Philosophie für Zwischendurch: Neuplatonismus

Der Neuplatonismus ist eine moderne Bezeichnung für die jüngste Schulrichtung im antiken Platonismus. Er entstand im 3. Jahrhundert nach Chr. Begründer war der Philosoph Plotin (205 bis 270), der in Rom eine Schule gegründet hatte. Von Rom breitete sich die Lehre im gesamten Römischen Reich aus und dominierte das philosophische Denken der Spätantike. Gleichzeitig wuchs der Einfluss des Christentums. Es blieb daher nicht aus, dass Christentum und Neuplatonismus sich begegneten. Die Neuplatoniker mussten sich mit dem erstarkenden Christentum auseinandersetzen. Manche waren mit der traditionellen griechisch-römischen Religion verbunden, andere tendierten zum Christentum. Die Neuplatoniker beriefen sich auf die Lehren Platons, da Platon als Einziger die Transzendenz des höchsten Prinzips, der Gottheit erkannt hat. Transzendenz bedeutet „jenseits der sinnlichen Wahrnehmung“ und auch heute spricht man noch vom „Gott im Himmel“.  Plotin führte, ebenfalls wie Platon, alle Phänomene und Vorgänge, also alle Veränderungen auf ein einziges immaterielles, das heißt, transzendentes Grundprinzip zurück, auf das, was Platon die höchste Idee oder die Gottheit nennt. Das Ziel seiner philosophischen Bemühungen bestand in der Annäherung an „das Eine“, dem Grundprinzip der gesamten Wirklichkeit, der höchsten Idee, bis hin zur Erfahrung der Vereinigung mit dem Einen, dem Eins werden mit dem höchsten Prinzip. Diese Eins werden ist nur durch eine konsequent ethisch philosophische Lebensführung, durch ein ständiges Hinterfragen des eigenen Verhaltens möglich. Diese konsequent ethische Lebensführung ist ein Kampf gegen das Böse, was im Neuplatonismus ein Kampf gegen die Leiblichkeit bedeutet. Auch beim Christentum kann beziehungsweise konnte man eine gewisse Leibfeindlichkeit feststellen, die ebenfalls auf dem platonischen Denen beruht. Die höchste Form des philosophischen Denkens besteht „in einer vollkommenen Versenkung in uns selbst, das heißt, in das Göttliche, das in uns ist. Sie führt über alles Denken und Bewusstsein hinaus zu einem Zustand des Eins-Seins mit Gott“. In der Religion ist dies der Mystik zugeordnet. Die Mystiker gelangen durch die Askese und Kontemplation zur inneren Schau, zur Vision Gottes.  Wie Platon unterscheiden auch die Neuplatoniker eine übergeordnete, rein geistige und eine untergeordnete, rein sinnlich wahrnehmbare Welt. In dieser übergeordneten, rein geistigen Welt entspricht „das Eine“ dem absoluten, überindividuellen Geist. Dieses „Eine“ wird auch als „das Einfachste“ bezeichnet. Das Einfachste kann von nichts anderem mehr hergeleitet oder auf nichts anderes mehr zurückgeführt werden. Das Einfachste ist die Ursache und der Ursprung aller Existenz. Es ist das Höchste, was es geben kann. Bei Platon wäre das die höchste Idee, der Gottesbegriff.  Sowohl das Christentum als auch der Neuplatonismus gehen von einer Gottheit aus. Bei beiden besteht die Möglichkeit, Gott durch Askese und Kontemplation zu schauen. Beim Christentum ist diese Möglichkeit allerdings nur den Mystikern vorenthalten. Sowohl Philosophie als auch Theologie glauben an die Unsterblichkeit der Seele. Diese Lehre wurde von der Alten Kirche von Platon übernommen, um eine Verbindung zwischen Philosophie und Theologie herzustellen. Zwischen dem Neuplatonismus und dem Christentum besteht somit eine innere Verwandtschaft, die dazu führte, dass das Christentum neuplatonisch-philosophisch interpretiert werden konnte, beziehungsweise. dass es neuplatonisch-philosophische Elemente adaptiert hat. Dadurch war es dem Christentum möglich, Zugang zu den Gebildeten der römischen Welt und zum Kaiser zu bekommen und man musste sich mit ihm auseinandersetzen. Aus diesem Grund fanden auf Veranlassung des Kaisers die ersten Konzile statt. Auch diese waren der Versuch, die klassische neuplatonische Philosophie mit dem Christentum zu verbinden. 

Buch-Tipp

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Helga Ranis

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