„Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf“, heißt ein geflügeltes Wort. Man muss nicht religiös sein, um von der kreativen Kraft des Traums zu profitieren.

Von Elias Howe, dem Erfinder der mechanischen Nähmaschine, ist bekannt, dass er einen Traum hatte, in dem er das Nadelöhr an der Spitze der Nadel anbrachte. Zuvor hatte er monatelang getüftelt, ohne zu einer brauchbaren Nähmaschine zu kommen. Ein anderes Beispiel für die kreative Kraft des Träumens ist Dimitri Mendelejew. Der russische Chemiker erstellte sein Periodensystem nicht am Schreibtisch, sondern er sah es in einem Klartraum. Auch Larry Page, der Mitbegründer von Google, kam auf das Grundprinzip der Internet- Suchmaschine beim nächtlichen Träumen. Die Herausforderungen, mit denen wir abends zu Bett gehen, erscheinen uns möglicherweise simpler als diese Innovationen. Dennoch ist es eine reizvolle Vorstellung, das eine oder andere Problem im Schlaf zu lösen.

„Traumphasen treten üblicherweise vier oder fünfmal pro Nacht nach dem Tiefschlaf auf“, sagt der Schlafforscher Dr. Maria Hölker. Da in diesen Phasen schnelle Augenbewegungen typisch sind, spricht man auch vom REM-Schlaf, abgeleitet vom englischen „Rapid Eye movement“. Studien über Gehirnstrommessungen legen nahe, dass alle Menschen im Schlaf träumen. Weil sich im Traum Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verweben, sind Träume eine Fundgrube wichtiger Botschaften, außergewöhnlicher Erkenntnisse und Visionen, so die Psychoanalytikerin Dr. Christa Schmidt.

Nutzen von luzidem Träumen

Das Besondere am luziden Träumen ist, dass der Träumer sich bereits beim Träumen seines Zustands bewusst ist, den Traumfortgang schon während des Träumens reflektiert und bis zu einem gewissen Grad mitgestalten kann. Durch die Klarheit ihrer Aussage können die Träume auch bei der Lebens- bewältigung helfen. Der Weg dahin führt über ein bewussteres Träumen und das beginnt bei der Fähigkeit, sich seiner Träume im Wachzustand zu erinnern und sie festzuhalten. Durch das bewusstere Traum-Erleben werden wir auch im Wachzustand bewusster und leben auf positive Weise mehr im Hier und Jetzt.

Den Traum als Traum erkennen

Die Erkenntnis „ich weiß, dass ich dies jetzt träume“, kommt im Traum meist ganz unvermittelt: Ein luzider Träumer erkennt etwa an einem Raum ohne Fenster, dass dies nur ein Traum sein kann, er schmunzelt über seine Verwandlung zum Tier oder wundert sich während des Traumes über seine eigene Schwerelosigkeit, lässt aber die Traumgeschichte weiter laufen. Der luzide Träumer kann sich und anderen im Traum Fragen stellen, sich selbst Wünsche erfüllen und so noch intensiver das Wesen des eigenen Bewusstseins erkunden. Doch Träume lassen sich nicht beherrschen. Intensive Klarträumer beschreiben das Phänomen ihrer luziden Träume mit dem Wellenritt eines Surfers, der sich von der Welle mittragen lässt, im tiefen Respekt gegenüber ihrer Kraft und Unberechenbar- keit. Vielmehr als ein steuernder ist es ein spielerischer Umgang mit dem Traum. Zug um Zug lassen sich so der Geist schärfen, die Aufmerksamkeit konzentrieren und Beziehung zwischen dem Wachbewusstsein, der Traumerfahrung und dem wachsenden Unterbewusstsein entwickeln. Dann kann man beispielsweise schon während des Traumes versuchen, die Traumfiguren aufzulösen und ihnen Fragen zu stellen.

Seelische, körperliche und geistige Gesundheit

Wenn wir durch das Träumen besser begreifen, mit welchen Herausforderungen uns der Traum konfrontiert, kann dieser Prozess für die seelische, körperliche und geistige Gesundheit nachhaltig von Vorteil sein. So lassen sich möglicherweise wiederkehrende Alpträume aufarbeiten oder konstruktive Lösungen für vermeintlich unlösbare Herausforderungen im Alltag entwickeln. Vorsicht ist geboten bei Traum-Lexika, die nur allgemeine Vorschläge zur Auslegung beinhalten können. Denn kein Traum kann final analysiert werden, schon gar nicht von einem anderen Menschen. Um seinen Traum richtig  deuten zu können, muss man seine ganz persönliche Lebenssituation mit einbeziehen. Dr. Christa Schmidt, Psychoanalytikerin mit Schwerpunkt Träumen ist immer wieder beeindruckt von der Vieldeutigkeit der Traumsymbole, die sich im therapeutischen Dialog erschließt: „Träume können nicht ohne den Träumenden gedeutet werden. Der Zusammenhang zwischen den Traumsymbolen und der Lebensgeschichte lässt sich nur im Gespräch erarbeiten“. Wir schlafen etwa 30 Prozent unseres Lebens und könnten uns in dieser Zeit so viel Erkenntnis erträumen. Der erste Schritt dazu ist, sich selbst und anderen vor dem Einschlafen zu sagen: „Träum was Schönes“. Eine hohe Traumkultur haben bis heute die Indianer, die Kinder werden angeleitet, auf ihre Träume zu achten und morgens bespricht die ganze Familie die Träume der vergangenen Nacht.

Tipps für das Traumtagebuch

Wer damit beginnt, direkt nach dem Erwachen seine Träume festzuhalten – egal ob bruchstückhafte Bildfetzen oder komplizierte abgeschlossene Geschichten – , wird bald feststellen, dass er immer mehr in Erinnerung behält. Es empfiehlt sich, das Traumerleben in der Gegenwartsform niederzuschreiben, ohne dieses zu interpretieren. Diese Vorgehensweise lässt Deutungen offen. Auch ist es beim Klarträumen wichtig, zu notieren, was man selbst in diesem Traum-Moment empfand oder dachte (etwa:„Ich wunderte mich, dass mir Flügel wuchsen, aber im selben Moment wurde mir klar, dass ich träume“).

Klarträume
Wege ins Unterbewusstsein. So aktivieren Sie Ihr verborgenes Potenzial im Schlaf.

Robert Waggoner,
Caroline Mc Cready
ISBN 978-3-453-70286-8
Verlag: Heyne,
351 Seiten, 9,99 Euro

Mein Buch vom guten Schlaf.
Jürgen Zulley
ISBN 978-3442171569
Verlag: Goldmann,
464 Seiten, 9,95 Euro

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CD Entspannung und gesunder Schlaf

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Quelle-Foto: drubig-photo

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