Einfach mal wieder staunen und den Augenblick genießen. Nichts einfacher als das. Wer in seiner eigenen Stadt auf Entdeckungsreise geht und so tut, als sähe er sie zum ersten Mal, dem eröffnen sich viele neue Perspektiven. Von Claudia Schwarzmaier

Wer träumt nicht vom sagenhaften Sonnenuntergang am Meer, doch wer hat schon mal ganz bewusst die wunderschöne Stimmung der untergehenden Sonne am Fluss genossen, der durch die eigene Stadt fließt? Oder an dem See, der nur ein paar Haltestellen von zuhause entfernt liegt? Kaum lässt man sich darauf ein, vermeintlich Altbekanntes mit einem „frischen“ Blick zu betrachten, schon entdeckt man Schönes und Spannendes gleich ums Eck.

Einfach mal flanieren

Die beste Methode, seinen Blick zu schärfen, ist, sich wie ein Tourist zu fühlen. Meist bewegen wir uns in der Stadt, in der wir leben, in einem eingeschränkten Radius um unsere Wohnung  und den Arbeitsort. Doch warum nicht einmal in ein Stadtviertel fahren, in dem man sich nicht auskennt? Wie im Urlaub kann man sich treiben lassen, ziellos durch die Straßen schlendern und seiner Intuition folgen. Die Atmosphäre wahrnehmen, die Gerüche, die Menschen, die einem begegnen. Vielleicht entdeckt man einen romantischen Innenhof, einen kleinen Park, einen besonders schönen Straßenbaum, einen kleinen Laden.   

Mit diesem ziellosen Schlendern belebt man ganz nebenbei eine alte Kulturtechnik, die nach 100 Jahren ein Revival feiern könnte – die des Flanierens. Der Architekt Lukas Staudinger, der für Berlin ein innovatives Stadtführungsformat entwickelt hat, bietet sogar einen Audiowalk an, der vom Flaneur handelt, es ist eine akustische Zeitreise ins Berlin der 1920er- und 1930er-Jahre. „Flanieren ist erstmal ziellos – anders als der Spaziergang“, so Staudinger. „Wenn man so will ist der Weg das Ziel, und man erlaubt sich, mehr wahrzunehmen.“ Darum geht es bei dieser ursprünglichsten und einfachsten Art des Entdeckens – ohne Smartphone, ohne Hektik einfach den Augenblick genießen.

Familientauglich

Etwas mehr Action ist natürlich notwendig, will man Kinder dazu motivieren, bei der Stadtentdeckung mitzumachen. Relativ einfach sind „Motto-Spaziergänge“, man macht sich einfach auf die Suche nach bestimmten Dingen, je kreativer die Kategorie desto spannender die Suche. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt, von Streetart, wilden Kräutern, Häusern mit Erkern, blauen Fahrrädern, alles ist möglich. Eine weitere spannende Art, Orte zu entdecken, die Kindern Spaß macht, ist Geocaching. Es ist wie eine Schatzsuche. Überall in Städten auf der ganzen Welt und in der freien Natur gibt es versteckte Objekte, die Geocaches genannt werden. Es sind Behältnisse, die kleine Dinge enthalten, die man im Tausch gegen ein eigenes Objekt mitnehmen darf, zusätzlich trägt man sich in ein Logbuch ein. Auf den Webseiten  www.geocaching.com oder www.opencaching.de gibt es sämtliche Infos dazu. Die entsprechende App ist kostenlos, man braucht nur ein Smartphone mit GPS. Auf die Frage, warum sie Geocaching machen, antwortete eine Familie folgendes: „Es ist die Spannung, etwas zu finden und außerdem bringt es die ganze Familie aus dem Haus, so dass man etwas Tolles zusammen unternimmt. Wir lieben es!“

Zeitreisen

Voll im Trend und eine gute Möglichkeit, das Wissen über die eigene Stadt zu erweitern, sind Zeitreisen per App. Dabei nutzen viele Apps die „Augmented Reality“-Funktion. Hält man das Smartphone mit angeschalteter Kamera auf ein bedeutsames Gebäude, kann der Anwender auf dem Bildschirm in realer Perspektive zwischen dem aktuellen Live-Bild und einer historischen Ansicht hin- und herschalten. Zusätzlich gibt es Audio- und Video-Beiträge und Textdateien mit den entsprechenden Informationen. Für immer mehr Städte gibt es diese Apps. Bei der kostenlosen „Mainz-App“ kann man sogar zwischen Tourist*in oder Bürger*in auswählen. In Freiburg heißt die App passend „Freiburger Zeitreise App“, dort gibt es auch eine Tour in die Zukunft. Für Frankfurt am Main haben Studierende der Goethe-Universität  Frankfurt eine interaktive Stadtführungen ins mittelalterliche Frankfurt mit Themen wie „Glanz und Gloria«, »Sex Sells«, oder »Mord im Kaiserdom« entwickelt. Die Liste ließe sich beliebig fortführen, am besten, man sucht im Internet nach Angeboten für die eigene Stadt. Welche Form man auch immer für die Erkundung der eigenen Stadt auswählt, eines ist sicher: Es macht Spaß, im eigenen Umfeld Neues zu entdecken.

Bildnachweis: Monika Frei-Hermann