Es ist ein Problem. Es ist seit Jahren bekannt. Doch mit der Lösung tut sich Deutschland schwer.

Die Nitratbelastung in unserem Grundwasser ist zu hoch. Dies belegt der aktuelle Nitratbericht 2016 des Bundesumweltministeriums. Demnach weist fast ein Drittel der Messstellen zu hohe Nitratwerte auf. Die EU hat Deutschland deshalb Ende letzten Jahres verklagt. Nach Ansicht der Kommission hat Deutschland keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen, um das Problem der Nitratbelastung anzugehen. Das ist ein klarer Verstoß gegen die seit 1991 geltende EU-Nitratrichtlinie. Wird Deutschland verurteilt, droht eine Milliardenstrafe. Frankreich wurde wegen des Verstoßes gegen die Nitratrichtlinie bereits verurteilt. Es geht um eine Geldstrafe von bis zu drei Milliarden, gleiches dürfte auf Deutschland zukommen. Hauptverursacher für die zu hohe Nitratbelastung ist die Landwirtschaft. Nitrat entsteht, wenn Gülle und Mineraldünger auf die Felder aufgebracht wird. Werden die Flächen überdüngt, sickert Nitrat ins Grundwasser. Immer häufiger gelangt es von dort aus in die Trinkwasserbrunnen.

Negative Auswirkungen auf Mensch und Natur

Die Auswirkungen, die eine zu hohe Nitratbelastung hat, sind vielfältig. Nitrat selbst ist zwar relativ unbedenklich, aber Nitrit, das durch Nitrat im menschlichen Körper entsteht, birgt gesundheitliche Risiken. In der Natur führen zu hohe Nitratwerte zu einer Eutrophierung der Gewässer, mit den bekannten Folgen wie „Veralgen“ und dem Absterben von Gewässerlebewesen. Da über die Flüsse das nitrathaltige Wasser in die Meere gelangt, führen sie auch dort zur Algenblüte. Die Algen entziehen dem Wasser am Grund den Sauerstoff, höheres Leben ist nicht mehr möglich, sogenannte Todeszonen entstehen. Besonders in der Ostsee ist dies nachzuverfolgen, dort haben sich die Todeszonen stark ausgeweitet. Von circa 5.000 Quadratkilometern vor 110 Jahren sind sie auf mittlerweile 60.000 Quadratkilometer angewachsen.

Dreh- und Angelpunkt die Düngeverordnung

Im Zentrum der Nitratdiskussion steht die Düngeverordnung. Seit langem fordern Umwelt- und Naturschutzverbände schärfere Düngevorschriften und transparente Nährstoffströme („Hoftorbilanz“). Aber auch die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e.V. (AöW) fordert dringend strengere Dünge-Vorgaben für die Landwirtschaft. Diesen Bedarf sieht auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Ihrer Ansicht nach kommt uns die intensivierte Landwirtschaft immer wieder teuer zu stehen. Ist das Grundwasser zu stark mit Nitrat belastet, muss es für die Trinkwasserversorgung verdünnt oder das Nitrat technisch beseitigt werden. Das treibt die Wasserkosten für alle in die Höhe. Die im Jahr 2016 auf den Weg gebrachte Verschärfung der Düngeregelung muss ihrer Meinung nach jetzt zügig in Kraft gesetzt werden. Allein in Nordrhein-Westfalen kann aus rund 40 Prozent der Grundwasservorkommen ohne entsprechende Aufbereitung kein Trinkwasser mehr gewonnen werden. Vor diesem Hintergrund fordert nicht nur die AöW von den Akteuren in der Landwirtschaft, verstärkt Verantwortung für den Zustand der Gewässer zu übernehmen.

Positive Anreize für Landwirte

Tatsächlich gibt es immer mehr Akteure, die diese Verantwortung übernehmen und es gibt sie, die kleinen positiven Beispiele. In Bayern hat zum Beispiel die Bayerische Rieswasserversorgung schon vor fast 30 Jahren angefangen, das Problem anzugehen. Seitdem gibt es für die Landwirte Anreize, ihre Felder grundwasserschonend zu bewirtschaften. Fast alle Landwirte in den drei Wasserschutzgebieten Steinheim, Blindheim und Schwenningen nehmen inzwischen an dem Programm teil. Im Wasserschutzgebiet müssen die teilnehmenden Landwirte bestimmte Vorgaben bei Pflanzenschutzmitteln und Dünger einhalten. Die Kunst liegt darin, nur exakt so viel zu düngen, wie die Pflanze für ein gesundes Wachstum braucht. Entscheidend ist auch der richtige Zeitpunkt der Düngung.Bei dem Projekt der Rieswasserversorgung ist den Landwirten selbst vorbehalten, wie sie den Nitratwert niedrig halten. Ein wichtiger Anreiz sind Ausgleichzahlungen: Je niedriger der Nitratwert, desto höher die Ausgleichszahlung. Wer höhere Nitratwerte verursacht, bekommt weniger oder auch gar kein Geld. Ein weiteres Beispiel, ebenfalls aus dem bayerischenRaum, ist das Projekt „Wasserschutzbrot“. Im Rahmen dieses Projektes verzichten Landwirte in bestimmten Bereichen der Region um Würzburg beim Anbau ihres Backweizens bewusst auf die letzte Stickstoff-Gabe. Dadurch verringert sich das Risiko der Nitrat-Auswaschung in das in Unterfranken besonders leicht verwundbare Grundwasser. Bäckereien in der Region backen aus dem weniger gedüngten Weizen verschiedene Sorten schmackhaftes Wasserschutzbrot. Durch diese Initiative sollen die Verbraucher für das Thema „Trinkwasserschutz durch weniger Düngung“ sensibilisiert werden. Besonders positiv: Die Initiative wächst von Jahr zu Jahr. Die Liste ließe sich noch beliebig verlängern und trotzdem könnte man anführen, dies seien nur die berühmtenTropfen auf dem heißen Stein. Aber nur wenn bei den Akteuren und jedem Einzelnen von uns das Bewusstsein für diese Problematik wächst, kann es gelingen, unser Trinkwasser als Lebensmittel Nummer eins zu schützen.

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