Wer Neues wagt, muss manchmal querdenken, Widerstände überwinden und einen langen Atem haben – gerade als Bio-Pionier. Dass es sich lohnt dabei durchzuhalten, zeigt das Beispiel Neumarkter Lammsbräu. Seit nunmehr 20 Jahren braut man in der Oberpfälzer Familienbrauerei ausschließlich hundertprozentiges Bio-Bier. Ein Weg mit Hindernissen und gleichzeitig eine großen Erfolgsgeschichte.

Als Dr. Franz Ehrnsperger, Inhaber der Neumarkter Lammsbräu, Mitte der 1980er Jahre das erste Bio-Bier braute, stieß er innerhalb der konservativen Braubranche auf breite Ablehnung. Bio-Bier sei angesichts des Reinheitsgebots bloßer Etikettenschwindel und habe sowieso keine Zukunft, die ökologische Landwirtschaft sei unproduktiv und rückständig. Ja sogar Prozesse folgten. Doch Ehrnsperger ließ sich davon nicht beirren und braute ab 1995 nur noch Bio-Bier. Zwei Jahrzehnte später gibt es einen kleinen, aber fest etablierten Markt für Bio-Bier – und die Oberpfälzer Brauerei Lammsbräu ist Marktführer.
Ehrnsperger hatte die Neumarkter Lammsbräu in den 1970er Jahren von seinem Vater übernommen und die heute über 380 Jahre alte Familienbrauerei Schritt für Schritt zu einem ökologischen Vorzeigeunternehmen umgebaut. Dabei war das so zunächst gar nicht geplant. Von Haus aus eigentlich kein Grüner, stieß der junge Firmenchef auf der Suche nach den besten Rohstoffen für sein Bier auf den aufkeimenden ökologischen Landbau. Die Idee dahinter überzeugte ihn. In der Folge wurden bei Lammsbräu Rohstoffe und gewohnte Betriebsabläufe konsequent hinsichtlich ihrer Umweltwirkung durchleuchtet und verbessert, ökologische Brauverfahren eingeführt, ja sogar ein eigenes „Ökologisches Reinheitsgebot“ etabliert, um den Geist des Bayerischen Reinheitsgebots von 1516 auch in Zeiten von Pestiziden und Co. auf lange Sicht zu bewahren. Und Ehrnsperger machte bei der Umstellung seines Unternehmens nicht bei den Bieren halt, sondern wendete sich auch den alkohol-freien Getränken zu. Inzwischen zählt das Lammsbräu Sortiment neben Bio-Bier, -Mischgetränken und -Spezialitäten auch now Bio-Limonaden sowie das erste biozertifizierte Mineralwasser BioKristall. Produkte, die mit wachsenden Umsätzen vertrieben werden.

36W02-NL_Hopfenschuttung_300dpi-1Seine Rohstoffe bezieht Lammsbräu so weit wie möglich aus der Region.

Mit Bio gegen den Branchentrend
Der Erfolg der Neumarkter Lammsbräu ist insbesondere angesichts des schwierigen Branchenumfelds bemerkenswert. Der Bierkonsum in Deutschland war in den letzten Jahren zumeist rückläufig, der Markt schrumpfte. Verdrängungs-, Mengen- und Preiskämpfe zwischen den Brauereien waren die Folge. Nicht selten zulasten der Qualität. Der Einstieg in den Nischenmarkt Bio-Bier war für Lammsbräu deshalb zugleich auch ein bewusster Ausstieg aus einer Dynamik, in der gerade kleinere, qualitätsorientierte Brauereien zwangsläufig das Nachsehen haben mussten. So konnte man, anders als viele andere Familienbrauereien, die inzwischen aufgeben oder fusionieren mussten, im Schutz dieser Nische seinen Gesamtausstoß über die Jahre sogar erhöhen und wachsen.
Wichtig ist Lammsbräu dabei, dass jedes Wachstum mit Augenmaß und unter strikter Berücksichtigung ökologischer Grenzen erfolgt. So wird die Ausweitung der Lammsbräu-Produktion immer durch die Verfügbarkeit ökologisch und nachhaltig angebauter Brau- und Getränkerohstoffe begrenzt. Um negative Umweltwirkungen durch lange Transportwege zu minimieren, bezieht Lammsbräu dabei seine Rohstoffe soweit wie möglich von Bauern der Region. Vorzugsweise von Landwirten der seit 25 Jahren bestehenden Lammsbräu Erzeugergemeinschaft EZÖB. Zudem begrenzt die Neumarkter Lammsbräu bewusst ihren Absatzmarkt. Lediglich vier Prozent der Getränke werden ins Ausland exportiert. Ein Ansatz, der in der Welt konventioneller Brauereien undenkbar wäre.
Das in dieser Art streng begrenzte Wachstum ermöglichte es der Neumarkter Lammsbräu in den letzten Jahren gleichwohl, notwendige Investitionen und Weiterentwicklungen aus eigener Kraft zu finanzieren und trug damit entscheidend zum Erhalt der Eigenständigkeit des Familienunternehmens bei. Darüber hinaus betrachtet Lammsbräu das Wachstum jedoch vor allem als Ansporn und Hebel, den gesellschaftlichen und ökologischen Nutzen der Brauerei voranzubringen. Man möchte als Leuchtturmunternehmen und mit all seiner Erfahrung als Vorkämpfer für die Bio-Sache anderen Unternehmen Vorbild sein und setzt sich in der Region und darüber hinaus nachhaltig für den Umweltschutz und den Biolandbau ein.

„Als Unternehmen sind wir Teil des natürlichen Systems,
zu dessen Erhalt wir mit unserem Wirtschaften beitragen wollen. Wachstum
ist für uns daher auch nur in dem Maße denkbar, in dem die Natur uns
die Ressourcen hierfür bereitstellt.“
Dr. Franz Ehrnsperger

Fotos: Lammsbräu

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