Attraktivität und Körperhaltung

Ohne auch nur ein einziges Wort zu verwenden, treten wir durch den Ausdruck unseres Körpers mit anderen Menschen in einen intensiven Kontakt. Über unsere Körperhaltung wirken wir ganz besonders stark auf unsere Mitmenschen. Der Autor Thomas Frankenbach ist davon überzeugt: „Attraktivität wird maßgeblich durch die Körperhaltung mitbestimmt“. Quell hat den Gesundheits-Coach danach befragt, was wir tun können, um unsere Ausstrahlung zu steigern. 

Zunächst gibt Thomas Frankenbach ein Beispiel: Es kann ein Mann sein, muskulös, gut gebaut und der läuft über die Straße oder in der Fußgängerzone und drei Meter daneben läuft ein Mann, der ist zwei Köpfe kleiner, der ist kein Modellathlet. Und trotzdem, wenn Sie die Frage gestellt bekommen „bei wem fühlen Sie sich sicherer?“ könnte es gut sein, dass Sie zu dem kleineren Mann tendieren würden. Das hat wenig mit der Äußerlichkeit zu tun. Ob wir uns bei einem Menschen sicher fühlen, hat primär mit einem nonverbalen Merkmal zu tun und zwar mit der Frage, „wie gut atmet der jeweilige Mensch?“ Der Atem spielt für die nonverbale Kommunikation eine zentrale Rolle. Das tiefe Atmen vermittelt uns selbst und anderen Sicherheit.

Tiefes Atmen

Ein natürlich-tiefer, freier Atem – darüber herrscht bei Therapeuten wie auch bei Forscherinnen bereits seit Jahrzehnten Einigkeit – ermöglicht uns nicht nur ein höheres körperliches und geistiges Leistungsvermögen, sondern fördert, wie die korrekte Körperausrichtung auch, unsere psychische Stabilität sowie die Qualität unserer Gedanken und Gefühle. Je besser wir atmen, desto leichter können wir günstige Eigenschaften wie Besonnenheit, Selbstbewusstsein, Zuversicht und Selbstvertrauen in uns entfalten. Schon allein deshalb sollte eine möglichst ungehemmte, freie Atmung nichts Besonderes sein, das wir nur in einer speziellen Trainingsstunde praktizieren, sondern vielmehr eine gute Angewohnheit, die zu unseren andauernden, alltäglichen Begleitern im Leben gehört. In der Freizeit, bei der Arbeit, in Zeiten von großer Belastung und natürlich auch in Zeiten, in denen wir ruhen, schlafen und uns erholen. 

Forscher, die sich mit den Wechselwirkungen zwischen Körper und Psyche beschäftigen, haben herausgefunden, dass sich dadurch unser Körpergefühl, die Qualität unserer Bewegungen, unserer inneren und äußeren Haltung sowie die Fähigkeit, auch unter Belastungen gelassen zu entspannen und konstruktiv zu denken und zu handeln, entscheidend verbessern kann. Aber wir können nur tief durchatmen, wenn wir aufrecht sind.

Aufgespannte Füße

Oft meinen Menschen, die korrekte Ausrichtung des Körpers entspringe allein unserer Wirbelsäule. Das ist zu kurz gedacht. Wenn wir genau darauf achten, wird erkennbar: Tatsächlich ist eine vitale Aufspannung – vor allem, wenn wir stehen und gehen – nur dann möglich, wenn wir auch in Füßen und Becken korrekt ausgerichtet sind. Attraktivität beginnt bei den Füßen. Wir brauchen bei den Füßen eine Gegenrotation. Das heißt:  Der Vorderfuß dreht nach innen, die Fußwurzel dreht genau in die andere Richtung. Wenn die vitale Aufspannung des Fußes fehlt, geht das häufig einher mit Problemen mit dem Selbstvertrauen. Die traditionelle asiatische Erfahrungsheilkunde kennt schon seit Jahrtausenden diese Zusammenhänge. Thomas Frankenbach hat diese Aufspannung der Füße in seinem Karate-Training gelernt. Und er weiß aus Erfahrung: Allein durch Übung lässt sich ein Plattfuß in einen vitalen Fuß mit Fußgewölbe verwandeln. 

Schultern und Arme

Überlastete, verspannte, schmerzende und unbewegliche Schultern sind sehr verbreitet. „Das Karpaltunnelsyndrom beispielsweise ist ein Anzeichen einer vermurksten Schulter“, so Thomas Frankenbach. Oft gehen Schulterprobleme mit Fehlhaltungen der Arme und der Wirbelsäule einher. Was den meisten Betroffenen dabei nicht einmal ansatzweise bewusst ist: Die Aufrichtung der Wirbelsäule hat bei Schulterproblemen allerhöchste Priorität. Und auch die Stellung der Arme spielt für das körperliche und seelische Wohlbefinden eine wichtige Rolle. „Der Oberarm dreht raus und der Unterarm dreht rein“, so bringt Thomas Frankenbach die korrekte Haltung auf einen einfachen Nenner.  

Besonders wichtig ist die korrekte Armhaltung bei der Bildschirmarbeit. Liegen die Hände lange Zeit auf der Tastatur auf und befinden sich die Arme dabei nicht in der Gegenrotation, resultieren daraus häufig schmerzhafte Nacken-, Schulter-, Ellbogen- und Handprobleme.

Kopf mit offenem Nacken

Der Kopf eines erwachsenen Menschen wiegt zwischen fünf und sieben Kilogramm. Durch die Dreh- und Kippbewegungen, die wir mit dem Kopf vornehmen, kann es je nach Beschleunigung zu einem Vielfachen des eigentlichen Kopfgewichtes kommen, das auf die Halsregion einwirkt. Deshalb befinden sich in dem Bereich, wo der Kopf in den Nacken übergeht, besonders viele Muskeln, die obendrein überaus komplex aufeinander abgestimmt zusammenarbeiten. Wenn die Haltung stimmt und wir die Muskeln zwischen Kopf und Nacken gut ausrichten, können wir mit Leichtigkeit geraden und aufrechten Hauptes würdevoll – und zugleich ohne die Nase zu hoch zu tragen – leben, so wie es von der Natur vorgesehen ist. Stimmt hingegen die Ausrichtung des Kopfes nicht so wird uns all dies schwerer fallen. Durch die korrekt ausgerichtete Kopfhaltung mit langem, offenen Nacken erhalten die besonders feingliedrigen Gelenke der Halswirbelsäule genügend Raum und werden bestmöglich entlastet. Auch die Augenmuskeln können im Gleichgewicht arbeiten, das Gleichgewichtsorgan ist ausbalanciert. Und weil in dieser Haltung sogar die Luftröhre bestmöglich gestreckt und begradigt wird, kann auch der Atem noch freier fließen und die Stimme einen noch harmonischeren Klang entfalten. QC70L01

Buch-tipp 

Die Macht der Haltung
Wie der Körper die Seele und die Seele den Körper stärkt

Von Thomas Frankenbach
Mankau
Gräfe und Unzer Verlag
ISBN 978-3-83388-209-8
240 Seiten, 19,99 Euro

 

Der Autor Thomas Frankenbach

Ist als Karatemeister mit den Wechselwirkungen von Körper und Geist bestens vertraut. Er studierte psychosoziale, komplementäre und integrative Gesundheitswissenschaften sowie Ernährungswissenschaft. Es folgten Ausbildungen in Psychotherapie, Körperpsychotherapie sowie Entspannungs- und Stressbewältigungsverfahren.

Er ist wissenschaftlicher Leiter der Fuldaer Akademie für Gesundheit und Entwicklung und leitet seit mehr als zehn Jahren den Fachbereich Ernährung, Bewegung und Embodiment in einer der traditionsreichsten Kliniken für Reha-Medizin in Deutschland. 

Dort entwickelte er mehrere Trainings- und Behandlungsmethoden, die auf den stärkenden Wechselwirkungen von Körper und Geist basieren. Darüber hinaus wirkte er an mehreren klinischen Studien und wissenschaftlichen Veröffentlichungen mit. 

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