Die Fülle haltbar machen

Das selbst geerntete Gemüse zu fermentieren ist leichter als man denkt. Es macht Spaß, die Fülle des eigenen Gartens mit dieser Methode haltbar zu machen und zugleich seiner Gesundheit etwas Gutes zu tun. 

Kürbis, Zucchini, Weißkraut, Karotte – welcher Hobby-Gärtner kennt nicht diese Zeit, in der das eigene Gemüse im Überfluss reift und schnell weiterverarbeitet werden soll. Während gängige Methoden des Konservierens wie Erhitzen und Einkochen die im Gemüse enthaltenen Vitamine stark reduzieren, bietet die Methode des Fermentierens die Möglichkeit, wertvolle Inhaltstoffe zu erhalten und anzureichern.
Bei diesem Gärprozess unter Ausschluss von Sauerstoff brechen Mikroorganismen die Bestandteile der Lebensmittel auf und verwandeln Zucker und Kohlenhydrate in Milchsäure, Vitamine und Enzyme. So enthält fertiges Sauerkraut wesentlich mehr Vitamin C als der rohe Kohlkopf und schon Captain Cook vertraute auf hoher See der täglichen Sauerkrautration, um seine Seeleute vor Skorbut zu schützen. Selbst Vitamin B12, das sonst nur in tierischen Lebensmitteln enthalten ist, findet sich in fermentiertem Gemüse und macht es somit als Lebensmittel für Vegetarier und Veganer interessant.

Einzigartige Geschmacksnoten

Fermentation ist kein kurzfristiger Ernährungstrend, sondern eine Jahrtausend alte Methode Lebensmittel zu konservieren, dabei die Nährstoffe zu erhalten und bestimmte Aromen zu intensivieren. Ohne diese Konservierungsmethode gäbe es kein Sauerkraut oder Kimchi, keine Soja­sauce, keinen schwarzen Tee oder Kakao. Bei industrieller Fermentation wird zuerst ein Großteil der Mikroorganismen auf den Lebensmitteln durch Erhitzen abgetötet und anschließend ausgewählte Bakterien und Hefen wieder zugesetzt, um den gleichen Geschmack des Lebensmittels zu erzielen. Anders bei der Verarbeitung zu Hause. Hier wird das Gemüse nur mit kaltem Wasser abgewaschen um Verunreinigungen zu entfernen und die üppige Vielfalt an Mikroorganismen auf dem Lebensmittel zu erhalten. Durch die unterschiedliche Besiedelung entstehen beim Fermentieren intensive, einzigartige Geschmacksnoten, die sich regional stark unterscheiden können.
Das Fermentieren kann man sehr leicht mit Weißkraut selbst versuchen. Das Kraut wird sehr fein geschnitten oder gehobelt und mit Salz vermischt. Das Salz sollte mineralstoffreich und unraffiniert sein und keine Zusatzstoffe wie Jod oder Rieselhilfen enthalten. Das Gemüse wird mit 0,8 – 1,5 Prozent Salzanteil gemischt und in einer Schüssel solange geknetet, bis der Gemüsesaft austritt. Dieses Gemisch wird in einen speziell dafür vorgesehenen Gärtopf gefüllt und darin so festgedrückt, dass die Flüssigkeit gut über dem Gemüse steht. Um ein Aufschwimmen kleinerer Gemüsestücke und somit ein Verschimmeln zu verhindern, wird das Ganze mit einem Kohlblatt abgedeckt und mit einem Beschwerer nach unten gedrückt. Sollte der ausgetretene Gemüsesaft nicht ausreichen, so kann mit einer Salzlake, hergestellt mit natürlichen Wasser, am besten mit Quellwasser, nachgeholfen werden. Bei kleineren Mengen können auch Weckgläser verwendet werden. Der Gärtopf sollte dunkel, ohne direktes Sonnenlicht stehen, ein Glas wird mit einem Geschirrtuch abgedeckt. Die ideale Temperatur für den Fermentationsprozess liegt zwischen 13°C und 23°C, je höher die Temperatur, desto schneller geht das Gären voran. Währenddessen sollte das fermentierende Gemüse ständig von Lake bedeckt bleiben. Das Gemüse ist fertig, wenn es einen PH-Wert unter 4,6 erreicht hat und einen angenehmen Duft und Geschmack entwickelt hat. Anschließend wird das Gemüse in kleinere Behältnisse gefüllt und bis zum Verzehr in den Kühlschrank gestellt. Fermentiert werden kann fast jedes Gemüse, der Fantasie und der Gemüsekombinationen sind keine Grenzen gesetzt, nur von der Fermentation von Brokkoli wird abgeraten, da dieser einen unangenehmen, schwefligen Geruch dabei entwickelt.

Bessere Bekömmlichkeit

Durch diese Art der Verarbeitung wird rohes Gemüse leichter verdaulich und bekömmlich. Mit jeder Mahlzeit, die Fermentiertes enthält, tut man seiner Gesundheit etwas Gutes. Denn jeder Bissen enthält lebende, gutartige Bakterien, die ihre Wirkung im Darm entfalten. So sollen probiotische Lebensmittel das Immunsystem stärken, die Verdauung fördern und Allergien vorbeugen. Bereits Louis Pasteur erkannte im 19. Jahrhundert die Vorteile der Fermentation und beschrieb sie als Leben ohne Luft, c´est la vie sans l´ai.

 

Die Autorin
Petra Haider-Marohls Herz schlägt schon seit Jahrzehnten für Pflanzen. Sie absolvierte beim Verein „Freunde naturgemäßer Lebensweise“ eine Ausbildung zur Kräuter­expertin und experimentiert voller Leidenschaft mit der Heilkraft von Wildkräutern. Die Ernte ihres eigenen Gartens macht sie mit Hilfe der Fermentation für die dunkle Jahreszeit haltbar.

 

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Buch-Tipp
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Fermentieren
Das umfassende, fundierte Praxishandbuch zum Thema „Fermentieren“ – mit neuen Ideen für einen abwechslungsreichen, köstlichen und gesunden Gemüsevorrat!

Seit mehr als 15 Jahren verfeinern die Fermentier-Profis Kirsten und Christopher Shockey ihre Methoden des gesunden Haltbar-Machens. Schritt für Schritt erklären sie in ihrem Buch die Grundtechniken des Fermentierens und beschreiben 140 abwechslungsreiche Rezepte – von Sauerkraut über Kimchis, Pickles, Würzpasten, Relishes, Chutneys bis hin zu Salsas.

Löwenzahn Verlag
ISBN 9783706625753
376 Seiten, 29,90 Euro

Bildnachweis Titelbild: Erin Kunkel,

 

6. August 2021