Omniprocessor heißt die Maschine, die vielfältige Probleme in Entwicklungsländern auf einen Schlag lösen soll: Menschlicher Abfall aus Haushalten und Latrinen lässt sich dadurch in wenigen Minuten zu Strom, Wasser und Asche verbrennen.

35F13-Gates-WaterBill Gates steht da und trinkt demonstrativ aus einem Glas. „Es ist tatsächlich Wasser“, sagt der Milliardär strahlend und eigentlich wäre das nichts Besonderes, wenn man nicht gesehen hätte, woraus diese klare Flüssigkeit gemacht wurde: aus menschlichen Abfällen.

„Eine erschreckende Anzahl von Menschen, mindestens 2 Milliarden, nutzt Latrinen, die an keine Kanalisation angeschlossen sind“, erklärt der zum Wohltäter mutierte Microsoft-Gründer. Mit weitreichenden Konsequenzen: Denn der von Lastwägen abgeholte Schlamm aus Latrinen wird normalerweise einfach in die Landschaft oder in Flüsse gekippt, von wo aus Schadstoffe und Bakterien das Trinkwasser verunreinigen können. Krankheiten aufgrund unzureichender Sanitäreinrichtungen töten jedes Jahr etwa 700 000 Kinder. Westliche Toiletten sind für diese Herausforderung keine Lösung, denn sie benötigen eine aufwändige  Infrastruktur von Abwasser-Rohren und Kläranlagen, die sich arme Länder nicht leisten können.
„Wenn wir sichere und finanzierbare Techniken entwickeln, um menschliche Abfälle zu beseitigen, können wir vielen dieser Todesfälle vorbeugen und mehr Kindern dabei helfen, gesund aufzuwachsen“, beschreibt Bill Gates seine Motivation, die Ingenieursfirma Janicki Bioenergy aus dem amerikanischen Seattle bei der Entwicklung ihrer Wundermaschine finanziell zu unterstützen.
Nur fünf Minuten dauert es, bis aus Fäkalien kristallklares Wasser erzeugt wird. In einem Video erklärt der Bioingenieur und Erfinder Peter Janicki, wie die Maschine funktioniert: Die Fäkalien werden auf der einen Seite in die Maschine gepumpt. Zunächst wird der Abwasserschlamm aufgekocht, wodurch sich Wasserdampf von den Rückständen trennt. Die Rückstände wandern in einen Ofen und werden bei 1000 Grad Celsius verbrannt. Die extrem hohen Verbrennungstemperaturen sorgen dafür, dass kein unangenehmer Geruch entsteht. Mit der Wärme erzeugt die Maschine Dampf, der einen Generator antreibt. Der Wasserdampf wird anschließend aufgefangen und in weiteren Verarbeitungsschritten zu so sauberem Wasser verwandelt, dass es den Standards der Weltgesundheitsorganisation WHO sowie der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA entspricht (siehe auch Kasten: Kein Unterschied zu Flaschen-Wasser). Überschüssige Energie lässt sich von der Maschine ins Stromnetz einspeisen. Auf diese Art kann der Omniprocessor derzeit pro Tag aus rund 12 Kubikmetern Fäkalien etwas mehr als 10 000 Liter Wasser und bis zu 150 kW Strom erzeugen. Dabei stehen die Wasser- und Stromerzeugung in Konkurrenz zueinander: Wenn möglichst viel Strom erzeugt werden soll, kommt am Ende des Prozesses weniger Wasser heraus. Ursprünglich war das System sogar nur darauf hin angelegt, Strom aus Fäkalien zu erzeugen, doch während der Entwicklung wurde dem Erfinder klar, dass die Erzeugung von Trinkwasser in den armen Ländern noch nützlicher ist, als die alleinige Produktion von Strom.

Eine Maschine, die Dreck zu Geld verwandelt
Das System, Fäkalien zu verbrennen, ist an sich nichts Neues. Schon heute gibt es derartige Anlagen, aber sie haben einen großen Nachteil: Sie nutzen Brennstoffe wie etwa Diesel, die dafür eingekauft werden müssen. Das macht sie für arme Länder zu teuer. Der Omniprocessor löst dieses Problem, indem er die Fäkalien als Energiequelle nutzt. Durch den ausgeklügelten Einsatz einer Dampfmaschine produziert die Anlage mehr als genug Energie, um die nächste Ladung menschlicher Abfälle aus den Latrinen zu verbrennen, die mit Lastwägen zur Maschine geschafft werden. Die Maschine versorgt sich selbst mit Energie, erzeugt darüber hinaus Strom und schützt die Umwelt, da der Schlamm aus Latrinen nicht mehr in die Natur gekippt werden muss. Der Prototyp der Maschine, den Bill Gates kürzlich besichtigte, soll Mitte Februar per Schiff in den Senegal gebracht werden. Eine weiter entwickelte Variante des Omniprocessors soll künftig dazu in der Lage sein, täglich den Abfall von 100 000 Menschen in 86 000 Liter Trinkwasser zu verwandeln und darüber hinaus 250 kW Strom zu erzeugen.

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Ob der Omniprocessor tatsächlich dafür geeignet ist, die Wasser- und Sanitär-Probleme in den Entwicklungsländern in großem Maßstab zu lösen, muss er erst noch beweisen. Erfahrungsgemäß scheitern viele mit großem Enthusiasmus begonnene Technik-Projekte. Allerdings hat der Erfinder den Omniprocessor nicht am grünen Tisch entwickelt. So ist Peter Janicki mit seiner Familie oft nach Afrika und Indien gereist und hat sich vor Ort mit den Problemen auseinander gesetzt. Das gemeinsame Ziel von Geldgeber Gates und Erfinder Janicki: die Technik so billig zu machen, dass auch Unternehmer in Ländern mit geringem Einkommen motiviert sind, damit ein Abfall-Beseitigungs-Geschäft zu starten. Der Plan: Wenn sich der Omniprocessor im Senegal bewährt, sollen in Indien Unternehmer dafür gewonnen werden, Teile für die Maschine zu fertigen oder die Maschine zu betreiben.

 

 

Die Bill & Melinda Gates Foundation

Die Bill & Melinda Gates Foundation ist an den Einlagen gemessen die mit Abstand größte Privat-Stiftung der Welt. Sie engagiert sich vor allem in den Entwicklungsländern und hat sich den Kampf gegen Armut und Krankheiten auf die Fahne geschrieben. Ende Januar 2015 sorgte die Bill & Melinda Gates Foundation für Schlagzeilen, als sie ihr Engagement für die internationale Impfallianz Gavi um 1,5 Milliarden US-Dollar (rund 1,3 Milliarden Euro) aufstockte, um damit die weltweite Kindersterblichkeit weiter zu senken.

Mit ihrer Foundation beschreiten Microsoft-Gründer Bill Gates und seine Frau recht unkonventionelle Wege. So hat ihre Stiftung beispielsweise 100 000 Dollar für die Entwicklung eines Super-Kondoms ausgeschrieben, das den Lustfaktor erhöhen soll, damit die Präservative mehr benutzt werden und Schutz vor HIV-Infektionen bieten. Außerdem engagiert sich die praktizierende Katholikin Melinda Gates für die Rechte von Frauen, denn Frauen spielen nach ihrer Beobachtung in den Entwicklungsländern eine entscheidende Rolle. Sie sind „das Zentrum von Familien, sie halten alles zusammen.“
Seit ihrer Gründung zahlte die Bill & Melinda Gates Foundation bereits rund 25 Milliarden Dollar an Zuschüssen in mehr als 100 Ländern.
www.gatesfoundation.org

Video Omniprocessor