Wir sind ununterbrochen vom Wetter umgeben und damit auch von ihm beeinflusst. Einige Menschen spüren dies kaum, andere reagieren bei einem Wetterumschwung mit verschiedenen Symptomen. Verschiedene Wetterlagen haben unterschiedliche Einflüsse auf unser Wohlbefinden. Dr. Andreas Walker.

Der Begriff Wetterempfindlichkeit ist keine Erfindung unserer modernen Zeit. Bereits im 9. Jahrhundert wird in einem Gesetzestext damit gearbeitet. Dabei wurde derjenige mit einer Buße bestraft, der einem Gegner im Streit eine Wunde zufügte, die eine wetterempfindliche Narbe hinterließ. Goethe (1749 – 1832) erwähnte in einem Brief, dass er bei hohem Barometerstand besser arbeiten könne, als bei niedrigerem. Humboldt (1769 – 1859) umfasste 1844 den Klimabegriff soweit, dass die Wirkungen der Elemente der Atmosphäre für die organische Entwicklung der Gewächse und die Reifung der Früchte, ebenso auch für die Gefühle und ganze Seelenstimmung des Menschen wichtig seien. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts begannen Ärzte nach Gründen dieses Phänomens zu suchen, da ihnen aufgefallen war, dass an bestimmten Tagen gleichartige Krankheitssymptome auffällig häufig auftraten. Das Thema wird auch in der modernen Forschung immer mehr aufgegriffen. Als Produkt der Vernetzung von Medizin und Meteorologie entstanden neue Wissenschaftszweige – Medizinmeteorologie und Bioklimatologie. Trotz mittlerweile einiger gelüfteter Geheimnisse, bleiben aber noch viele Rätsel im Dunkeln, denn Mensch und Wetter sind zwei sehr komplexe Systeme – ihre Vernetzung ist dementsprechend kompliziert.

Viele Faktoren mischen mit
In Bezug auf das meteorologische Geschehen betrachtet, leben wir in einem äußerst abwechslungsreichen Land. Unsere Breiten sind geprägt vom Durchzug der Tiefdruckwirbel, welche an der Polarfront entstehen und in einer Abfolge von verschiedenen Wetterphasen (siehe Bilder) innert kürzester Zeit Wetterwechsel verursachen, die im Extremfall einem Klimawechsel von den Subtropen in polare Breiten entsprechen. Solche Änderungen verursachen denn auch die häufigsten Störungen für das Wohlbefinden. Meinungsumfragen haben ergeben, dass sich über die Hälfte der Bevölkerung durch das Wetter in ihrem Wohlbefinden gestört fühlt.
Früher suchte man nach einzelnen meteorologischen Faktoren, die unser Wohlbefinden beeinflussen. Es zeigt sich jedoch immer mehr, dass eine Vielzahl von Einflüssen die Wetterwirkung ausmacht. Die verschiedenen Wetterelemente (Luftdruck, Temperatur, Feuchtigkeit, elektrische Ladungen in der Luft etc.) erreichen praktisch jeden Teil des menschlichen Organismus. Hauptzentren sind jedoch Haut, Atmungsorgane, Nase, Augen und das zentrale Nervensystem.
Es gibt nicht nur wetterempfindliche und wetterunempfindliche Menschen. Die Übergänge sind fließend und man teilt die große Zahl der vom Wetter beeinflussbaren Menschen in folgende drei Gruppen ein:

  • Bei den Wetterreagierenden passt sich der Organismus unbemerkt den wechselnden Wetterbedingungen an. Sie verspüren in der Regel keine Beschwerden.
  • Wetterfühlige Menschen fühlen, wenn sich das Wetter ändert. Sie reagieren mit Unwohlsein. Manche klagen über Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Müdigkeit, Herzklopfen oder Blutdruckbeschwerden.
  • Die Wetterempfindlichen haben im Laufe ihres Lebens Krankheiten und Verletzungen erlitten, die sie gegenüber dem Wetter besonders empfindlich machen. So können beispielsweise alte Operationsnarben oder Knochenbrüche bei Wetteränderungen schmerzhafte Empfindungen hervorrufen.

Kann das Wetter krank machen?
Als wetterfühlig werden Menschen bezeichnet, die Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Sonnenlicht, elektroklimatische Verhältnisse und andere Wetterfaktoren verstärkt wahrnehmen und übermäßig darauf reagieren. Wetterbedingte Beschwerden unterscheiden sich aber dennoch klar von „normalen Krankheiten“. Obwohl der betroffene Mensch ganz erheblich darunter leidet, kann der Arzt auch durch gründliche Untersuchungen keine krankhaften Veränderungen an den betreffenden Organen nachweisen. Wetterbedingte Beschwerden müssen somit als Symptom eines geschwächten Organismus gesehen werden, der nicht mehr in der Lage ist die verschiedenen Veränderungen zu kompensieren. Ebenso gilt inzwischen die Annahme als gesichert, dass unser vegetatives Nervensystem die Wetterreize wie eine Antenne aufnimmt. Wie diese Abläufe aber im Detail stattfinden, ist noch unbekannt. Mit Sicherheit spielen kleine und häufige Druckschwankungen eine Schlüsselrolle, welche immer dann auftreten, wenn verschiedene Luftmassen übereinander gleiten. Dies stimmt gut überein mit der Anhäufung der wetterbedingten Beschwerden, die sowohl im Bereich der Fronten beim Durchzug eines Tiefs  auftreten, als auch beim Aufgleiten des Föhns über den Kaltluftsee.
Ein gesunder und seelisch stabiler Mensch kann die Wetterreize weitgehend ausgleichen. Er leidet also nicht spürbar darunter. Wetterempfindlichkeit tritt erst dann auf, wenn diese natürliche Anpassung an das Wetter durch Krankheiten oder falsche Ernährungs- und Lebensgewohnheiten gestört wird. Menschen, die sehr stark unter wetterbedingten Beschwerden leiden, sollten dies mit ihrem Arzt besprechen. Möglicherweise sind andere, bisher noch nicht entdeckte Ursachen mitverantwortlich dafür. Die Linderung der Schmerzen durch Medikamente sollte nur auf ärztliche Beratung erfolgen und vorübergehend sein.
Eine vollwertige Ernährung, viel Bewegung an der frischen Luft und weitere Komponenten, die den menschlichen Körper und die Psyche positiv unterstützen, sorgen für ein natürliches Gleichgewicht und helfen dem Menschen bei seiner natürlichen Anpassung an die sich dauernd verändernde Umwelt.

Fotos: Andreas Walker

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