Die seelische Dimension einer Erkrankung und ihre Heilung

Krankheit als Sprache der Seele

Die US-amerikanische Erfolgsautorin und spirituelle Lehrerin Louise Hay erkannte als eine der ersten die tiefe Bedeutung von Krankheitssymptomen. Für sie sind diese als Sprache der Seele und als Aufruf zu ihrer Weiterentwicklung zu verstehen. Bekannt geworden ist Frau Hay vor allem durch ihr Standardwerk „Gesundheit für Körper und Seele“. Darin ist eine lange Liste von Leiden und Krankheitssymptomen zu finden, denen nach Überzeugung von Frau Hay jeweils ein „wahrscheinlicher Grund“ auf der Seelenebene zugeordnet werden kann. Gleichzeitig schlägt sie zu jedem dieser genannten Symptome ein neues, heilendes mentales Gedankenmuster vor. Nachfolgend vier Beispiele aus dieser Liste:

Zur „Angst“ heißt es: „Kein Vertrauen in den Fluss und Fortgang des Lebens.“ Als neues Gedankenmuster empfiehlt Frau Hay: „Ich liebe und akzeptiere mich und traue dem Prozess des Lebens. Ich bin in Sicherheit.“

Zu hohem Blutdruck heißt es: „Lange bestehendes, ungelöstes emotionales Problem.“ Das neue Gedankenmuster dazu lautet dann: „Freudig lasse ich die Vergangenheit hinter mir. Ich bin im Frieden.“

Zu Krebs sagt Frau Hay: „Tiefe Verletzung. Lange bestehender Groll. Tiefes Geheimnis oder Trauer, die am Selbst nagen. Trägt Hass in sich. Empfindet Sinnlosigkeit.“ Das heilsame neue Gedankenmuster wird so formuliert: „Liebevoll vergebe und löse ich alles Vergangene. Ich beschließe, meine Welt mit Freude zu füllen. Ich liebe und akzeptiere mich.“

Die Ursachen von Lungenproblemen schließlich sieht Frau Hay wie folgt: Depression. Trauer. Angst, Leben aufzunehmen. Fühlt sich nicht wert, ganz zu leben.“ Das neue Gedankenmuster lautet dazu: „Ich vermag die Fülle des Lebens in mich aufzunehmen. In Liebe lebe ich die Fülle des Lebens.“

Nach Louise Hays Überzeugung ist jeder Mensch wunderbar und heilbar, wenn er sich selbst annimmt und die Schönheit seiner Existenz erkennt. Krankheit ist für sie nichts anderes als der Verlust der inneren Harmonie und des Vertrauens in unser Göttliches Selbst. Entscheidend für unsere Heilung ist es, dass wir uns aus der Vorstellung verabschieden, Opfer – etwa der Eltern – zu sein und die Verantwortung für uns und unser Wohlergehen zu hundert Prozent selbst übernehmen. Genau damit lassen wir unsere Vergangenheit mit all ihren krank machenden Strukturen, Mustern und Einstellungen los.

Eine solche (neue) Haltung gibt uns die Möglichkeit, frei zu werden und zu dem Göttlichen Selbst in uns vorzudringen. So gesehen kann man in einer Erkrankung oder in einem hartnäckigen Symptom sogar die Möglichkeit, den Impuls und den inneren Auftrag erkennen, endlich tiefer über sich selbst nachzudenken: über den Sinn, den wir in diesem Leben erfüllen sollen; darüber, was wirklich wichtig im Leben ist; über die Beantwortung der grundlegenden Fragen „Wo komme ich her?“ und „Wo gehe ich hin?“, sowie über den göttlichen Ursprung unserer Existenz. Vor diesem Hintergrund kann eine Erkrankung dazu dienen, aufzuwachen, spirituell zu erwachen, sich über den Sinn dieser Jetzt-Inkarnation tiefer bewusst zu werden und sein Leben grundlegend zu verändern.

Das folgende Beispiel von Jakob zeigt exemplarisch auf, wie hintersinnig eine Verletzung sein kann und wie sie ihn offensichtlich auf das eigentliche seelische Thema hinstoßen wollte, das bei ihm gerade aktuell war. Hören wir nachfolgend seinen Bericht.

Jakob (42 Jahre, Name geändert): „Wer nicht hören will, muss fühlen!“

„Schon ganz früh in meinem Leben muss ich eine ‚Herzmauer‘ gebildet haben; denn die Erfahrungen mit meinen Eltern in der Kindheit, vor allem die ablehnende Haltung meiner Mutter mir gegenüber schon als kleines Baby, waren zu schmerzlich. Dadurch habe ich emotional sehr lange niemanden mehr an mich heranlassen können. Meine Liebe, mein Mitgefühl und meine Zuneigung zu anderen waren blockiert. Später als Erwachsener haderte ich sogar mit Gott, weil er mir so unmögliche Eltern geschickt hatte.

Ich hatte solch einen tiefsitzenden Groll auf meine Eltern, dass ich jeden näheren Kontakt zu ihnen verweigerte, sobald ich von zu Hause ausgezogen war. Dieser Groll gab mir lange Zeit Motivation und Kraft zum (Über)Leben. Er war sicher Ausdruck meiner Rache für ihre schlechte Behandlung. Aber in dem anhaltenden Groll lag wohl zugleich die tiefere Ursache für meine fundamentale Isolation im Leben.

Je älter ich wurde, umso mehr drängte meine Seele danach, mich anderen dennoch zu öffnen und die schmerzlichen Erfahrungen aus der Kindheit zu überwinden. Dies wollte ich jedoch lange Zeit nicht wahrhaben. Ich hielt reflexartig und stur an meiner Kontakt- und Lebensverweigerung fest. Daran konnte zunächst auch eine Psychotherapie nichts Wesentliches ändern, der ich mich seit zwei Jahren fast wöchentlich unterzog.

Doch dann passierte plötzlich folgendes: Eines Abends rutschte ich unerwartet aus, als ich soeben aus der Badewanne steigen wollte. Ich knallte mit dem Brustkorb auf den Wannenrand. Dabei wurden zwei Rippen geprellt, die genau über der Herz-Zone lagen. Vier Wochen lang hatte ich große Schmerzen – ganz allgemein bei tieferen Atemzügen, vor allem aber wenn ich schlafen wollte.

Schon kurze Zeit nach diesem Ereignis schoss es mir jedoch wie ein Blitz durch den Kopf und ich verstand den Zusammenhang. Da ich mich innerlich für so lange Zeit jeder Nähe zu anderen Menschen verweigert hatte und meinen Groll auf meine Eltern absolut nicht hatte loslassen wollen, inszenierte mein Unbewusstes offensichtlich diesen Vorfall im Bad: Der Zugang zu meinem Herzen wurde jetzt bei dem Sturz symbolisch mit Gewalt aufgebrochen, indem ich einen kräftigen Schlag auf genau die Rippen bekam, die das ‚Tor‘ zum Herzen bildeten. Man könnte dieses schmerzliche Ereignis auch als Ruf an mich verstehen: ‚Mach doch endlich auf! Höre auf, dein Herz so zu verschließen!‘ Außerdem wurde ich an das Sprichwort erinnert: ‚Wer nicht hören will, muss fühlen!‘

Aber ebenso schmerzlich wie die körperliche Prellung meiner Rippen war die emotionale Öffnung meines Herzens selbst, die nun unvermeidlich folgte und nicht mehr aufzuhalten war. Davor hatte ich die ganze Zeit starke Angst gehabt und darum hatte ich bisher mit allen Mitteln versucht zu vermeiden, überhaupt Gefühle zu empfinden. Im Grunde arbeitete ich bisher unbewusst gegen das Bemühen meiner Psychotherapeutin, die mich genau dazu motivieren wollte, emotional endlich aufzumachen. Offensichtlich brauchte es daher die ‚Methode Holzhammer‘. Ja, es tat zunächst wirklich weh, nochmals an die emotionalen Verletzungen durch die Eltern in der Kindheit erinnert zu werden. Ich fühlte einen ähnlichen Schmerz wie den beim Auftauen gefrorener Hände oder Füße.

Aber dann geschah etwas ganz Unerwartetes: Als die schlimmsten Angst- und Wut-Emotionen abgeflossen waren, erlebte ich einen unglaublichen Strom der Liebe und des Mitgefühls – für mich selbst als kleines Kind. Wunderbar! Dieser warme Fluss positiver Emotionen schwemmte all meine Angst vor Gefühlen und den Groll auf meine Eltern ein für alle Mal hinweg. Ich sah in einem inneren Bild mein Herz jetzt sperrangelweit offen und vom Göttlichen erfüllt. Mein Herz wollte sich plötzlich verströmen – zu allen Menschen, mit denen ich trotz meiner Isolation zu tun hatte. Nachdem etwa vier Wochen später auch die körperlichen Schmerzen abgeklungen waren, fühlte ich mich als neuer Mensch…“

Reflexion: Der Weg zum Herzen wird frei geschlagen

Die Seele hat sich bei Jakob mit Gewalt Zugang zu seinem verschlossenen Herzen verschafft, indem sie ihn dazu drängte, seine psychischen Blockaden endlich aufzulösen. Unsere göttlich-liebende Seele strebt mit der ihr innewohnenden Kraft prinzipiell immer nach Heilung, nach (Selbst)Liebe, nach Ausgleich und Harmonie. Daher haben Verletzungen und körperliche Symptome in der Regel einen tieferen Sinn. Sie wollen auf ein seelisches Ungleichgewicht hinweisen, dieses ins Bewusstsein bringen und uns so dazu anspornen, nach Veränderung und Heilung zu suchen.

Vor diesem Hintergrund könnte die letztlich glimpflich verlaufene Verletzung von Jakob gar nicht symbolträchtiger sein. Dazu musste sie offensichtlich jedoch schmerzlich genug verlaufen, damit Jakob überhaupt bereit war, bei sich näher hinzuschauen. Er selbst hatte ja durch seine Unachtsamkeit am Badewannenrand mit dem eigenen Körpergewicht den Weg zu seinem Herzen symbolisch „freigehauen“.

Bei einem durch Traumata und Schocks in der Kindheit verursachten seelischen Leiden handelt es sich aber nicht um irgendein Thema. Hierbei geht es vielmehr um grundsätzliche „Äußerungen“ des Lebens selbst – um die Kontaktfähigkeit, um Mitgefühl und Liebe, um die Beziehungen zu anderen und zur Welt, um die Klärung der eigenen Kindheits-Themen, um den emotionalen Boden, auf dem man steht, um Lebensfreude und Fröhlichkeit, um den Blick in die Welt und auf das Göttliche.

Durch den Reflexionsprozess, der bei Jakob schon bald nach diesem Vorfall einsetzte, erfolgte eine tiefgreifende Befreiung von all dem unbewältigten Müll aus seiner Vergangenheit. Er nutzte den „Unfall“, um seelisch aufzuwachen und sein schmerzhaftes Erleben dabei nicht nur als „blödes Widerfahrnis“, sondern als Lernaufgabe und Herausforderung zur seelischen Entwicklung zu sehen.

Das entscheidende innere Bild, das Jakob in einer Tagesvision nach dem „Unfall“ bekam, war sein offenes Herz, das von Liebe überfloss. Dieses schamanische Bild gab ihm eine neue Sicht auf das Leben, vor allem aber ein neues, bisher unbekanntes Gefühl zu sich selbst, das ihn aus seiner furchtbaren Isolation befreite und heilte. So konnte Jakob zu einem neuen Menschen werden…

Natürlich wäre dieser ganze innere Prozess nicht möglich gewesen, wenn Jakob nicht schon vor dem Sturz eine psychotherapeutische Begleitung gehabt hätte. Vermutlich war die durch den Unfall verursachte Herzöffnung durch die jahrelange Therapie längst vorbereitet worden nach dem Motto: „Steter Tropfen höhlt den Stein.“ Aber offensichtlich brauchte es zusätzlich noch dieses einschlägige äußere Ereignis, damit das Tor zur Seele endlich aufgehen konnte.

Begegnung mit dem Göttlichen Selbst

In Krankheits-Symptomen und Unfällen sehe ich bei rechter Betrachtung eine sehr ergiebige Quelle dafür, mit unserem Göttlichen Selbst in Berührung und in Kontakt zu kommen. Denn sie ermöglichen es uns, nach den eigentlichen seelischen Ursachen dahinter zu suchen und diese zu beheben, falls wir bereit sind, diese Chance zu nutzen. Krankheitssymptome können somit zu einer Herausforderung und zum Ansporn für eine seelische Weiterentwicklung werden.

Darin liegt ein zutiefst spiritueller Sinn, denn nicht selten kann gerade mit dem Auffinden seelischer Ursachen von Erkrankungen – womöglich ganz unerwartet – eine Begegnung mit dem Göttlichen Selbst in uns stattfinden. Warum? Weil man seelisch sehr tief gehen muss, um psychische Blockaden zu lösen. Dadurch bekommt man unweigerlich Kontakt zu tieferen „Schichten“ in sich selbst.

Peter Maier

(Lebensberatung, Initiations-Begleitung, Autoren-Tätigkeit)

Literatur:

(1)

Peter Maier: „Heilung – Die befreiende Kraft schamanischer Rituale“ (Softcover)

ISBN 978-3-756521-18-0 (Preis: 16,99 €, Epubli Berlin, 1. Auflage 2022)

(2)

Peter Maier: „Heilung – Plädoyer für eine integrative Medizin“ (Softcover)

ISBN: 978-3-752953-99-2. (Preis: 18,99 €, Epubli Berlin, 1. Auflage 2020)                              eBook: ISBN: 978-3-752952-75-9. (Preis: 12,99 €, Epubli Berlin, 2020)

(3)

Peter Maier: „Heilung – Initiation ins Göttliche“ (Softcover)

ISBN 978-3-95645-313-7 (18,99 €, Epubli Berlin, 2. Auflage 2016)

eBook: ISBN: 978-3-752956-91-7  (11,99 €, Epubli Berlin, 2020)

Nähere Infos und Buchbezug (Softcover): www.alternative-heilungswege.de