr viel mehr als früher.

Pumpspeicherkraftwerke: die technisch einfachste Methode
Die technisch einfachste Methode zur Stromspeicherung sind Pumpspeicher(kraft)werke. Die Technologie ist schon mehr als 100 Jahre bekannt und gilt als ausgereift. In diesen Kraftwerken wird Wasser bei Stromüberschüssen von einem tiefer gelegenen See in einen höher gelegenen See gepumpt. Bei höherem Strombedarf wird das Wasser wieder abgelassen und treibt Turbinen an, die wiederum Generatoren antreiben, die Strom erzeugen. Beim Hochpumpen des Wassers wird aber mehr Strom verbraucht als beim Ablassen wieder erzeugt wird. Mit einem Wirkungsgrad von bis zu 85 Prozent sind sie jedoch zurzeit mit Abstand das großtechnisch wichtigste Verfahren, um elektrische Energie zwischenzuspeichern.
In Deutschland sind zurzeit 31 Pumpspeicherwerke in Betrieb, 15 weitere sind in Planung. Diese Kraftwerke stellen etwa 95 Prozent der gesamten Speicherkapazität in Deutschland und können fast 40 Gigawattstunden an Strom vorhalten. Neue Anlagen könnten die Speicherkapazität nahezu verdoppeln. Das erste Kraftwerk wurde 1923 in Ortenberg-Lißberg in Hessen erbaut, das neueste und mit einer Kapazität von 8,5 Gigawattstunden größte Pumpspeicherwerk Deutschlands wurde 2003 in Goldisthal in Thüringen in Betrieb genommen. Seine Leistung von 1 060 Megawatt entspricht derjenigen eines typischen Atomreaktors und das Land Thüringen könnte acht Stunden lang ausschließlich mit Strom aus diesem Pumpspeicherwerk versorgt werden. Auch in Norwegen gibt es einige Pumpspeicherwerke und zwei Seekabel sollen demnächst den Stromaustausch mit Deutschland ermöglichen.
Kraftwerke dieser Art stellen aber auch einen erheblichen Eingriff in Landschaft und Natur dar und das Risiko eines Dammbruches ist nie ganz auszuschließen. In Deutschland sind deshalb Pumpspeicherwerke äußerst umstritten und ein weiterer Ausbau schwer zu realisieren. Der Energiekonzern Vattenfall prüft aus Rentabilitätsgründen sogar die Stillegung älterer Pumpspeicherwerke. Sie stehen im Zusammenhang mit der Energiewende unter großem wirtschaftlichen Druck. Größtes Hindernis der Wirtschaftlichkeit sind die Netznutzungsentgelte, mit denen die bestehenden Anlagen seit 2008 wie Endverbraucher belegt werden. Im Jahr 2008 erzielte Vattenfall nach eigenen Angaben noch Erlöse zwischen 20 und 35 Euro pro Megawattstunde Strom aus seinen Pumpspeicherwerken. Derzeit seien es nur noch knapp fünf Euro. Gleichzeitig könnten österreichische und schweizer Pumpspeicherwerke Strom billiger anbieten, weil sie geringere oder gar keine Netznutzungsentgelte zahlen. Eine Stillegung ist aber schwer zu vermitteln, da gerade die Pumpspeicherwerke notwendig sind, um die Netze stabil zu halten. Deshalb fomiert sich in Dresden der Protest gegen die geplante Stillegung des Vattenfall-Pumpspeicherwerks Niederwartha. Weil bundesweit aber viele Pumpspeicher bedroht sind, fordert der Bundesrat das Netzentgelt für die Anlagen abzuschaffen.
Die Energiewende stellt die Versorger und Netzbetreiber in Deutschland auch hinsichtlich des Baus neuer Stromtrassen vor große Herausforderungen. Denn es fehlen leistungsfähige Verbindungen, um Strom vom Norden von den Windkraftanlagen in den Süden (wo er vor allem gebraucht und auch in Pumpkraftwerken gespeichert werden könnte) zu transportieren. Bis 2022 sollen neue Trassen in einer Länge von 3  800 Kilometern neu gebaut und weitere 4 400 Kilometer im bestehenden Höchstspannungsnetz optimiert werden. Vielerorts wehren sich jedoch die Bürger vor Ort gegen den Bau neuer Stromtrassen.

Power-to-Gas-Technik: Pilotanlage zur Wasserstoff-Erzeugung
Eine neue und Erfolg versprechende Art der Stromspeicherung ist die Power-to-Gas-Technik (P2G). Dabei wird mithilfe von überschüssiger elektrischer Energie aus Windkraft- oder Photovoltaikanlagen aus Wasser durch Elektrolyse Wasserstoff gewonnen. Der gewonnene Wasserstoff kann zum einen in Brennstoffzellen zurückverstromt werden. Zum andern kann man unter hohem Druck durch eine Reaktion des Wasserstoffs mit Kohlendioxid synthetisches Methan erzeugen. Dieses kann problemlos in das deutsche Erdgasnetz eingespeist werden, da Methan der Hauptbestandteil von natürlichem Erdgas ist. Methan dient somit als Zwischenspeicher für elektrische Energie, da das Gas in Gaskraftwerken zur Stromerzeugung verbrannt werden kann. Der Wirkungsgrad des Verfahrens soll bei bis zu 65 Prozent liegen. Der Energieversorger E.ON und der Automobilhersteller Audi forschen zurzeit an dieser Technik. Wasserstoff und Methan haben die Vorteile von Erdgas und Öl und schaden nicht dem Klima. Sie sind auch beliebig lager- und transportierbar sowie schon heute großtechnisch herstellbar. Die Speicherung von elektrischer Energie als Methan steht in der Entwicklung aber noch am Anfang. Bisher existiert nur eine Pilotanlage mit 25 Kilowatt Leistung. Audi will zusammen mit der Firma Solar Fuel Technology 2013 eine Anlage von 6,3 Megawatt für die Produktion von synthetischem Methan bauen. Das Methangas aus dieser Anlage soll aber nur für den Verbrauch von gasbetriebenen Fahrzeugen verwendet werden. Genaue Aussagen zur Wirtschaftlichkeit von synthetischem Methangas aus Erneuerbaren Energien sind bisher kaum möglich und eine Markt-einführung noch nicht abzusehen.

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