Tiere werden immer häufiger als Co-Therapeuten eingesetzt und die Wirkung ist oft erstaunlich. Besonders schön: Auch die Wahrnehmung gegenüber dem Tier wird dadurch geschärft. Von Claudia Schwarzmaier

„Gib dem Menschen einen Hund – und er wird gesund.“ Diese Aussage der für ihre ganzheitliche Heilkunde bekannten Hildegard von Bingen zeigt, dass die Menschen schon im frühen Mittelalter um die heilsamen Kräfte der Tiere wussten. Inzwischen bestätigen viele Studien: Tiere tun unserer Seele gut. Dabei muss es nicht einmal das eigene Haustier sein oder Treffen mit tierischen Co-Therapeuten. Eine aktuelle Studie des Senkenberg Forschungszentrums für Biodiversität und Klima hat herausgefunden: „Die glücklichsten Europäer und Europäerinnen sind diejenigen, die in ihrem täglichen Leben viele verschiedene Vogelarten erleben können…“. Wenn schon wildlebende Vögel zu mehr Lebenszufriedenheit führen, erstaunt es nicht, was Haus- und Nutztiere bewirken können. Das Spektrum, bei dem Tiere helfen können, ist weit und reicht vom Lösen innerer Blockaden über die Förderung von sozialen Kompetenzen bis hin zur Linderung bei Angststörungen, Depressionen oder Demenz. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist dabei die nonverbale Kommunikation zwischen Mensch und Tier, aber es muss auch eine gewisse Anziehung bestehen, zwischen dem individuellen Tier mit seiner Persönlichkeit und dem Menschen. Es ist die Mensch-Tier-Beziehung, beziehungsweise Begegnung, auf die es ankommt.

Mit Pferden Blockaden lösen

Auch bei der Methode Raidho geht es darum, durch die Begegnung mit Pferden sich und dem eigenen Leben neugierig zu begegnen. Es ist ein Weg der Bewusstwerdung durch Pferde, bei dem bewusst nicht geritten wird. „Ziel ist es, sich selbst in seiner Gesamtheit wahrzunehmen und die eigenen Potentiale zu erkennen“, schreibt Alexandra Rieger, die Raidho entwickelt hat. Das Pferd wird dabei zum „Lehrer“ und begleitet den Menschen durch dessen Gefühlswelt. „Das Pferd gibt keine klugen Ratschläge. Es ist absolut authentisch“, sagt Almut Burmeister, eine Raidho-Trainerin aus Sigmertshausen in Oberbayern, die gemeinsam mit fünf Pferden die Menschen unterstützt, die zu ihr kommen. In der Raidho-Stunde kann es darum gehen, das Pferd zu führen oder auch nur gemeinsam mit ihm zu atmen. So kommen nach und nach die blockierten Gefühle hervor, die das Leben der Menschen zuvor beeinflusst haben. Mithilfe des Pferdes werden diese Blockaden gelöst und die Wirkung ist sofort spürbar und sichtbar, denn das Pferd reagiert unmittelbar auf die feinen Veränderungen im Energiemuster. Das Pferd verändert sein natürliches Verhalten nicht, um dem Menschen zu gefallen. So kann der Mensch schließlich auch sich selbst erkennen und sich wieder annehmen, so wie er ist. Almut Burmeister, wünscht sich als Effekt, den ihre Besucher von den Raidho-Pferden mitnehmen: „Dass sie in sich diese Selbstliebe finden. Zu sich selber stehen, mit allen Fehlern und Schwächen und sich wertschätzen. Etwas anderes machen die Pferde auch nicht. Ein so großes Pferd zu berühren, das ist für die Leute auch ein Gefühl von ‚Ja, ich bin was, ich bin was!‘ Weil die Pferde das so ausstrahlen.“ Mehr zur Methode Raidho und Almut Burmeister erfahren Sie im ausführlichen Interview.

Von Lamas, Eseln, Hunden und Bienen

Beim Einsatz von Lamas und Alpakas geht es ebenfalls, analog zu Raidho, um das zu sich selbst und der eigenen Gefühlswelt Finden. Dadurch, dass sie einerseits sehr neugierig sind und auf den Menschen zugehen, aber immer respektvolle Distanz halten, vermitteln Lamas und Alpakas ein Gefühl von Ruhe und Vertrauen. Gerade bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen mit Traumatisierungen oder Angststörungen, erleichtert die freundliche Art dieser Tiere die Kontaktaufnahme zu anderen Lebewesen. Werden Esel als Co-Therapeuten eingesetzt, dann fördert ihr besonnenes, manchmal störrisch anmutendes Verhalten die soziale Kompetenz. Denn mit Druck und Geschrei läuft bei ihnen gar nichts.
Besonders groß ist der Einsatzbereich beziehungsweise die Wirkung bei Hunden. In ihrem Buch „Die Heilkraft der Tiere: Wie der Kontakt mit Tieren uns gesund macht“ (siehe linke Randspalte) beschreiben die beiden Autoren in dem Kapitel „Hunde als Lebenshelfer“, wie gerade Hunde als Haustiere uns gesundheitlich gut tun. Als „offizielle“ Co-Therapeuten reicht die Bandbreite vom Besuchshund bei Kindern im Wachkoma, oder Senioren im Pflegeheim bis hin zum voll ausgebildeten Assistenzhund für Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Essstörungen. Doch auch ganz kleine Tiere können einiges bewirken. Selbst Bienen agieren als Therapeuten. Durch das Imkern lernen Psychiatrie-Patienten, Verantwortung zu übernehmen und Sucht-Kranke, ihre Frustrationstoleranz zu erhöhen. Bienen reagieren sehr sensibel auf die Gefühle von Menschen. Sind die Patienten wütend und aufgebracht, erfolgt die Reaktion oft sofort: Die Bienen stechen. Die Liste der Beispiele ließe sich beliebig verlängern. Ein Grund, warum es zu diesen heilsamen Effekten kommen kann, liegt wohl auch an der seit Jahrtausenden bestehenden Beziehung zwischen Tieren und Menschen. In dem schon erwähnten Buch „Die Heilkraft der Tiere“ schreiben die Autoren: „Die tiefe Beziehung zwischen Tieren und Menschen beruht darauf, dass wir – bei allen Unterschieden – ähnlich fühlen, ähnlich denken und uns auf ähnliche Weise ausdrücken.“

Buch-Tipp
Die Heilkraft der Tiere
Wie der Kontakt mit
Tieren uns gesund macht

Dr. Rainer Wohlfarth,
Bettina Mutschler

Wie fanden Tier und Mensch zueinander? Warum sind Haustiere für eine gesunde kindliche Entwicklung von so enormer Bedeutung? Was sind die sieben Schlüssel für eine heilsame Wirkung von Tieren? Diesen und vielen weiteren Fragen gehen die beiden Experten auf dem Gebiet der tiergestützten Therapie in ihrem Buch nach. Anhand vieler Fallbeispiele aus ihrer täglichen Arbeit bringen sie dem Leser fundiert und abwechslungsreich die wissenschaftlichen
Erkenntnisse aus dem Gebiet der Mensch-Tier-Beziehung näher. Nach der Lektüre versteht man, warum der Kontakt mit Tieren für unsere Gesundheit so wichtig ist.

btb Verlag
ISBN-13: 978-3442758425
Preis: 20 Euro,
320 Seiten

Überblick – Nützliche Links
Einen guten Überblick über Anbieter von tiergestützter Therapie bietet der Bundesverband für tiergestützte Interventionen (BTI) www.tiergestuetzte.org. Ein weiteres unabhängiges Informationsportal ist www.tiergestuetzte-therapie.de, die auch ein eigenes Magazin herausgeben. Das Thema tiergestützte Therapie z.B. mit Patenschaften unterstützen kann man beim Förderverein Tiere begleiten Leben e.V. www.tiere-begleiten-­leben.de. Ein Beispiel für einen Anbieter aus dem Bereich Bauernhoftiere als Co-Therapeuten ist www.bauernhoftiere-­bewegen-menschen.de. Mehr zu Raidho findet sich auf der Seite www.raidhohealinghorses.com oder auf der Seite von Almut Burmeister www.almutburmeister-­raidho.de

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Bildnachweis: Raidho-Hof Almut Burmeister

Ein Interview mit der Raidho-Trainerin Almut Burmeister finden Sie hier: Blockaden lösen mit Raidho