In Frankfurt am Main soll mit dem Grindbrunnen nun ein historischer Brunnen wieder sprudeln, der vergessene Geheimnisse birgt. Er könnte in heißen Sommern Abkühlung bringen und obendrein legendäre Heilkräfte entfalten.

Einige alteingesessene Frankfurter erinnern sich noch an den Grindbrunnen, der bis Anfang der 1960er Jahre in einem zentralen Park namens „Nizza“ floss und sich nicht zuletzt wegen seines charakteris- tischen Geruchs tief im Gedächtnis eingeprägt hat. Schon Dichterfürst Goethe kannte die Quelle und verewigte sie in seinem Werk „Dichtung und Wahrheit.“ Als den „freigiebigsten Frankfurter“ betitelte der Frankfurter Journalist Walter Gerteis den Grindbrunnen in seinem Buch „Das unbekannte Frankfurt“. Dieser Brunnen rückte Frankfurt in die Nähe der Heilbäder und „seine Kur kostete keinen Pfennig“. Einst hatte man dieser Quelle nachgesagt, dass sie den Aussatz heilen kann – eine äußerst angstbesetzte Infektions-Krankheit, die schon in der Bibel häufig auftaucht und die davon Betroffenen ins gesellschaftliche Abseits drängte. In Frankfurt verbannte man die Aussätzigen auf den so genannten Gutleuthof, weit vor den Toren der Stadt. In dessen Nähe sprudelte der Grindbrunnen und sein Ruf war über Frankfurt hinaus verbreitet. Unter Kaiser Maximilian I. sollen 600 Aussätzige von Nürnberg nach Frankfurt gezogen sein, um dort Heilung zu suchen.

Heilerfolge bei Hautausschlägen 

Anfang des 19. Jahrhunderts bemühte sich ein Arzt namens Dr. Nonne, den in der Zwischenzeit vergessenen Grindbrunnen den Frankfurtern wieder ins Gedächtnis zu bringen. Er lobte das „opalisierende, streng riechende, kalte Wasser, das nie zufriert“. Er berichtete von Heilerfolgen bei Hautausschlägen, Hämorrhoiden, gegen Verschleimungen, gegen Sodbrennen, gegen Mitesser und „Kupfernasen“ (einer chronischen Hautkrankheit, die meist in der Nasengegend ihren Ausgang nimmt). Des Weiteren sollte das Wasser des Grindbrunnens laut Aussage von Dr. Nonne hilfreich sein bei Gicht und Rheumatismus, gegen beginnende Blasensteine, schließlich auch gegen Hypochondrie und Melancholie, da das Wasser Verstopfungen beseitige. Für die Zartheit der weiblichen Haut sei das Wasser „besser als alle Jungfernmilchen“. Mehr als fünf Krüge am Tag solle man von dem Grind- brunnen allerdings nicht trinken, fügte Dr. Nonne warnend hinzu.

Anlauf zur Kurstadt

Ein Professor aus der berühmten Pharmazie-Familie Fresenius beschied der Quelle im Jahr 1874, „dass sie zu den nicht ganz unbedeutenden und unwirksamen Mineralquellen“ gehöre. Wenig später erklärte der Arzt Dr. Moritz Schmidt in einer Druckschrift, dass der Brunnen durch seinen Gehalt an Schwefelwasserstoff, Kochsalz, Natron und anderen Dingen der Kaiserquelle in Aachen sehr ähnlich sei. Im Jahr 1875 nahm Frankfurt einen Anlauf, zur Kurstadt zu werden mit dem Ziel, die Main- metropole in „Bad Frankfurt“ umzubenennen. Der Brunnen, der zwei Jahre vorher von seinem ursprünglichen Standort ins stadtnahe „Nizza“ verlegt worden war, wurde von einem besonderen Komitee betreut. Man baute um ihn herum eine Wandelhalle, in der sich die Wassertrinker ergehen konnten, wenn sie nicht im Nizza – dem noch heute  existierenden Park mit südländischen Pflanzen – promenierten. Es gab sogar einen Brunnenmeister, der das Wasser auf Wunsch ins Haus brachte. Anfang der 1960er Jahre wurde die Quelle jedoch aus hygienischen Gründen versiegelt, der Brunnen wurde eingelagert. Es war das vorläufige Aus für den Brunnen. Doch nun beginnen sich die Zeiten wieder zu ändern. Historische Brunnen erleben in Frankfurt eine Renaissance:Im Rahmen der Anpassung an den Klimawandel arbeitet das Frankfurter Umweltamt derzeit daran, histor- ische Brunnen im Stadtgebiet zu reaktivieren und darüber hinaus neue Trinkbrunnen zu installieren. „In südlichen Ländern sind solche Brunnen Normalität und werden von allen genutzt“, erklärt Eva-Maria Hillmann vom Umweltamt die Motivation, in dem zunehmend hitzege- plagten Frankfurt für Erfrischung aller Art zu sorgen. Auch den Grindbrunnen haben die Frankfurter Stadtplaner bereits im Visier und zum Zweck der Reaktivierung bereits den historischen Brunnentrog renovieren lassen. Noch ist geplant, ihn mit Leitungswasser zu betreiben, aber das geht der Grindbrunnen-Initiative nicht weit genug. Anlässlich der Ideen- und Kooperationsbörse zur Klimaanpassung hat sich diese Initiative aus Mitgliedern des Umweltforums Rhein Main gegründet. Sie will der wirklichen Grindquelle wieder zum Sprudeln verhelfen.

Leitungs- oder Quellwasser?

Denn dass die Quelle nicht versiegt ist, zeigt sich immer wieder: So machte sich etwa beim Bau des Dresdner Bank Hochhauses das unter dem Bahnhofs- und Gallusviertel fließende Quellwasser durch den charakteristischen Schwefelgeruch bemerkbar. Mitte der 1960er Jahre wurde am Mainufer beim Gutleuthof die Quelle unter alten Bäumen gefasst, der Brunnen dort ist aber wieder zurück gebaut worden. Die Frankfurter Architektin Marie-Theres Deutsch hat sich intensiv mit der faszinierenden Geschichte des Grindbrunnens beschäftigt und engagiert sich in der Grindbrunnen-Initiative dafür, die Quelle wieder in der Nähe ihrer ursprünglichen Stelle im Sommerhoffpark der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Gesucht werden nun Mitstreiter, die sich von der Geschichte der Quelle begeistern lassen.

Interessenten melden sich bitte unter info@quell-online.de.

Quelle-Foto: Roland Tichy, Sommerhoffpark

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