Philosophie für Zwischendurch: Die Scholastik

Unter Scholastik versteht man eine mittelalterliche theologisch-philosophische Lehr- und Wissensrichtung, die kirchliche Dogmen mit der platonischen beziehungsweise aristotelischen Philosophie zu verbinden versuchte und dabei die Vernunft zur Begründung des Glaubens nutzte. Ziel war es, die Inhalte des Glaubens mittels der Vernunft zu begründen, so dass auch ein Ungläubiger von deren Richtigkeit überzeugt werden konnte. Das Wort „Scholastik“ kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet „seine Muße den Wissenschaften widmend“.  Die Scholastik ist die Denkweise und Methode der Beweisführung, die im Mittelalter entwickelt wurde und die auf Aristoteles zurückgeht. Diese scholastische Denkweise findet sich erstmals bei Anselm von Canterbury (1033-1109).  In seiner Schrift „Proslogion“, die auch sein Programm „Fides quaerens intellectum (der Glaube, der Erkenntnis sucht)“ enthält, versucht er, philosophische Beweisgründe für die Existenz Gottes zu finden. Man spricht hier auch vom ontologischen Gottesbeweis.  Ein weiterer Vertreter dieser Zeit ist Petrus Abaelardus (+1142).  Er versuchte, mit seiner Methode „Sic et Non (Ja und Nein) sich widersprechende Aussagen gegenüberzustellen, um sie zu interpretieren.  Diese Zeit, in der auch begonnen wurde, die Werke des Aristoteles aus dem Griechischen ins Lateinische zu übersetzen, wird auch als Frühscholastik bezeichnet. Der Übergang von der Frühscholastik zur Hochscholastik gestaltete sich durch die stärkere Aristoteles- Rezeption fließend. Anfang des 13. Jahrhunderts waren die Schriften des Aristoteles vom Griechischen ins Lateinische vollständig übersetzt. Außerdem wurde Aristoteles von arabischen Philosophen ins Arabische übersetzt, diese Übersetzungen wurden ihrerseits durch Kommentare ergänzt und wiederum latinisiert.

Auf der Grundlage dieser latinisierten Übersetzungen rezipierte der katholischen Theologe Thomas von Aquin (+1224 *1274) die aristotelische Philosophie. Er integrierte aristotelische Konzepte in sein christliches Weltbild und prägte dadurch Philosophie und Theologie des Mittelalters maßgeblich. Thomas von Aquin gilt als der wichtigste Vertreter der Hochscholastik.  Im Gegensatz zum ontologischen Gottesbeweis des Anselm von Canterbury, den er zu widerlegen versuchte, da man die ontologische Existenz Gottes nicht beweisen kann, spricht Thomas in aristotelischer Tradition von 5 Wegen (quinque viae), aus denen man auf die Existenz Gottes schließen kann:

Diese fünf Wege sind:

  1. Der unbewegte Beweger: Alles, was sich bewegt, wird von etwas anderem bewegt. Es muss aber eine erste unbewegte Bewegung geben, die wir Gott nennen.
  2. Die Ursache ohne Ursache: Es muss eine Erstursache ohne weitere Ursache geben, die wir Gott nennen.
  3. Das Argument der notwendigen Existenz: Es gibt Dinge, die existieren, aber nicht unbedingt existieren müssen. Diese zufälligen Dinge müssen eine Ursache haben, die nicht zufällig, sondern notwendigerweise existiert. Diese Ursache nennen wir Gott.
  4. Das Argument der Stufungen: In der Welt gibt es Abstufungen von Güte, Vollkommenheit und Wahrheit. Diese Abstufungen können nur durch einen Vergleich mit einem Maximum erfolgen. Dieses Maximum nennen wir Gott.
  5. Das teleologische Argument: Die natürliche Welt zeigt eine Ordnung und Zweckmäßigkeit, die nicht rein zufällig sein kann. Vernunftlose Dinge streben nach einem Ziel, dazu ist ein intelligenter Lenker erforderlich, der die Zwecke setzt und die Welt lenkt. Dieser Lenker ist Gott.

Mit Thomas von Aquin hat die Scholastik sozusagen ihren Höhepunkt erreicht und die aristotelische Lehre wurde der westlichen Welt und der katholischen Kirche wieder neu zugänglich gemacht.

 

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