Essen in Ruhe genießen

Sich Zeit zum Essen zu nehmen – dieses Prinzip gehört nicht ohne Grund zu den wichtigsten Ernährungsregeln. Denn die Muse bei der Nahrungsaufnahme steigert nicht nur den Genuss, sondern auch das Wohlbefinden  – ganz unabhängig davon, wann und was wir essen. Das gelingt am besten, wenn wir uns in entspannter Gesellschaft mit Gaumenfreuden verwöhnen.

Wieder richtig essen lernen – das klingt komisch, wo wir doch alle „routiniert“ darin sind, uns etwas zu essen zu kaufen, zu bestellen, zuzubereiten und dann zu uns zu nehmen. Unterwegs  beobachten wir oft Menschen, die hastig etwas in sich hineinschlingen oder erinnern uns an eigene Heißhunger-Attacken zuhause. Gerade wenn es stressig ist oder war, können wir uns bisweilen nicht bremsen. Doch damit ist im wahrsten Sinne nichts gewonnen. Denn wir lassen dabei außer Acht, dass die Aufnahme von Nahrung, auch Assimilation genannt, ein komplexer Vorgang ist.

Und das fängt schon lange vorher an, bevor der Speisebrei im Magen ankommt und von dort weiter in der sogenannten „gastrischen Phase“ verdaut wird: Die sogenannte „cephalische Phase der Verdauung“ beginnt bereits damit, dass wir darüber nachdenken, was wir essen möchten, uns Konsistenz, Geschmack und Inhaltsstoffe (z.B. Lust auf etwas Fettes, auf Kohlenhydrate oder auf Proteine) vorstellen, das Essen betrachten, daran riechen, es auf der Zunge schmecken. Mit dem gründlichen Kauen leiten wir den Verdauungsvorgang bereits schon einmal ein. Das bedeutet, damit wird zum einen sowohl die Sekretion der Speicheldrüsen des Magens, des Dünndarms, der Bauchspeicheldrüse und der Galle angeregt werden und dadurch schlussendlich auch die koordinierten Bewegungen des Magen-Darm-Trakts in Gang gesetzt werden.

Dafür, dass dieser Prozess der Nahrungsaufnahme gut funktioniert,  sind also eine ganze Reihe von Voraussetzungen notwendig: Im Gegensatz zum „Jagen“ nach Nahrung (im konkreten Sinne oder auch im Übertragenen beim „Brötchen verdienen“), wo wir ein hohes Level an Dopamin benötigen, ist Essen selbst etwas Rezeptives und da sollte also unser Serotonin-System aktiv werden. Während dem Essen sollten wir daher Stressauslöser aller Art meiden. Idealerweise lassen wir uns vor dem Essen etwas Zeit, um präsent und dankbar sein zu können. Ein schön gedeckter Tisch, ein hübsch angerichteter Teller geben dem Gehirn Zeit, sich auf das Essen einzustimmen. Wichtig ist eine entspannte Umgebung, das schließt auch die Gesellschaft ein, in der wir essen, und die Tischgespräche, die wir führen. Wenn das Essen verteilt ist, „rennt“ es uns ganz sicher nicht mehr davon, das heißt, wir können ganz ohne Zeitdruck essen und uns zum Genießen und Kauen alle Zeit nehmen. Weil auch Elektrosmog ein Stressauslöser ist, der uns ständig leistungsbereit macht, sollten Handys am Tisch nichts zu suchen haben.

Gründlich kaut und bewusst genießen, kann uns davor schätzen. dass uns kein Essen mehr auf den Magen schlägt und in diesem Sinne lässt sich jedes Festmahl im wahrsten Sinne ohne Reue gut verdauen.

©Fotos: Monika Frei-Herrmann