Von Wasser-Junkies und fehlendem Regen

In weiten Teilen Deutschlands war das Frühjahr 2023 verregnet. Den Jungpflanzen auf der Fensterbank oder im Gewächshaus fehlte Sonne; sie kümmerten vor sich hin. Doch des einen Leid ist des
anderen Freud: Flüsse, Seen und Wälder begannen sich zu erholen. Endlich konnten sie auftanken! Das tat gut nach den langen Dürresommern der letzten Jahre. Bereits Mitte Mai wiederholte sich aber das bekannte Spiel: Es hörte auf zu regnen. Zumindest bei uns in Süddeutschland. Nun brannte die Sonne erbarmungslos vom Himmel. Das Gras im Garten trocknete aus, die liebevoll aufgezogenen Pflänzchen ließen ihre Köpfe hängen. Wer sie nicht verlieren wollte, begann, Gießkannen mit Wasser herbeizuschleppen, oder gleich den Schlauch zu bemühen. Indes, ist das noch der
richtige Weg in Zeiten von Dürre und Wasserknappheit? Und falls nein – welche anderen
Möglichkeiten gibt es?

 Im Herbst: Planen und Einsetzen

Nach dem Sommer ist vor dem Sommer. Der Herbst ist die beste Zeit, um die vergangene Saison Revue passieren zu lassen und fürs kommende Jahr zu
planen. Was hat auf Garten, Balkon und Terrasse gut funktioniert, was nicht? Welche Pflanzen haben sich als robust erwiesen, welche sind empfindliche Diven? „Im Garten der Zukunft wachsen anspruchslose Pflanzen, die mit Trockenheit bestens zurechtkommen und an das veränderte Klima angepasst sind“, konstatiert die Autorin und Landschaftsarchitektin Simone Kern in ihrem Buch „Trockenhelden“. Nutzen Sie deshalb den Herbst und die bevorstehende Winterfeuchte, um „zukunftsfitte“ Stauden,
Gehölze und Zwiebeln zu pflanzen.

Pflanzenkauf mit Augenmaß

Doch auf welche Pflanzen trifft die Eigenschaft „zukunftsfit“ zu? Vor allem ihre Herkunft spielt dabei eine entscheidende Rolle. Kennen Sie Supermarkt-Basilikum, das mit Kunstlicht und Dauerbewässerung aufgezogen wurde? Das sofort eingeht, wenn es mal zwei Tage kein Wasser erhalten hat? Auf diese Weise „verwöhnte“, ja sogar abhängig gemachte Geschöpfe haben nie gelernt, sich gegen Widerstände durchzusetzen. Sobald Pflanzen überversorgt aufwachsen, bilden sie keine tiefen Wurzeln. Kunstlicht und -dünger kreieren üppiges, aber instabiles Wachstum. Pflanzen von ökologisch arbeitenden Anbietern hingegen scheinen vielleicht auf den
ersten Blick kleiner oder sogar weniger attraktiv zu sein. Sie wachsen aber besser an und können sich in der Regel dauerhaft gesund etablieren.

Der passende Standort

Eine Sumpfdotterblume kann nicht auf Sand ge-
deihen. Oder anders ausgedrückt: Bodenqualität und Lichtverhältnisse entscheiden darüber, ob eine Pflanze sich an einem bestimmten Standort wohlfühlt oder zum Pflegefall mutiert. „Casten“ Sie die-
jenigen Kandidaten, die am besten für Ihre Region geeignet sind. Bieten Sie Blumen, Stauden und
Kräutern auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Erde und Nährstoffe an. Schlagen Sie nach, welche Lichtverhältnisse Ihre Wunschpflanzen benötigen.
Übrigens: Enge Töpfe und Kübel sind für die we-nigsten Gewächse eine gute Umgebung. Je mehr Platz und Erde sie zur Verfügung haben, desto
besser. Wählen Sie für Balkon und Terrasse also die größten Behälter, die Sie unterbringen können.

Pflanzenerziehung: Wurzelwachstum fördern

Der Österreicher Thomas Seidel baut auf seinem Hanggrundstück am Mondsee unter anderem 250 Sorten Tomaten und über 140 Sorten Paprika und Chili an. Seine Methode ist gleichermaßen konsequent wie erfolgreich: „Pflanzen im Freiland gieße ich gar nicht, Pflanzen in Töpfen so wenig wie möglich“, erklärt er seinen Zuschauern auf dem Youtube-Kanal „Der Tomatenflüsterer“. Seidels Ansicht nach darf man die Pflanzen nicht verwöhnen, zumal sie von Natur aus mit haarigen Stängeln und Blättern gut auf Hitze und Trockenheit eingestellt sind. „Je weniger Wasser sie von oben bekommen, desto tiefer graben sich ihre Wurzeln in den Boden und desto besser können sie sich aus tiefen Schichten selbst versorgen.“ Er empfiehlt sogar, bereits Jungpflanzen an wenig Wasser zu gewöhnen und sie erst wieder zu gießen, wenn ihre Blätter leicht hängen.

Gehackt und gemulcht

„Einmal hacken spart dreimal gießen“, besagt eine alte Gärtnerregel. Lockere Erde kann Wasser viel besser aufnehmen als eine verkrustete Scholle. Wer dazu noch eine Mulchschicht aufbringt, hält wertvolle Feuchtigkeit länger im Boden. Unter „Mulchen“ versteht man das Bedecken des Bodens mit organischen Materialien wie Heu, Stroh oder Laub. Auch naturbelassene Schafwolle eignet sich zum Mulchen. Obendrein dient das sich langsam zersetzende Material als Dünger. Im Grunde handelt es sich beim Mulchen um eine Art der Flächenkompostierung, die natürliche Kreisläufe nachahmt. Mulchen schützt nackte Erde und fördert das Bodenleben.

Richtig gießen: seltener, dafür durchdringend

Häufiges, oberflächliches Bewässern durchfeuchtet leider nur die ersten Bodenschichten. Das Wasser dringt in diesem Fall gar nicht bis an die Wurzeln durch. Deshalb ist es wichtig, seltener, aber dafür durchdringend zu gießen – vor allem im Garten. Die Pflanzen wachsen dann dem Wasser hinterher und bilden lange, starke Wurzeln. Ein Gießrand hält das Wasser an Ort und Stelle und sorgt dafür, dass es nicht an der Oberfläche davonfließt. Pflanzen in Töpfen müssen Sie häufiger gießen, weil der Platz für ihr Wurzelwachstum begrenzt ist. Ein Feuchtigkeitsmesser mit langem Stab kann dabei helfen, die richtige Wassermenge herauszufinden. Bei Hitze empfiehlt es sich, nur frühmorgens oder abends zu gießen, um Verdunstung und mögliche Verbrennungen durch Wassertropfen kleinzuhalten.

Maßvoll mähen

Ist Ihnen schonmal aufgefallen, dass kurzer Rasen im Sommer meist austrocknet und unansehnlich braun wird? Sparen Sie sich doch einfach die Mühe und lassen Sie eine Wiese stehen! Die längeren Halme schützen vor Austrocknung und Bodenerosion. Zudem bieten sie Tieren sowohl Nahrung als auch Verstecke. Überhaupt scheint eine gelassene Haltung gegenüber „Unordnung“ im Garten ihn viel
resistenter gegen Klimakapriolen zu machen. Und das ist doch eine gute Nachricht, oder? Zumindest im Garten wird Faulheit belohnt! QC69W02

Die Autorin: Elisabeth Menzel
studierte Medien- und Kommunikationswirtschaft in Ravensburg. Ihr Volontariat und erste Jahre als Redakteurin verbrachte sie beim Südwestrundfunk (SWR). Es folgten Stationen als Print-Redakteurin und Pressesprecherin. Inzwischen arbeitet sie als freie Journalistin und schreibt am liebsten über gesunde Ernährung, Umweltschutz, Nachhaltigkeit und biologische Landwirtschaft.