Ich wollt, ich hätt´ein Huhn

Zwischen Romantik und Realität – Warum Hühner?

Hühner sind soziale, intelligente und liebenswerte Haustiere, sie sind pflegeleicht, robust und genügsam – es ist eigentlich erstaunlich, dass ihre Haltung im privaten Hausgarten so lange Zeit in Vergessenheit geraten ist.

Ihr Verschwinden aus dem Alltag ist nicht nur schade, sondern führt auch zum Verlust der bunten

Vielfalt unserer Hühnerrassen – konzentriert sich doch die moderne Landwirtschaft vornehmlich auf die Haltung von Hybridhühnern, produziert von wenigen Großkonzernen. Diese bringen zwar in kurzer Lebenszeit viel Ertrag, würden es aber selbst bei artgerechter Haltung kaum schaffen, sich über eine lange Lebensspanne gesund zu erhalten. Zudem vererben sie ihre Qualitätsmerkmale nicht weiter und müssen immer wieder beim Konzern nachgekauft werden.

Die traditionellen Haushühner können dagegen gut und gerne zehn Jahre gesund leben und jeder Halter kann seinen Nachwuchs selber ziehen. Je nach Sorte legen die Hennen jahrelang zwischen 120 und 250 Eier pro Jahr und Zweinutzungshühner taugen noch dazu zum Braten, so man das möchte.

Hühnerhaltung ist gar nicht schwer und muss auch nicht viel kosten. Sie können sich also das modische Hühnerhaus für 3.500 Euro mit allem Schnickschnack getrost sparen und Ihre Gartenhütte mit wenig Aufwand gemütlich ausbauen. Sitzstange mit Kotbrett, Nest, Futtertrog und Tränke sowie ein Sandbad im Freilauf genügen vollauf – wichtig ist eine gute Hygiene, Prophylaxe gegen Parasiten und dass die Behausung einbruchsicher ist gegen Räuber wie Marder, Fuchs und Waschbär. Fertig ist das Hühnerparadies.

Kniffliger ist die Auswahl der richtigen Rasse. Ein Fehler wäre, nur auf Optik und Legeleistung zu achten – wichtiger ist die Abstimmung der Charaktereigenschaften auf die Gegebenheiten, die Ihr Garten bietet. Für kleine Gärten eignen sich Rassen, die lieber zu Fuß gehen als zu fliegen. Guten Futtersuchern braucht man im Sommer nur wenig beifüttern, sofern sie genügend Auslauf haben. Andere sind besonders kälteunempfindlich und legen sogar im Winter weiter Eier. Manche zeichnen sich durch ausgeprägtes Brutverhalten und gute Gluckenführung der Küken aus, gut für die Zucht. Rassen mit wenig Bruttrieb eignen sich dagegen, wenn man dem Nachbarn zuliebe auf einen Hahn verzichten möchte.

Apropos, die Sache mit dem Hahn…

Bei der Frage, ob es für die Haltung glücklicher Hühner eines Hahnes bedarf, scheiden sich die Geister. Ein Hahn führt und schützt die Herde gegen Feinde, die Hennen fühlen sich sicher. Hühnerhaltung funktioniert jedoch auch ohne Hahn sehr gut und dies ist sicherlich in kleineren Gärten inmitten enger Wohnbebauung die bessere Wahl. Eier legen die Hennen trotzdem, diese bleiben unbefruchtet. Und einen Beitrag zur Erhaltung
gefährdeter Rassen kann man auch ohne Hahn leisten, denn auch die Nachfrage nach Hennen trägt zur Sicherung der Bestände bei.

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So gelingt die Hühnerhaltung

„Mancher gibt sich viele Müh`mit dem lieben Federvieh“,dichtete schon Wilhelm Busch.

Planung ist alles!

Hühner wollen täglich gut versorgt sein, auch im Winter und zu Urlaubszeiten. Stall, Freilauf, Futter und gegebenenfalls tierärztliche Versorgung müssen organisiert werden. Stimmen Sie Rasse und Anzahl der Tiere auf Garten und Bedürfnisse ab. Orientierung bietet der europäische Rassegeflügel-Standard mit etwa 180 hiesig anerkannten Hühnerrassen sowie die Liste der heimischen Hühnerrassen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (tgrdeu.genres.de/nutztiere/liste-tierarten). Angeboten werden Hühner von privaten Züchtern, Vereinen oder auf dem Markt (in Hessen auf dem Alteburger Markt in Heftrich bei Idstein). Eine schöne Initiative bietet auch der Verein „Rettet das Huhn e. V.“, bei dem man ausgediente Legehennen bekommt, denen man einen schönen Ruhestand schenken kann. www.rettet-das-huhn.de

Machen Sie ihren Garten hühnersicher!

Hühner sind Gemüseliebhaber und auch Blumenrabatten sollten im Sommer außerhalb ihrer Reichweite liegen. Im Winter profitieren die abgeräumten Beete jedoch vom Besuch der Herde, die die Flächen von Schädlingen und Schnecken befreit und für die nächste Saison gut düngt. Stauden müssen auch im Winter vor den Hühnern geschützt werden und auch die Hühner brauchen Schutz vor Raubtieren, Habicht und Nachbars Katze.

Hühnerhaltung muss verpflichtend bei der Tierseuchenkasse und gegebenenfalls beim Veterinäramt des jeweiligen Bundeslandes angemeldet werden. Das Onlineformular ist schnell ausgefüllt, die Anzahl der Tiere wird jährlich neu angegeben, die Beiträge sind für Hobbyhalter sehr gering (Beispiel Hessen 2023:
10 EUR für den Bestand plus 0,05 EUR je Legehuhn bzw. 0,015 EUR pro Masthuhn).

Hühner unterliegen der Impfpflicht. Alle 6 Wochen steht die Impfung gegen die Newcastle Krankheit (atypische Hühnerpest) an. Da es sich hierbei um einen Lebendimpfstoff handelt, der nach dem Anrühren nur sehr kurz haltbar ist, bedarf dies einiger Aufmerksamkeit. Wollen Sie nicht dauernd zum Tierarzt, dann empfiehlt sich der Beitritt zum örtlichen Kleintierzuchtverein – auch, wenn Sie am Vereinsleben nicht aktiv teilnehmen möchten. In der Regel sind die Beiträge gering (meist um die 10 bis 50 Euro jährlich) und enthalten bereits Planung und Kosten für die Impfungen. Den Hühnern wird über Nacht die Tränke entzogen, dann wird früh morgens der Impfstoff beim Verein geholt und ins Wasser gemischt. So ist sichergestellt, dass die durstigen Hühner auch wirklich alle den Impfstoff aufnehmen. Verschiedene andere Impfungen werden je nach Haltungsbedingungen zudem empfohlen, hier berät der Tierarzt. 

Wichtig ist, die aktuellen amtlichen Bestimmungen zu Verfolgen. So kann bei einer Gefahrenlage wie dem Ausbruch der Geflügelpest (Vogelgrippe) eine Stallpflicht ausgerufen werden, der im Sinne des Schutzes der eigenen Tiere und der Verhinderung von Verbreitung der Seuche unbedingt Folge zu leisten ist. Ist die Gefahr vorüber, wird entwarnt und Ihre Hühner können wieder frei im Garten flanieren.

Die Rote Liste der Haustiere weist 25 gefährdete Hühnerrassen auf, 12 davon sind sogar extrem gefährdet. Sie möchten einen Beitrag zur Erhaltung leisten? Die Internetseite der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e. V. bietet Informationen. Künftige Generationen, denen wir die Vielfalt unserer Haustiere erhalten, werden es danken! www.g-e-h.de

die Autorin:  Anna Gladis ist Dipl. Geographin und betätigt sich als Naturparkführerin im Naturpark Taunus. In ihrem Garten im Taunus hält sie seit vielen Jahren Hühner und hat dabei eine Menge Erfahrungswissen gesammelt.