Der wahre Preisvergleich : Bio versus Nicht-Bio

Wie teuer ist Bio wirklich? «Kann ich mir nicht leisten» – so der Tenor Vieler, die den Gang zum Bioladen derzeit zunehmend vermeiden. Vergleichen wir jedoch den „wahren“ Preis von Lebensmitteln, kommen uns billige Produkte aus dem Discounter sowohl als Einzelperson aber auch gesamtgesellschaftlich am Ende deutlich teurer zu stehen.

Die Inflation drückt die Stimmung in den Bioläden. Verfestigt sich dieser Trend, sind die Folgen für den geplanten Ausbau des Biolandbaus und für die Umwelt fatal. Denn tatsächlich werden die Folgekosten einer günstigen Ernährung nicht an der Supermarktkasse gezahlt, sondern kommen in der Gesamtbilanz der Allgemeinheit teuer zu stehen. So kompensieren wir alle finanziell und gesundheitlich die Folgen z. B. von nitrat- und pestizidverunreinigtem Grundwasser, von Bodenerosion und Hochwasserereignissen, Treibhausgasemissionen und dem Verlust von bestäubenden Insekten. Und weil die «externen» Kosten nicht im Produktpreis enthalten sind, werden unsere umweltschädigenden Konsum- und Produktionsmuster auch noch gefördert. Wirtschaftlich findet nicht zuletzt eine Verteilung von unten nach oben statt – denn die Agrokonzerne sowie große Discounterketten tragen letztlich den größten Teil der Gewinne davon.

Gründe für den Preisunterschied

Sicher ist: die hohen Folgekosten von viel zu billig (u.a. mithilfe von einem viel zu hohen Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide) produzierten Nahrungsmitteln, ist eine desaströse Fehlentwicklung, die einer politischen Nachregulierung am gesamten System bedarf. Bis diese greift, müssen wir uns mit den Fakten auseinandersetzen: Biolebensmittel kosten heute immer noch meist (etwas) mehr als herkömmliche Produkte. Die Ursachen sind höhere Produktionskosten durch arbeits- und platzaufwändigere Verfahren beim Pflanzenbau und in der Tierhaltung, dazu häufig geringere Erträge und eine oft zeit- und kostenintensivere Verarbeitung. Auch durch meist niedrigere Verarbeitungsmengen sind die Stückkosten höher. Dazu kommen die Kosten für die umfassende Kontrolle der Bio-Richtlinien, die sich ebenfalls im Preis von Bioprodukten wiederfinden (BÖLW, 20121).Je nachdem, um welche Produkte es sich handelt, ist der Mehrpreis für Bioprodukte jedoch sehr unterschiedlich und teilweise sogar nur gering. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn man ein Bioprodukt mit einem entsprechenden Markenprodukt vergleicht. Auch ist die Preisspanne gering, wenn man Lebensmittel aus saisonalem und regionalem Bioanbau bzw. entsprechend konventioneller Erzeugung miteinander vergleicht.

Das Rechenmodell

Um die Mär von «Bio ist für mich zu teuer» konkret zu entschärfen, ist die Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) (Schlatzer und Lindenthal, 20192) aufschlussreich. Sie zeigt nämlich, dass der Einkauf im Biomarkt gar nicht viel teurer sein muss, als zu konventionellen Produkten zu greifen.So wurde in einer Untersuchung der durchschnittliche Wocheneinkauf für eine vierköpfige Familie in Österreich nach verschiedenen Einkaufsvarianten berechnet und miteinander verglichen. Es wurde deutlich, dass sich der Umstieg des Einkaufsverhaltens hin zu einem Warenkorb mit gesünderen Nahrungsmitteln, d.h. deutlich weniger Fleisch, mehr Obst und Gemüse, weniger Softdrinks etc. in der Summe preislich kaum niederschlug. Im Gegenteil – durch den Umstieg auf eine gesunde Ernährung könnte eine Familie in einer Woche am Ende einen Geldbetrag sparen, der ihnen ermöglichen würde, einen Anteil von mehr als zwei Dritteln ihrer gesamten Lebensmittel aus biologischer Erzeugung einzukaufen.

Zugegeben – seine Ernährungsgewohnheiten dauerhaft zu ändern, ist nicht leicht. Doch blicken wir auf die Herausforderungen wie Klimawandel oder das Artensterben, ist ein verändertes Konsumverhalten im Grunde unumgänglich. Je schneller es uns jetzt noch gelingt, den Wandel selbstinitiativ voranzutreiben, umso weniger drastisch werden am Ende die Konsequenzen sein, die ansonsten nicht mehr verhandelbar sind.

Mit der Verringerung des Konsums von Wurst und Fleisch haben Verbraucher*innen relativ gesehen ein enormes Potenzial, Geld einzusparen und sich gleichzeitig nachhaltiger und gesünder zu ernähren. So haben die WissenschaftlerInnen der bereits genannten Studie errechnet, dass bei einer Veränderung hin zu gesünderer Ernährung mit u.a. einer Reduktion von Fleisch von jährlich derzeit im Schnitt 65 kg/Person auf ca. 20 kg/Person pro Jahr eine vierköpfige Modellfamilie etwa 40 % der ernährungsbedingten Treibhausgase einsparen könnte. Im Grunde eine gute Nachricht, zeigt es doch das enorme Potenzial von Maßnahmen, die wir selbst in der Hand haben.

Besonnenheit und Weitblick nötig

Es ist wünschenswert, dass nachhaltig produzierte und gesunde Lebensmittel für alle bezahlbar sind. Noch kurz vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs und in Zeiten der Pandemie entschied sich eine wachsende Zahl von Bürger*innen für den Kauf von Biolebensmitteln. Angesichts der Krisen wie Klimawandel und Artensterben dürfen wir nicht zuschauen, wie sich dieser positive Trend nun wieder in sein Gegenteil verkehrt. Statt reflexhafter, rückwärtsgewandter Schnellschüsse, wie z.B. die Idee, Naturschutzgebiete für die – freilich konventionelle – Landwirtschaft umzuwidmen, braucht es mehr denn je Besonnenheit und Weitblick für langfristig sinnvolles Gegensteuern.

Aktuelle Zahlen zeigen im Übrigen, das Bio-Kund*innen vermehrt zu den günstigeren Bio-Eigenmarken-Produkten greifen. Auch so gesehen wird Bio für sie relativ preiswerter. Letztlich jedoch kann der Wandel nicht von Einzelpersonen getragen werden; zuallererst ist die Politik gefragt, die bestehenden Wettbewerbsnachteile ökologischer Nahrungsmittelerzeugung auch und gerade in Krisenzeiten auszugleichen. Ein wesentlicher Baustein wäre hierbei u.a. die Einführung einer Pestizid-Abgabe, die den Ausbau der ökologischen Landwirtschaft mit finanzieren kann. Auch müssen die Zulassungsverfahren von chemisch-synthetischen Pestiziden wesentlich verbessert werden.

Diese und viele weitere gute Ideen sind seit Jahren auf dem Tisch, es gilt mehr denn je, sie endlich umzusetzen. Bevor es zu spät ist – für uns, aber vor allem für unsere Enkelinnen.

Quelle:Verein zur Förderung einer enkeltauglichen Umwelt in Österreich und Forschungsinstitut für biologischen Landbau Österreich

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