Auf der Busfahrt von Arrezzo nach Sansepolcro passieren wir wieder das Dorf, das prächtig auf seinem Berg umrahmt von einer Stadtmauer thront: Anghiari wäre sicherlich auch ein Ort, an dem zu verweilen sich lohnen würde. Die 6000 Seelen- Gemeinde gehört zu den schönsten Orten Italiens und ist Mitglied der Bewegung Cittaslow, zur Entschleunigung und Erhöhung der Lebensqualität in Städten. Und die Erinnerungen an das vergangene Jahr kehren mit den vertrauten Bildern – sei es auch nur dem Blick aus dem Bus – aus der entgegengesetzen Perspektive – zurück. Es fühlt sich an, als spule man einen Film langsam rückwärts. In Sanspolcro hält der Bus vor der tabacceria, die wir ebenfalls bislang nur einmal in unserem Leben betreten haben – als wir für die Rückreise unsere Tickets kauften und doch fühlt sich alles hier vertraut an. Nun schultern wir unsere Rücksäcke und marschieren durch eines der Stadttore in Richtung Kathedrale. Auf dem Weg passieren wir das kleine Restaurant, in dem wir im Vorjahr mit unseren Pilger-Bekanntschaften den letzten Abend verbrachten und die Stichstraße in der unser kleines Hotel lag und das Pilgerheim am Platz neben der Kathedrale – es scheint, als sei die Zeit stehen geblieben. Wir trinken gegenüber einen Cappuccino und beobachten das Treiben in der Fußgängerzone zwischen den Stadtpälästen. Neben uns im Café besprechen die Fahnen-Schwenker ihren späteren Auftritt beim Umzug  und die Mädchen flechten dich gegenseitig ihren mittelalterlichen Kopfschmuck ins Haar und man spürt, wie stolz die Sansepolcren auf ihren Ort sind. ´Sansepolcro´ bedeutet ´heiliges Grab´ und bezieht sich auf das Grab des Stadtheiligen San Rocco. Weil unsere heutige erste Etappe bis Montecasale harmlos ist, können wir uns in Ruhe das museo civico anschauen. Das berühmte Fresko von Piero della Francesca wird gerade vor den Augen der Besucher restauriert. Der nette Museums-Pförtner passt noch für zwei Stunden auf unsere Rucksäcke auf, sodass wir völlig unbelastet noch durch die sich auf ihre Festtage vorbereitende Stadt schlendern können. Die fliegenden Händler aus der Region bauen gerade ihre Stände auf, von Schmuck aus südamerikanischen Oro Vegetale bis zu gewebten Schals aus mit naturfarben gewebter Wolle aus der Region Urbino. Wir holen uns noch den Timbro für unseren Pilgerausweis an und schultern wieder die Rucksäcke, um Richtung Kloster Montecasale aufzubrechen. Der hier gut beschilderte Franziskus- Weg führt uns durch ein anderes Stadttpr hinaus aus der Stadt. Im Nu befinden wir uns – nachdem wir ein kleines Wohngebiet passiert haben, mitten in der Natur, wandern über idyllische Hügel,und genießen die heilsame Stille dieser lieblichen Region. Bis hoch zum Kloster wird es dann doch steil und wir kommen zum ersten Mal ins Schwitzen. Der Weg nach Montecasale Kloster genauso wie der Ausblick von diesem auf die Landschaft, den wir dann genießen, erinnern mich irgendwie sehr an La Verna: eine friedliche Stimmung, die zur Besinnung komme lässt– Franz von Assisi hatte wohl hier genauso wie in dem viel berühmteren La Verna das Gefühl, angekommen zu sein. Auf kleinem Grund konzentriert sich in Montecasale die Klosteranlage kompakt am Berghang: alles wesentliche auf kleinstem Raum- ein Kirchlein – eine  minimalistische Sakristei mit eindrucksvollem Gemälde auf der einen und ebenso eindrucksvollem mit Blick ins Tal auf der anderen Seite, ein schnuckeliger Blumen geschmückter Miniatur-Kreuzgang. Vier Kapuziner leben und bewirtschaften die Einsiedelei und die Mönche sind so nahbar wie ich es noch nicht erlebt habe. Wer des italienischen mächtig ist, findet hier sicher ein jederzeit offenes Ohr und wertvolle Antwort – wer nicht, der kann allein vom Charisma der Mönche zehren und dieses in sein Herz aufnehmen . Die bodenständige Spiritualität dieses Ortes, wo neben Franziskus auch Antonius und Bonaventura eine Zeit lang lebten und durch ihre Großzügigkeit Zeichen der Mitmenschlichkeit setzten, ist irgendwie spürbar.

Wie schön, dass wir den Abend hier genießen können und nicht noch weiter bis Lama wandern, – wohlweisslich haben wir die in Pilgerführern als eine Etappe ausgewiesene Strecke auf 2 Tage verteilt, um uns am ersten Tag unserer Tour wieder etwas ein-laufen zu können – nach anstrengenden Wochen zuhause und einer 1000 km langen Nacht-Fahrt Richtung Süden.    Dann gehen wir in der Herberge zum Abendessen. Irritierend empfinden wir dann allerdings die Diskrepanz, zwischen dem, was über Franz von Assisi als Vorreiter und Symbol für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur auf der Gedenktafel steht und dem, was in der Herberge gelebt wird, Teller, Kaffeetassen und sogar Besteck aus Plastik – warum ? Für die abgepackten Lebensmittel auf die Frühstückstisch hätten wir noch Verständnis gehabt, denn offensichtlich ist der Pilgerstrom entlang des Franziskus Weges noch immer ebenso spärlich wie unberechenbar : gerade nur ein weiteres Pärchen nächtigt mit uns in Montecasale und auch an den kommenden 8 Tagen bis Assisi werden uns nicht mehr als 4 weitere `Pärchen´ begegnen – auffällig dabei der absolute Frauenüberhang: Bis auf einen Mann – sind es Schwestern oder Freundinnen jeden Alters, die sich auf dem Weg Richtung Assisi machen – bis Rom plant nur ein Pärchen. Denn Zeit ist trotz allem das kostbarste Gut in unserer Leistungsgesellschaft, in der 2 Wochen Urlaub am Stück oft schon als Luxus gesehen werden. Als größten Luxus empfinden auch wir die Tatsache, einfach drauf los zu marschieren und irgendwann nachmittags nach einem Regenbogen und Potpourri von  Eindrücken  in der Natur an einem immer wieder überraschenden Herberge anzukommen. So auch am 2. Tag unserer Pilgerwoche, an dem wir von Montecasale bis Lama gehen werden. In Kürze  geht der Franziskusweg auf www.quellonline.de weiter.

Über die erste Woche der Pilgerwanderung auf den Spuren des heiligen Franz von Assisi – vom Start in Florenz bis nach Sansepolcro – lesen Sie in dem Beitrag von Andrea Tichy.

Alles über unseren Start der 2. Pilgerwanderung bis zur Ankunft in Arrezzo:

https://www.quellonline.de/persoenliche-eindruecke-vom-franziskus-weg/

und

https://www.quellonline.de/wp-admin/post.php?post=11963&action=edit

Waren Sie selbst auch schon auf Pilgerschaft und möchten uns über Ihre Erlebnisse berichten. Schreiben Sie uns gerne ! martina.guthmann@quell-online.de

Sie überlegen,  den Franziskus-Weg in netter Gesellschaft einer Gruppe zu erwandern? Dann lesen Sie über eine wunderbare Möglichkeit der Entschleunigung mit   Oliva-Reisen.