Nachhaltigkeit beim Wort nehmen

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ hat das Zeug, zum Unwort des Jahres zu werden. Zu diffus, manipulativ, unbelegt wird es benutzt, zu unreflektiert wird es für bare Münze genommen. In Anbetracht der inflationären Verwendung des Wortes „Nachhaltigkeit“ macht es daher Sinn, bei jeder Verhaltens- und Konsumentscheidung bis hin zur Geldanlage bewusst den Dreiklang von Ökonomie, Ökologie und Sozialem als Maßstab zu nehmen. So lässt sich dem als „nachhaltig“ Angepriesenen auf den Zahn fühlen. Das Beispiel von Gold als Geldanlage zeigt, wie komplex und vieldimensional der Anspruch von Nachhaltigkeit ist. 

Nachhaltigkeit – drei Säulen im Gleichgewicht

Langfristiger ökonomischer Erfolg ist nur in einem stabilen sozialen Umfeld möglich. Ohne die Beachtung der ökologischen Dimensionen gibt es keine stabilen sozialen Systeme, die wiederum Bedingung dafür sind, dass unternehmerischer Erfolg und langfristige Wertentwicklung gesichert sind. Das Modell der „drei Säulen der Nachhaltigkeit“, zielt auf die Balance von Ökologie, Ökonomie und Sozialem ab.

Beispiel: Gold als Wertanlage

Am Beispiel von Gold als Wertanlage lässt sich die Komplexität der Sicherstellung von Nachhaltigkeit gut veranschaulichen: Stellt man die Nachhaltigkeit von Gold als Wertanlage unter ökonomischen Aspekten auf den Prüfstand, so ist das Edelmetall immer seinem Ruf gerecht geworden, wertbeständig zu sein, verglichen mit dem Wert anderer Konsumprodukte. Als Argument für die Wertbeständigkeit wird dabei auch die Endlichkeit der Ressource als Argument herangezogen. Doch wie ist die Wertanlage in einen nicht nachwachsenden Rohstoff unter ökologischen und sozialen Aspekten zu bewerten? Inwieweit kann vermieden werden, dass durch seinen Abbau kein Schaden für kommende Generationen entsteht? 

„Greenwashing“ oder „Gutes“ Gold ?

Menschen, die den Abbau von neuem Gold in Frage stellen, stoßen bei ihrer Recherche auf Angebote von „Recycling-Gold“ oder „Minenfreiem Gold“. Der Begriff „Minenfreies Gold“ hört sich im ersten Moment attraktiv an, ist aber auch irreführend: „Minenfrei“ kann allenfalls an der Oberfläche oder in Flussbetten gefundenes Gold sein. Diese Mengen sind im Vergleich zum weltweiten Goldbedarf verschwindend gering und werden in der Regel nur im Schmuckbereich angeboten. Auch Recycling-Gold wurde irgendwann der Natur entnommen.

Auch wird mit dem Begriff „Recycling-Gold“ noch in perfiderer Weise Greenwashing betrieben: So wird Gold aus Minen in Konfliktgebieten in Rohrformen gegossen, aus denen sich einfache Ringe schneiden lassen. In dieser Form können die „Schmuckstücke“ dann quasi in den Recycling-Gold-Kreislauf eingeschleust werden. Grundsätzlich ist das Prinzip, bereits im Umlauf befindliches Gold – beispielsweise aus Goldschmuck oder aus Gold, das in der Industrie verbaut war – als Wertanlage wieder anzubieten, ein sehr gutes Konzept. Aber Recycling-Gold deckt gerade mal 25 Prozent der stetig wachsenden weltweiten Nachfrage ab.

Ökologische und soziale Aspekte

Solange die Nachfrage an Gold so hoch bleibt., geht also kein Weg am Goldabbau vorbei. In den Abbaugebieten geht es leider nur darum, Schäden und Risiken für Mensch und Natur so gering wie möglich zu halten, verhindert werden können diese nicht. Trotz der Mindeststandards, die inzwischen von allen Minen eingehalten werden müssen, bleibt die Herausforderung, dass für ein Kilo Gold etwa 1.000 Tonnen Stein bewegt werden müssen und für das Trennen von Gestein und Gold bedarf es Quecksilber. Chemikalien schaden Flora, Fauna, Gewässern und der menschlichen Gesundheit im großen Umkreis des Abbaugebietes. Negative ökologische Auswirkungen sind dabei unmittelbar mit negativen sozialen Folgen verwoben. 

In diesem Kontext kann „Nachhaltigkeit“ also nur bedeuten, für Mensch und Natur während der Zeit des Abbaus bestmöglich zu sorgen und für die Zeit danach neue Perspektiven zu eröffnen. Dazu gehört beispielsweise – nach wie vor nicht selbstverständlich! – Schutzkleidung, faire Bezahlung, Schutz vor Kinderarbeit und chemiefreie Abbaumethoden. Um nach der Abbauphase wieder Landwirtschaft und Viehzucht betreiben zu können, muss die Muttererde vor dem Beginn des Abbaus sorgfältig abgetragen und für später gesichert werden, was auch noch nicht konsequent praktiziert wird. Wie kann man also guten Gewissens von einer „Nachhaltigen Goldanlage“ sprechen, wenn die Herkunft des Goldes nicht zumindest aus einer sozial und ökologisch arbeitenden Mine gesichert ist?

Siegel verstehen

Wirklich faires Investmentgold ist noch ein absolutes Nischenprodukt. Es existiert zwar eine Vielzahl an Zertifikaten von Organisationen wie der EU, der Uno oder der OECD und der Goldindustrie. Aber „Fairtrade“-Gold,  „Fairmined Gold“ und „Fairmined Eco Gold“ gelten derzeit als die Siegel, die ihren Lieferanten die höchsten Ansprüche an Nachhaltigkeit ermöglichen: Es handelt sich um Gold aus kleinen Bergbau-Minen, die wegen ihrer sozialen und ökologischen Aspekte mehr gefördert werden sollten. Weil diese nachhaltigen Minen genug Gewinne erzielen müssen, um in Gesundheits- und Umweltschutz und Perspektiven nach dem Abbau zu investieren, hat das gute Gewissen auch bei Gold seinen Preis. „Fairmined“ zertifiziertes Gold, also Gold aus fair handelnden Minen, liegt preislich ungefähr 20 Prozent über dem Goldpreis. An diesem Beispiel lässt sich eindrücklich die Verantwortung des Verbrauchers erkennen: Wahre Nachhaltigkeit im Sinne des Dreiklangs von Ökologie, Ökonomie und Sozialem gibt es nicht zum Nulltarif.

Die Non-Profit Organisation EarthWorks setzt sich für verantwortungsvollen Bergbau – unter sozialen wie auch unter Naturschutzaspekten – ein. www.nodirtygold.org

Gold aus umwelt- und sozial-bewusst agierenden – fair-mined – Minen kann man unter dieser Adresse beziehen: www.fairever.gold/de/

 

Bild: Goldabbau ist mühsam und gefährdet die Gesundheit.

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