Mit den kürzer werdenden Tagen beginnt sie wieder, die Zeit des Nebels. Wie erstaunt es doch, wenn man aus dem trüben und kalten Nebel in die Berge wandert und in einer warmen und sonnigen Umgebung auftaucht. Die Sonnenscheindauer nimmt in den Niederungen in der
Winterzeit stark ab, während in höheren Regionen viel Sonne und hohe Temperaturen verzeichnet werden. Grund dafür ist der Nebel, der uns häufig aufs Gemüt drückt, besonders dann, wenn wir uns unterhalb dieser seltsamen Wolke befinden, die am Boden aufliegt. Der Meteorologe bezeichnet das Nebelmeer als „Kaltluftsee“, denn die winterlichen Nebelmeere bei uns sind auf einen riesigen See aus kalter und feuchter Luft zurückzuführen, der in den Niederungen liegt.

NEBEL VOR ALLEM IM WINTERHALBJAHR
Ursprünglich stammt das Wort Nebel aus dem griechischen Wort „nephele“, was Wolke bedeutet. Die griechische Mythologie erzählt von der Nymphe „Nephele“, die häufig die Gestalt einer Wolke annahm. Im Winter führen Hochdruckgebiete oft kalte Luft aus nordöstlicher Richtung
nach Mitteleuropa. In einer klaren, kalten und windstillen Winternacht fließt die kältere und somit schwerere Luft nach unten ins Tal. Am frühen Morgen entsteht in den Niederungen ein riesiger Kaltluftsee, die Feuchtigkeit kondensiert und es bildet sich eine geschlossene
Nebeldecke. Sobald die Nebeldecke kompakt geworden ist, gelingt es der Sonne nicht mehr durchzudringen, es bleibt kalt. Paradoxerweise sind die Temperaturen unter dem winterlichen Nebelmeer oft viel kälter als darüber in den Bergen. Normalerweise nimmt die Temperatur
mit der Höhe ab. Dabei verhält sich die Kaltluft ähnlich wie Wasser. Sie stürzt wie ein Wasserfall einen Berghang hinunter, fließt wie ein Bach durch das Tal und brandet in Wellen an das „Ufer“ des Kaltluftsees. Solche Wetterlagen lassen typischerweise keine Durchmischung der Luftmassen über und unter dem Nebel zu, so dass der Nebel wie unter einer Käseglocke liegt. Deshalb reichert sich im Winter, besonders in Städten, die neblige Luft stark mit Schadstoffen an, während sie über dem Nebel klar und rein ist. Die weiße Nebeldecke strahlt das Sonnenlicht
fast gänzlich zurück und bewirkt, dass die am Boden liegende Kaltluft kaum erwärmt wird. Im Winter kann der Nebel wochenlang in den Niederungen trübes Wetter verursachen, während in den Bergen dauerhafter Sonnenschein vorherrscht.

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DR. ANDREAS WALKER
ist promovierter Meteorologe, Buchautor, Fotograf und Wissenschaftsjournalist. Seit 1994 arbeitet er als freier Wissenschaftsjournalist, leitet Volkshochschulkurse für Wetterkunde und ist Inhaber einer Bildagentur mit mehr als 50.000 selbst aufgenommenen Farbdias über Natur- und Wetterphänomene. www.meteobild.ch
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