Streuobst „blüht“

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Die Liste der Vorzüge des Streuobstanbaus ist lang.Schon oft hat Quell darüber berichtet, zum Beispiel in dem Beitrag über saftige Vielfalt.

Konsumenten freuen sich über eine Fülle robuster alter Obstorten mit außergewöhnlichen Aromen und geschmackvolle Produkte wie etwa Trockenfrüchte, Säfte, Marmeladen und Chutneys. Spritz- und Düngemittel kommen selten bis nie zum Einsatz und Streuobstäpfel beispielsweise sind bekannt für ein ideales Zucker-Säureverhältnis. Genau wie der Verbraucher profitiert auch die unmittelbare Umwelt der hochstämmigen Bäume: Die Jahrhunderte alte Obstbaukultur – in Bayern gibt es bis zu 2.000 verschiedene Sorten – begünstigt den Artenreichtum. Mit ihrer vielfältigen Fauna, der süßen Blütenvielfalt und viel Totholz bieten die natürlich wachsenden Wiesen allerlei Tieren Nistplätze und Nahrung. Aber auch Klima, Boden und Gewässer ziehen ihren Nutzen: Die Mischkulturen vermindern u.a. die Verdunstung und damit die rasche Austrocknung des Bodens – auch über die Streuobstwiese hinaus. Gerade in den längeren Trockenphasen im Zuge des Klimawandels spielt das eine zunehmend wichtige Rolle. Weitere Informationen finden sich auf der Website der bayerischen Initiative „Streuobst blüht“.

Vor über 15 Jahren  schlossen sich 34 Gesellschafter*innen zusammen, um den Streuobstbauern rund um den Hesselberg in Mittelfranken eine völlig neue Perspektive zu schenken. Mit dem Ziel, die landschaftsprägenden Streuobstbestände der Region zu erhalten, vereinten sich die Gründer mit ansässigen Obstaktivisten – darunter Landwirte, Bürgermeister, Gastronomen, Obstwiesenbesitzer, Vertreter von Obst- und Gartenbauvereinen, selbstständige Unternehmer sowie öffentliche Einrichtungen – zur allfra (= alles aus Franken) Regionalmarkt Franken GmbH. Klar war: Um das Kulturgut auf Dauer zu bewahren, müssen die Erträge aus den Beständen wirtschaftlich verwertet werden. Dabei sollte nie die Gewinnmaximierung die Triebfeder aller Bemühungen sein. Und so produziert man heute unter der Marke hesselberger besten Direktsaft aus erntefrischem und garantiert ungespritztem Obst aus der Umgebung. Warum sich das alles lohnt? Die Gründe, die für die traditionelle Form des Obstanbaus sprechen, sind zahlreich auf allen Seiten. Konsumenten können sich über eine Fülle robuster alter Obstorten mit außergewöhnlichen Aromen und intensivem Geschmack freuen. Man geht von fast 3.000 Apfel- und fast 1.500 Birnensorten aus, die die hochstämmigen Baumlandschaften hervorbringen. Zudem sind die Produkte von der Obstwiese besonders gesund: sie enthalten einen bis zu fünf Mal höheren Wert an Polyphenolen (sekundäre Pflanzenstoffe). So vertragen auch Allergiker die alten Sorten nach Studien der Berliner Charité sehr gut.Auf der anderen Seite profitiert die Natur. „Diese besonderen Wiesen liefern wichtige klimarelevante Baumbestände, sie binden CO2, sie sind Wasserspeicher und sie verhindern Erosion“, erklärt Norbert Metz als Geschäftsführer der allfra. Weiter weiß er: „Dazu kommt eine ganz hohe ökologische Wertigkeit. Die Apfel- und Birnenbäume auf Streuobstwiesen sind im Gegensatz zu Supermarktprodukten frei von Pflanzenschutzmitteln. Was viele nicht wissen, ein herkömmlicher Apfel wird von der Blüte bis zur Ernte 27- bis 31-mal behandelt. Auch wird der daraus erhaltene Saft oftmals nach der Pressung zunächst auf bis zu 1/6 eingedickt, um dieses Konzentrat später wieder mit Wasser aufzufüllen. Bei uns entsteht Direktsaft, da kommt nichts weg und nichts dazu.“

In der Region Hesselberg dürften nach aktuellen Schätzungen von Pomologen ca. 500 Apfel- und ca. 150 Birnensorten vorhanden sein, die sich größtenteils auch in den geschmackvollen Getränken der allfra wiederfinden. „Die Güte der Früchte ist der Schlüssel zur hohen Qualität der hesselberg Säfte. Wir kaufen nur erntefrisches und ausschließlich ungespritztes Obst aus Streuobstbeständen. Mit unserem dezentralen Ankaufsystem – in der Region um den Hesselberg haben wir elf solcher Stellen in einem Umkreis von 30 Kilometern – können wir die angelieferten Obstmengen genau kontrollieren. Wir nehmen nur Äpfel, Birnen und Kirschen an, die keinerlei Faulanteile haben und die Früchte werden innerhalb kürzester Zeit verwertet“, erklärt Jutta Grießer den Weg bis zum Direktsaft, der teils nochmal weiterverarbeitet wird. Zum Repertoire zählen insgesamt 40 verschiedene Saftmischungen, Schorlen, Saftlimonaden, Cider und Seccos, die ohne jegliche Zusätze wie Zucker, Aromen oder Konservierungsstoffe abgefüllt werden.

Schließlich fördern die Streuobstwiesen auch den Artenreichtum. Mit ihrer abwechslungs-reichen Fauna, der süßen Blütenvielfalt und viel Totholz bieten die natürlich wachsenden Wiesen allerlei Tieren Nistplätze und Nahrung – darunter Säugetiere wie junge Rehkitze, Vögel wie der Steinkauz oder Insekten wie die ohnehin bedrohte Biene. Metz weist auch auf die Fledermaus hin, die auf den Wiesen um den Hesselberg den Tag geschützt in den Asthöhlen verbringen kann, um sich nachts am reich gedeckten Insektentisch zu bedienen.

Zum verantwortungsvollen Wirtschaften gehört zudem ein fairer Ankaufspreis. „Seit Gründung unserer Initiative haben wir in jedem Jahr den Obstbaumbesitzern einen höheren Ankaufpreis als den ‚normalen‘ Marktpreis bieten können. Mit dieser Verlässlichkeit schaffen wir eine weitere Grundlage für den Erhalt für nachfolgende Generationen“, so Grießer. Und da die Initiierung regionaler Wirtschaftskreisläufe wesentlich zur Philosophie der allfra zählt, werden darüber hinaus auch Dienstleistungen wie Transportarbeiten, Werbe- und Druckaufträge an regionale Unternehmen vergeben. Um das wertvolle Wissen über das schwindende Kulturgut zu teilen und die gute Idee weiter nach außen zu transportieren, wird sogar jährlich das „hesselberger Obstblättla“ veröffentlicht – mit Berichten z.B. über Obstauflesen mit Schulen oder Kindergärten, Nachpflanzungen oder andere Pflegeaktionen im Obstgarten, die Nahrung für unsere Seele sein können.

Zwar nimmt die Vielfalt an Sorten in Bayern – man zählt heute noch bis zu 2.000 – nicht maßgeblich ab, die Anzahl an Streuobstbäumen dafür umso mehr. Gab es 1965 noch 20 Millionen, sind es heute nur noch fünf bis sechs Millionen Exemplare. Insgesamt zählen die wertvollen Kulturlandschaften zu den am stärksten gefährdeten Biotopen Mitteleuropas. Vielerorts stehen sie der maschinengerechten Bewirtschaftung oder etwa Bauvorhaben im Weg. Zudem sind sie aufwändig in der Pflege, und ihre Besitzer können sie oft nicht erhalten. Initiativen wie die allfra sind deshalb für die Fortführung der Jahrhunderte alten Obstbaukultur immens wichtig. „Jeder kann seinen Beitrag leisten, damit wieder eine Entwicklung nach oben stattfindet“, betont Norbert Metz. „Alle, die sich bewusst für den Konsum von Streuobst, in welcher Form auch immer, entscheiden, helfen aktiv mit.“

weitere Links zum Thema auf quell-online:

 

/https://www.quellonline.de/saftige-vielfalt/

 

 

15. Oktober 2021