Recht auf Reparatur

Lange Zeit war Reparieren uncool. Es lohnte sich nicht, die Reparaturkosten waren oft zu hoch und Ersatzteile nur schwer zu bekommen. Bei vielen Produkten wie Handys, Laptops und Tablets sind selbst einfache Reparaturen gar nicht mehr möglich. Das Resultat ist eine Wegwerfgesellschaft, die Ressourcen verschwendet und das Klima schädigt. Doch ganz langsam findet ein Umdenken statt. Impulse kommen auch von der EU. Von Claudia Schwarzmaier.

Die Zielsetzung der aktualisierten EU-Ökodesign-Richtlinie ist ganz klar: reparieren statt wegwerfen. Bisher waren die Hersteller von Elektrogeräten nicht verpflichtet, Ersatzteile und Informationen für die Reparatur bereitzustellen. Nun müssen die Hersteller von Waschmaschinen, Kühlschränken, Fernseher und anderer Geräte Ersatzteile für eine Dauer von mindestens sieben Jahren liefern können und das binnen zwei Wochen. Außerdem sollen die Produkte nun so gestaltet werden, dass sie mit einfachen Werkzeugen repariert werden können. Zusätzlich müssen die Hersteller Informationen liefern, die zum Reparieren wichtig sind.  Damit ist ein wichtiger Schritt für ein „Recht auf Reparatur“ erreicht. Doch um Elektroschrott grundsätzlich zu vermeiden und Produkten ein längeres Leben zu ermöglichen, sind noch weitere Maßnahmen notwendig. So sollte die EU-Richtlinie auf alle Elektro- und Elektronikgeräte ausgeweitet werden, bislang sind nur spezielle Produktgruppen erfasst. Hilfreich wären auch faire und angemessene Bedingungen für alle Reparateure, wie unter anderem von der Petition „Schraube locker!?“ gefordert. Freie Reparaturbetriebe, qualifizierte Repair-Cafés und Eigenreparateure sollten gleichberechtigt wie die Kundendienste der Hersteller Zugang zu Ersatzteilen und Informationen haben.

Elektroschrott ­- ein wachsendes Problem     

Warum es so wichtig ist, wieder zu längeren Laufzeiten bei Elektro-und Elektronikprodukten zu kommen, zeigen folgende Zahlen: Laut einem UN-Bericht wächst der Berg an Elektroschrott weltweit. Allein 2019 kamen knapp 54 Millionen Tonnen dazu, das entspricht dem Gewicht von 350 Kreuzfahrtschiffen. Und es wird immer mehr. Die Prognose für 2030 liegt bei 74 Millionen Tonnen. Weltweit werden aber nur 17,4 Prozent der ausrangierten Elektrogeräte recycelt. Dabei enthalten die Geräte nicht nur wertvolle Rohstoffe wie etwa Gold, Silber und Kupfer, sondern oft auch gefährliche oder giftige Stoffe, die der Umwelt schaden und unsere Gesundheit schädigen. Aber auch in Bezug auf den Klimawandel spielt der Elektroschrott, neudeutsch „E-Waste“ eine beachtliche Rolle. Gemäß dem „Globalen E-Waste-Monitor 2020“ haben allein die in 2019 weggeworfenen Kühlschränke und Klimaanlagen fast 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente ausgestoßen. Ein anschauliches Beispiel liefert auch der Umweltverband BUND. Nach Zahlen des Bunds für Umwelt und Naturschutz würde eine Verlängerung der Lebensdauer von Waschmaschinen um nur fünf Jahre der EU so viele Emissionen ersparen, wie eine halbe Million Autos von der Straße zu nehmen.

Reparieren macht glücklich

 Das „Recht auf Reparatur“ kann man sich aber jetzt schon gönnen, unabhängig von Verordnungen und Vorgaben. Denn es muss nicht gleich ein kompliziertes Gerät sein, es kann auch einfach der abgebrochene Henkel an einer Tasse sein, oder die Tischplatte, die eine Auffrischung benötigt. Nach Ansicht von Wolfgang M. Heckl, Generaldirektor des Deutschen Museums in München, schont Tüfteln nicht nur die Umwelt, sondern macht auch sehr viel Spaß. Gerade in Zeiten wie diesen, wo man mehr zu Hause ist als sonst, entdeckt man, mit wie vielen defekten Dingen man lebt.  Vieles lässt sich schon mit einer kleinen Reparatur richten und das gibt einem auch das gute Gefühl, das Leben im Griff zu haben. Und Unterstützung kann man sich nicht nur bei Familienangehörigen, Freunden oder Nachbarn holen, sondern auch in einem der vielen Repair-Cafés. Einen guten Überblick, wo sich eines befindet, bietet die Website www.reparatur-initiativen.de. Eine weitere  Möglichkeit sind Tutorials im Internet. Auf der Plattform iFixit gibt es beispielsweise fast 70.000 kostenlose Reparaturanleitungen, die von einer globalen Community aus Tüftlern und Selbermachern erstellt wurden. Also ran an den Schraubenzieher, den Kleber oder was man immer auch benötigt, probieren Sie das Reparieren selbst aus.

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17. Dezember 2021