Er ist selbst nicht zu sehen, aber mit seiner unsichtbaren Energie macht Wind vieles möglich: Vom Freizeitspaß bis zur Stromerzeugung, von der Fortpflanzung bis hin zur Verbreitung von Gebeten. Quell beschreibt die unterschiedlichen Ausprägungen einer subtilen, aber starken Kraft, die nur durch ihre Auswirkungen wahrnehmbar ist.

„Die Antwort kennt nur der Wind“, so lautet ein Bestseller von Johannes Mario Simmel und er bringt das geheimnisvolle Wesen dieses Naturphänomens auf einen Nenner: Wir sind immer von ihm umgeben, nehmen ihn in seiner global wirkenden Kraft aber kaum wahr.
Wie alles auf der Welt ist Wind ein Phänomen der Dualität. Zwischen zwei Gebieten mit unterschiedlichem Luftdruck beginnt sich ein Ausgleichsmechanismus aufzubauen: Aus dem Gebiet mit höherem Luftdruck fließen so lange Luftteilchen in das Tiefdruckgebiet, bis der Luftdruck ausgeglichen ist. Manchmal ist er gar nicht zu spüren, manchmal ist er so stark, dass er Bäume entwurzelt, Häuser zerstört und Menschen gegen ihn nicht mehr ankommen können. Global betrachtet stellt er eine Kraft von ungeheuren Ausmaßen dar. Er ist maßgeblich am weltweiten Wettergeschehen beteiligt. Zunehmend wird seine Energie auch (wieder) dafür genutzt, um unseren Energiebedarf zu decken.

Windräder: genug Energie für die ganze Welt
Forscher haben errechnet, dass man mit einem globalen Netz von Windkraftwerken den weltweiten Energiebedarf abdecken könnte. Weltweit könnten mit Hilfe von Rotoren theoretisch 1,3 Millionen Terawattstunden (TWh) pro Jahr erzeugt werden. Im Jahr 2006 lag der weltweite Stromverbrauch bei 15.666 Terawattstunden – das sind gerade einmal 1,2 Prozent des errechneten Potenzials. Auch wenn ein Einsatz in diesem Umfang utopisch ist, zeigen diese Zahlen doch die Bedeutung des Windes für unsere künftige Energieversorgung.

Wiederentdeckung für den Antrieb von Lastschiffen
In früheren Zeiten gab es für Lastschiffe maßgeblich eine Möglichkeit, um sich auf den Weltmeeren fortzubewegen: das Hissen von Segeln. Mit dem Siegeszug des Erdöls verschwanden die Segel in der Berufs-Seefahrt. Die Menschen glaubten, durch Erdöl ihrer Abhängigkeit von den Launen des Windes entkommen zu können. Neuerdings wird die Windkraft indes auch für Supertanker wieder interessant. Der Erfinder Stephan Wrage hat mit seiner Firma Skysails gezeigt, dass ein Drachen Frachter ziehen und damit große Mengen Treibstoff einsparen kann. Der globale Schiffsverkehr emittiert derzeit mehr C02 als der Luftverkehr.

Als spirituelle Kraft in den Religionen verankert
Doch auch die subtilen Kräfte des Windes werden von den Menschen genutzt. – In der christlichen Religion, repräsentiert der Wind den heiligen Geist. Pater Anselm Grün schreibt: „Der Heilige Geist ist wie der Wind überall. Der Wind lässt sich nicht festlegen und nicht besitzen. So lässt sich auch der Heilige Geist nicht besitzen. Er weht immer und überall.“ Diese Eigenschaft des Windes nutzen die Buddhisten pragmatisch: sie spannen den Wind dafür ein, ihre Segenswünsche zu verbreiten.

Vom Wind zu permanentem Gebet bewegt
Für die Menschen im Himalaya sind Gebetsfahnen ein vertrautes Bild. Von einer lichten Brise bewegt oder knatternd im Sturm findet man sie überall dort, wo der tibetische Buddhismus praktiziert wird. Man geht davon aus, dass Gebetsfahnen im elften Jahrhundert von dem großen Lehrer Pandit Atisha von Indien nach Tibet gebracht wurden. Dieser lehrte seine Schüler, wie man Tücher mit heiligen Texten und Mantras bedruckt. Die vom Wind bewegten Fahnen wurden für sie zu einer Quelle heilswirksamen Verdienstes und zu einem Segenswunsch für die Umgebung. Der Wind als Element, das mit allem kommuniziert, trägt den Segen der heiligen Texte in alle Richtungen. Der berühmte buddhistische Mönch Matthieu Ricard formuliert einen solchen Segenswunsch so: „Mögen dort, wo der Wind weht, der über diese Segenswünsche    streicht, alle Lebewesen von allem Übel und seinen Ursachen befreit werden.”

Pusteblume & Co: Fortpflanzung mit Hilfe des Windes
Pflanzen bedienen sich raffinierter Mechanismen, um sich auszubreiten. Eine davon ist der Wind. Die so genannten Windflieger, wie etwa die Pusteblume, lassen ihre flugtauglichen Samen im Wind treiben. Dadurch schaffen es die Pflanzen, sich über mehrere hundert Meter hinweg bis hin zu Distanzen von einigen Kilometern auszubreiten. Einen geringeren Ausbreitungsradius haben die so genannten Windstreuer, wie etwa der Klatschmohn. Sie verstreuen duch die Einwirkung äußerer Kräfte wie den Wind ihre Samen aus Kapseln. Die erreichbare Ausbreitung beträgt bei den Windstreuern jedoch nur wenige Meter. Die so genannten Bodenläufer schließlich lösen sich als ganze Pflanze vom Boden und werden vom Wind ausgebreitet, ihre Samen fallen nach und nach ab. Die dabei erreichbare Ausbreitung hängt davon ab, ob die Bodenläufer von Hindernissen wie Zäunen oder andere Pflanzen ge-stoppt werden. Typisch ist diese Ausbreitungsform für Steppenpflanzen. Zu den bekanntesten Bodenrollern zählt die Rose von Jericho.
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Beitrag Wind und Klima