Philosophie für Zwischendurch: über Außenseiter
Ralf Konersmann (* 18.2.1955) ist ein deutscher Philosoph und emeritierter Lehrstuhlinhaber am Philosophischen Seminar der Universität Kiel. In dem Buch „Außenseiter“, ein Essay, beschäftigt er sich mit der Funktion, Rolle und Geschichte des Außenseiters von der Antike bis zu den Querdenkern. Der Begriff „Außenseiter“ kommt ursprünglich aus dem Englischen, aus der Welt des Reitsports. „Outsider“ sind solche, die ohne Siegchancen ins Rennen gehen. Konersmann unterscheidet zwei Arten von Außenseitern: zum einen diejenigen, die zu Außenseitern gemacht werden, weil sie gewissen Vorgaben zum Beispiel im Beruf oder der Gesellschaft nicht entsprechen. In diesem Fall bestimmen die, die „drin“ sind, wer dazu gehört und wer nicht. Befördert wird nur, wer außer Leistung und Eignung noch andere Eigenschaften vorweisen kann. Die anderen werden zu Außenseitern gemacht und fühlen sich naturgemäß an den Rand gedrängt. In diesem Essay fokussiert sich Konersmann aber auf diejenigen Außenseiter, die sich selbst dazu machen und sich nicht dem Mainstream anpassen wollen. Dieses Außenseitertum ist freiwillig, steht für Unabhängigkeit und geistige Freiheit und wird zelebriert. Diese Außenseiter gehören zwar dazu, sie setzen sich aber durch ihr Anderssein derart in Szene, dass sie innerhalb ihrer sozialen Zugehörigkeit auffallen und dieses auch genießen. Dieser Außenseiter gilt als Reizfigur, die die Gesellschaft nervt und verunsichert, vor allem aber fasziniert, weil man selbst gerne so sein möchte, aber es nicht wagt. Der Außenseiter stellt das Normensystem in Frage, um einen rebellisch gefeierten Lebensstil zu zelebrieren. Als Beispiel hierfür nennt Konersmann den britischen Sänger und Songwriter David Bowie, der der Figur des gefeierten Außenseiters eine Gestalt gegeben hat. In dessen Bibliothek befand sich Camus Roman „L´Étranger“, der in der englischen Ausgabe „The Outsider“ heißt. Der Protagonist dieses Romans sei Bowie, nach eigenen Angaben, eine Inspirationsquelle gewesen.
In Jean-Jaques Rousseau sieht Konersmann den Ersten, der in seinen Bekenntnissen von 1872 das Dilemma moderner Gesellschaften formuliert: Einst vom Feuer der Aufklärung und Emanzipation ergriffen, erstickt dieser Funke in einem Regime der sozialen Anpassung. Für Konersmann ist Rousseau der Prototyp des modernen Außenseiters: Wenn die eigene Innenwelt sich den sozialen Erwartungen nicht fügen will oder kann, dann muss man dagegen aufbegehren. Mit Rousseau darf der Außenseiter von sich sagen: „Wenn ich nicht besser bin, so bin ich wenigstens anders.“
Als anderes Beispiel nennt Konersmann Raffaels Fresko „die Schule von Athen“, die auch auf dem Cover des Buches abgebildet ist. Raffael hat den Philosophen Diogenes, der unter den Philosophen auf Grund seiner Radikalität und Lebensweise auch ein Außenseiter ist, den Hauptfiguren Platon und Aristoteles derart demonstrativ in den Weg gelegt, dass er fast im Mittelpunkt dieses Freskos ist. Durch diese mittige Stellung wird gezeigt, dass er, obwohl Außenseiter, doch eingebunden und Teil des Ganzen ist. Die von Raffael geschaffene Anordnung zeigt den Außenstehenden in seinem Kreis, er ist ein Außenstehender und gehört doch dazu. Er zeigt das Porträt eines Philosophen, der auf seine Art die Meinungen und die damit verbundenen Weltbilder in Frage stellt.
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