Unsere Atemqualität im Alltag ist ein entschei­dender Faktor für die eigene Lebensqualität. Die starke Kraft des bewussten Atmens ist einfach zu erlernen und das Beste: Bewusstes Atmen kostet nichts. Von Georgine Strunz.

Ein gesundes und lebenswertes Leben streben die meisten von uns an und wir sind permanent auf der Suche nach dem ultimativen Lebenselixier. Wir verwenden viel Zeit damit, die neuesten Ernährungsregeln auszuprobieren und verfolgen achtsam die aktuellen wissenschaftlichen Forschungen. Es gibt sicherlich ein großes Potpourri von Maßnahmen, die den Körper in seiner Gesundheit unterstützen. Doch eine quintexistentielle Komponente für ein gesundes Leben – der bewusste Atem – wird dabei gerne übersehen. Als Lebewesen atmen wir automatisch und achten im Alltag nicht auf unsere Atmung. Viele von uns atmen häufig zu flach und zu schnell. Damit nutzen wir nicht das volle Potential unserer Lunge. Sauerstoff ist lebensnotwendig für den Menschen; schon nach kurzer Zeit ohne das Element O2 verlieren wir unser Bewusstsein und der Mensch kann maximal 30 Minuten ohne Sauerstoff überleben. Unsere Zellen benötigen Sauerstoff für ihre Energieversorgung. Beim Einatmen gelangt der Sauerstoff von den Lungen in unseren Blutkreislauf und wird von dort zu unseren Zellen befördert und beim Ausatmen wird das Kohlendioxid, das während der Stoffwechselvorgänge in den Zellen entsteht, über den Blutkreislauf und die Lungen zurück an die Umgebungsluft abgegeben.

Ultimatives Lebenselixier

Im Yoga gilt die optimale Versorgung der Zellen mit Sauerstoff als ultimatives Lebenselixier und große Heilkraft. So kann man mit einem bewussten Atemzug die Aufnahme von Sauerstoff erhöhen und so sicher stellen, dass unsere Organe und Zellen genug Sauerstoff erhalten. Im Durchschnitt nimmt man mit einem Atemzug 0,5 Liter Luft auf. Nach Aussage des australischen Yoga-Lehrers Peter Clifford kann jedoch ein geübter Yogi bis zu fünf Liter Sauerstoff pro Atemzug aufnehmen. Ein Leistungsschwimmer schafft bis zu acht Liter.
Ein einfacher und schneller Trick, um viele Vorteile des bewussten Atmens zu nutzen, ist die Zwerchfellatmung. Viele von uns atmen im Alltag hauptsächlich in den oberen Brustbereich. Die Zwerchfellatmung fördert laut Universität Harvard eine bessere Sauerstoffaufnahme und zeigt auch eine Blutdruck stabilisierende Wirkung (siehe auch Information rechte Randspalte). Gleichzeitig können wir mit der bewussten Zwerchfellatmung auch auf das vegetative Nervensystem Einfluss nehmen. Diese Atemtechnik aktiviert das parasympathische Nervensystem, das dafür zuständig ist, dass wir nach einer Anstrengung oder Stress wieder in den Ruhezustand gelangen und uns erholen.

Säulen des bewussten Atmens

Wenn wir das volle Potential des bewussten Atems nutzen wollen, müssen wir die zwei zentralen Säulen des bewussten Atems näher betrachten. Zum einen unsere (automatischen) Atemzüge wahrnehmen und beobachten und zum anderen aktiv unsere Atmung steuern. Durch die Wahrnehmung unserer (automatischen) Atemzüge lernen wir unser eigenes Atemmuster kennen; jeder Mensch hat ein individuelles Atemprofil. Atem wir tief in den Bauch ein oder flach in die Brust? Wie atmen wir aus? Legen wir eine Pause zwischen dem Einatmen und Ausatmen ein? Wie viele Atemzüge machen wir pro Minute? Wie ändert sich unser Atem situativ, etwa wenn wir gestresst sind oder in Ruhe ein Buch lesen?Eine Fülle von Atemtechniken ermöglicht uns die bewusste Steuerung unser Atemzüge. Es gibt Atemtechniken, die uns energetisieren und Atemtechniken, die uns entspannen. Andere Atemtechniken helfen den Körper bei der Entgiftung; wieder andere wirken ausgleichend. Die verschiedenen Atemtechniken ergeben eine potente Atem-Apotheke (siehe Kasten). Doch Achtung: Diese Atemtechniken sollten mit Vorsicht und Bedacht verwendet werden. Wie auch bei Medikamenten ist nicht jede Atemtechnik für jeden geeignet und sollte abgesetzt werden, sobald sich Unwohlsein einstellt.

Einatmen, Ausatmen, Atempause

Die Atemtechniken haben eines gemeinsam: Sie variieren die drei Bausteine eines Atemzugs – Einatmen, Ausatmen, Atempause. Im Yoga wird die Ausatmung als der wichtigste Teil eines Atemzuges angesehen. Ein tiefes Ausatmen schafft Platz für ein tiefes Einatmen und somit kann mehr Sauerstoff von der Lunge aufgenommen werden. Zudem kann der Körper bei einer bewussten Ausatmung mehr Gifte und Abfallprodukte ausscheiden. Darüber hinaus zielen die Atemtechniken auf drei verschiedene Atem-Bereiche: auf Bauch-, Brust- und Schlüsselbein. Diese Atembereiche werden entweder individuell angesprochen oder zu komplexeren Atemsequenzen kombiniert. Die verschiedenen Atem-Sequenzen massieren und aktivieren die Organe und Muskeln und versorgen diese mit mehr Blut und Sauerstoff. Dieser Prozess ist eine wahre Quelle von Gesundheit und Vitalität. Damit die unbändige Kraft des Atems seine volle Wirkung entfalten kann, sollte das bewusste, tiefe und ruhige Atmen ein integraler Bestandteil des Alltags werden. Man sollte jede günstige Gelegenheit beim Schopf packen, um den eigenen Atemfluss zu beobachten. Durch das passive Beobachten unseres Atems lernen wir auch viel über uns und wie wir auf die Außenwelt reagieren. Atmen wir in Stresssituationen flach und schnell in den Brustbereich? Wie atmen wir in Ruhesituationen? Nehmen wir weite und ruhige Atemzüge in den Bauchbereich und nutzen so das volle Potential der weiten Zwerchfellatmung, die auch die Universität Harvard empfiehlt? Durch das aktive Eingreifen und die Steuerung der eigenen Atmung können wir uns beruhigen, ausbalancieren oder mit mehr Energie versorgen. In den USA liegt bewusstes Atmen derzeit stark im Trend. Diese Renaissance des bewussten Atmens wird sicherlich auch bald Europa erreichen.

Die Atem-Apotheke 

1. Vitalisierend: Yoga-Vollatmung
Die Yoga-Vollatmung verbindet alle drei Atembereiche. Es gibt viele verschiedene Spielarten der Yoga-Vollatmung. Im Anahata Yoga wird der CRD-Atem propagiert. Bei dieser Atemtechnik atmet man durch die Nase tief in die drei Atemräume – Schlüsselbein, Brustbein und Bauch – des menschlichen Körpers ein. Mit dem Einatemzug atmet man erst ins Schlüsselbein (Clavical – C), dann ins Brustbein (Rippcage – R) und als letztes atmet man bewusst mit dem Zwerchfell (Diaphragma – D) ein und somit wölbt sich der Bauch nach außen. Das Zwerchfell trennt Brust- und Bauchhöhle voneinander. Beim Ausatmen folgt man der gleichen Logik und atmet zuerst aus dem Schlüsselbein und dann aus dem Brust- und dem Bauchbereich aus und der Bauch senkt sich. Dies ist die einfachste Form der CRD-Atmung.

2. Beruhigend: Ujjayi-Atmung
Bei dieser Atemtechnik aus dem Yoga und ihren diversen Spielformen wird sowohl beim Ein- als auch beim Ausatmen der Kehlkopf verengt. Dadurch atmet man gegen den Widerstand im Halsbereich und dies verlangsamt den Luftstrom in die Lungen. Der Ujjayi Atem beruhigt und entspannt den Körper und Geist. Diese Atemtechnik kann gut zum Meditieren verwendet werden und wird im Yoga verwendet, um den Blutdruck zu senken und Schlafprobleme zu beheben. Kontraindikationen von der Ujjayi Atmung sind unter anderem niedriger Blutdruck sowie Depressionen.

3. Ausgleichend: Wechselseitige Nasenatmung
Bei der wechselseitigen Nasenatmung, auch eine Atemtechnik aus dem Yoga, wird abwechselnd durch das linke und das rechte Nasenloch geatmet. Der Daumen und der Ringfinger von der linken oder rechten Hand werden verwendet, um abwechselnd das eine oder das andere Nasenloch zu verschließen. Diese ausgleichende Atmung hilft, zur inneren Ruhe und Kraft zu finden.

4. Reinigend: Blasebalg-Atmung
Bei dieser Atemtechnik für Fortgeschrittene wird kraftvoll, forciert und aktiv über die Nase ein- und ausgeatmet und so entsteht ein Geräusch, das wie ein Blasebalg klingt. Man atmet genauso schnell und fest ein-, wie man ausatmet. Nach einer Atemsequenz wird nach einer tiefen Einatmung die Luft so lange wie möglich angehalten. Darauf erfolgt eine tiefe Ausatmung. Diese Atemtechnik ist sehr intensiv und wird schnell als unangenehm empfunden und kann auch zu Schwindel und Ohnmacht führen. Der Blasebalg-Atem sollte nicht bei hohem Blutdruck, Herzkrankheiten und Lungenerkrankungen verwendet werden.

Grundlage -Nasenatmung
Die meisten Atemtechniken propagieren die Atmung durch die Nase, da die Nase die Luft reinigt, befeuchtet und die Atemluft auf Körpertemperatur anpasst. Neue Studien zeigen, dass Nasenatmung auch zu einer bis zu 15 Prozent höheren Sauerstoffsättigung im Blut führen kann. Dies geschieht durch die Anreicherung der Atemluft mit Stickstoffmonoxid, das in den Nasennebenhöhlen gebildet wird. Das Stickstoffmonoxid weitet unter anderem die Blutgefäße und fördert die Durchblutung der Lungenbläschen und somit kann mehr Sauerstoff ins Blut aufgenommen werden. Mit einer regelmäßigen Reinigung Ihrer Nase mit Hilfe einer Nasendusche können Sie sich etwas Gutes tun, Erkältungen vorbeugen, akute Erkältungskrankheiten und Symptome einer Pollenallergie lindern.

Anahata Yoga
Sein volles Potenzial erreichen
Freude, Liebe und Mitgefühl stehen im Zentrum der Anahata Yoga Philosophie. Anahata Yoga integriert Atmung, Meditation, Bewegung und Klang, um Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen und die Lebensqualität langfristig und stetig zu verbessern. Anahata Yoga hilft, die natürlichen Heilungsmechanismen des Körpers zu aktivieren und die eigene Vitalität zu steigern.

Ein zentraler Bestandteil von Anahata Yoga ist die “Five Element Form”, eine schöne fließende Yoga Sequenz aus Bewegungen, die dem Tai Chi ähnlich sind.

Infos zur Zwerchfell­atmung unter:
www.health.harvard.edu/lung-health-and-disease/learning-diaphragmatic-breathing

Die Autorin
Georgine Strunz praktiziert schon seit mehr als zehn Jahren Yoga und hat bei dem australischen Lehrer Peter Clifford das Anahata Yoga Teacher Training absolviert (RYT 200 Level). Mit viel Freude übt sie sich als “Household Yogi” und genießt täglich die energetisierende und meditative Kraft des bewussten Atems. Diese tägliche Übung unterstützte sie darin, sich von einer schweren Krankheit zu erholen. Bei Fragen können Sie sich gerne direkt bei ihr melden: georgine.strunz@gmail.com

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Bildnachweis: Titelbild; depositphotos.com | anyaberkut, Nasenbild; lightsource

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