Immer mehr Bauern sind durch die Subventionierung von Biogas mit zunehmend unbezahlbaren Pachtpreisen konfrontiert. Die Folge: Öko-Landwirte geben auf, konventionelle Bauern stellen nicht auf Öko-Landwirtschaft um – das dringend notwendige Wachstum des Öko-Landbaus bleibt aus.

Biogasanlagen boomen. Seit dem Jahr 2003 hat sich die Zahl von Biogasanlagen in Deutschland vervierfacht, durch zunehmende Anlagengröße die Leistung sogar verzehnfacht. Ende 2013 wird es hierzulande schätzungsweise mehr als 7 500 Anlagen geben, die aus Gülle, Bioabfällen und Energiepflanzen Biogas erzeugen. Grund für diese Entwicklung ist das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG). Es bietet hohe Vergütungszusagen für Biogasanlagen. Die finanziell großzügig ausgestatteten Anlagenbetreiber suchen folglich nach immer mehr Anbauflächen für Mais, dessen Vergärung den größten Ertrag an Biogas bringt. Dementsprechend haben die Preise für Mais angezogen. Ein Bauer, der Mais für Biogas anbaut, kann damit meist mehr als 2.000 Euro pro Hektar (ha) erlösen; Bio-Bauern hingegen kommen mit sämtlichen Förderungen gerade mal auf die Hälfte (760 bis 950 Euro Erlös pro ha plus 170 Euro/ha an Ökolandbau-Förderung).

Verdoppelung der Maisanbau-Flächen
Diese Preisentwicklung führt nicht nur zu immer mehr Umwidmungen von Grünland zu Ackerfläche, sondern bringt auch den Biolandbau zunehmend in Bedrängnis: Angesichts der enormen Fördersummen drängt der Anbau von Biomasse zur Energiegewinnung den weit weniger stark geförderten Ökolandbau immer mehr ins Abseits.  So haben sich die Maisanbauflächen in Deutschland in den letzten 10 Jahren verdoppelt. Laut einer Schätzung des Öko-Verbands demeter gingen im Jahr 2012 täglich 64 ha Ackerland an den Energiemais-Anbau für 20 Jahre verloren (das entspricht der Dauer der garantierten Vergütung). Und das, obwohl die Bundesregierung als Nachhaltigkeitsziel formuliert hat, dass 20 Prozent der Landwirtschaftsfläche ökologisch bewirtschaftet werden sollen. Der subventionsbedingte Konkurrenzvorteil von Biogas gegenüber dem Ökolandbau droht das ohnehin schon schwache Wachstum des Ökolandbaus abzuwürgen. Die Politik verschließt die Augen vor diesen Tatsachen.

Die Folgen hoher Pachtpreise
Dazu kommt: Je mehr Biogas-Leistung installiert wird, desto höher werden die Pachtpreise für Ackerland. In der Oberpfalz beispielsweise hat sich der Pachtpreis eines Bauern für Ackerland von 200 auf 400 Euro pro ha verdoppelt. Derartige Preise sind laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamts keine Seltenheit mehr; auch 1.000 Euro Pacht pro ha wurden mittlerweile hierzulande schon aufgerufen. Insgesamt addieren sich die durch Biogasanlagen ausgelösten zusätzlichen Pachtzahlungen in Westdeutschland auf jährlich sieben bis neun Millionen Euro.
Solch hohe Pachten können Landwirte ohne Biogas-Subventionierung allerdings nicht bezahlen. Die Folge: Familienbetriebe stehen vor dem Ruin. „Die Existenznot durch gestiegene Pachtpreise ist kein Einzelfall”, weiß Susanne Horn, Generalbevollmächtigte der Neumarkter Lammsbräu. „Einige unserer Bio-Bauern sind derzeit in dieser Situation. Ihre Pachtverträge laufen aus – und die neuen Verträge sollen zu Konditionen abgeschlossen werden, die deutlich höher sind.”
Die steigenden Pachtpreise bedeuten jedoch nicht nur für den einzelnen Bio-Bauern, sondern für den gesamten Öko-Landbau einen herben Rückschlag. Denn konventionelle Landwirte können mangels Wirtschaftlichkeit und Perspektive nicht auf Öko-Landbau umstellen. Der Öko-Landbau schrumpft anstatt zu wachsen: Im Jahr 2010 wurde in Niedersachsen erstmals ein Rückgang statt einer Flächenzunahme bei ökologischer Bewirtschaftung verzeichnet.

Die Verknappung von Bio-Rohstoffen
Abnehmer wie Lammsbräu betrachten diese Entwicklung mit großer Sorge, denn sie sind in existenzieller Form mit der Rohstofffrage konfrontiert: Woher die Bio-Agrar-Rohstoffe nehmen, wenn die Landwirte aufgeben? „Wenn unsere Lieferanten in ihrer Existenz bedroht sind, dann ist das Herzstück unseres gesamten Wirtschaftens gefährdet”, sagt Susanne Horn. „Gerade unsere langjährigen Lieferantenbeziehungen garantieren uns, dass wir unsere Rohstoffe auch in der notwendigen Bio-Qualität bekommen.”

Kaum Nutzen für den Klimaschutz
Bringt die Mais-Verstromung – mit ihren negativen Folgen für die Bio-Landwirte – wenigstens einen Nutzen für das Klima? Unter dem Strich muss man leider feststellen: Biogas ist eine ineffiziente Energiequelle mit nur gering positiver Energiebilanz. Bei der Stromerzeugung aus Biogas entstehen dieselben CO2-Emissionen pro Energieeinheit wie bei einem Erdgas-Kraftwerk. Fehlt bei der Verbrennung von Biogas eine umfassende Wärmenutzung oder sind Transportwege für Mais und Gärreste  deutlich länger als 10 km, fällt die Energiebilanz nur noch schwach positiv oder sogar negativ aus. Dazu kommt der riesige Flächenverbrauch: Biogas deckte im Jahr 2011 gerade mal drei Prozent des deutschen Stromverbrauchs ab, benötigte dafür jedoch rund zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Deutschland. Wird dabei Grünland für den Maisanbau zu Ackerland umfunktioniert, bedeutet dies ein Verminderung von CO2-Senken. Denn Grünland bindet doppelt so viel CO2 wie Ackerboden. Insgesamt gesehen sind Photovoltaik, Windkraft und Geothermie um ein Vielfaches effizienter als Biogas.

Biobauern als Betreiber von Biogasanlagen?
Für Biobauern selbst ist Biogas keine Alternative, um an mehr Subventionen zu kommen und damit ihre ökologische Geschäftsgrundlage zu retten. Denn Bio-Mais für Biogas-Anlagen ist unwirtschaftlich. Mais ist im Bio-Landbau eine seltene Kultur, da sie den Boden stark auszehrt. Deshalb kann Mais im Bio-Landbau nur auf fünf bis zehn Prozent der Ackerflächen in Fruchtfolge angebaut werden – das reicht nicht für den Betrieb einer Biogas-Anlage. Zum Vergleich: Energiemais-Landwirte bauen auf ihren Ackerflächen zu 80 bis 90 Prozent Mais an. Manche Bio-Landwirte betreiben Biogas-Anlagen mit Kleegras oder Reststoffen wie Gülle und Mist. Hierfür gibt es aber keine gesonderte Förderung, somit lohnt es sich wirtschaftlich nicht. Biogas suggeriert mit seinem Namen einen positiven Nutzen für die Natur – der Name hält aber nicht, was er verspricht, denn die Natur wird durch die Erzeugung von Biogas meist ohne Rücksicht auf Verluste ausgebeutet.

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Beitrag Die Umweltfolgen der Biogas-Förderung

Link Lammsbräu