„Wer zur Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen“ formulierte schon Hermann Hesse. Und das tun immer mehr Menschen auf unterschiedliche Weise: per Fahrrad oder per Pedes machen sie sich auf, um sich ein Bild von den Ursprüngen ihrer Flüsse zu machen.
Dem Ursprung entgegen: Es ist noch gar nicht lange her, dass Flüsse hierzulande ein Schattendasein im Bewusstsein der Bevölkerung führten. Denn Flüsse waren noch vor wenigen Jahrzehnten oftmals übelriechende, in Beton eingezwängte Wasserwege, die man gerade einmal wahrnahm, wenn man über eine Autobahnbrücke fuhr oder wenn Hochwasser drohte. Diese Wahrnehmung hat sich in den vergangenen zwanzig, dreißig Jahren ins Gegenteil verkehrt. Seitdem Flüsse von Seiten der Stadt- und Landesplaner wieder als Lebensadern von Regionen angesehen werden und Flüsse wieder so sauber geworden sind, dass sogar Wildfische wie Lachse zurückkehren, seither ändert sich auch wieder die Wahrnehmung und Wertschätzung von Seiten der Anwohner. Flüsse werden als Naherholungsgebiet oder als Weitwanderweg in die Freizeitplanung mit einbezogen und immer mehr Menschen folgen im Urlaub dem Lauf von Flüssen – manchmal bis hin zur Quelle. Anleitung bei diesem Freizeitvergnügen gibt es mittlerweile zu hauf. So beschreibt beispielsweise der Führer „Lahntal-Radweg – von der Quelle zum Rhein“ eine knapp 245 Kilometer lange Radroute, die bei der Quelle im Rothaargebirge beginnt und über weitgehend verkehrsarme Straßen bis hin zur Mündung in Lahnstein am Rhein führt. Als einer der ersten Radwege in Deutschland wurde der Lahntal-Radweg vom ADFC, dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub, mit vier Sternen ausgezeichnet. Bewertet wurden dabei von den Routeninspektoren Kriterien wie die Qualität der Befahrbarkeit, Sicherheit, Wegweisung oder die Qualität der Unterkünfte und Gastronomie und die Erreichbarkeit mit der Bahn. Tatsächlich lässt sich die Quelle der Lahn über die Bahnhöfe Feudingen, Rudersdorf oder Lützel bis auf wenige Kilometer leicht erreichen.
Anders sieht es bei Quellen aus, die in den Alpen entspringen. Die Isar-Quelle im Karwendel beispielsweise ist nur über eine mehrstündige Wanderung zugänglich. Und auch die Rhein-Quelle will sich nur langsam den Blicken öffnen. Die etwa dreistündige Wanderung vom Oberalppass bietet als Ausgleich für die körperliche Betätigung atemberaubende Ausblicke auf die Bündner Alpen.
Gleichgültig ob mit dem Fahrrad angefahren oder erwandert: die Quellen der Flüsse sind oftmals magische Orte mit einer besonderen Ausstrahlung, die Geist und Seele gleichermaßen erfrischt. An diesen Orten lässt es sich gut verweilen und die Gedanken beginnen zu fließen. Und nicht zuletzt sind Quellen der sichtbare Beweis dafür, dass auch der imposanteste Strom aus kleinen Rinnsalen entsteht, die sich zu einem großen Ganzen vereinen.
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