Aus antibakteriell ausgerüsteten Textilien gelangt es schon nach wenigen Waschgängen ins Abwasser, zeigt ein nun abgeschlossenes Forschungsprojekt. Oberflächengewässer seien am stärksten gefährdet, schlussfolgern die Forscher. Mit Klärschlamm kann das Nanosilber auch auf Felder gelangen. Die Experten schließen eine Gefährdung der Böden nicht aus und fordern eine Überwachung des Klärschlamms, schreibt Christian J. Meier im Nanomagazin.

Nanosilber ist in Matratzenbezüge, Yoga-Matten, Teppiche, Jacken, T-Shirts, Socken, Slips, Wischtücher oder Verbandsmaterial enthalten. Die antibakterielle Ausstattung schützt vor Körpergeruch, der aus den Ausscheidungen schweißfressender Bakterien entsteht, aber auch vor Krankenhauskeimen. Weil Nanosilber als stark wassergefährdend gilt warnen Wissenschaftler davor, es in immer mehr Alltagsprodukten einzusetzen. Zudem könnten Mikroorganismen Resistenzen gegen Nanosilber entwickeln und dessen sinnvollen Einsatz in der Medizin dadurch untergraben. Der Umweltrat der Bundesregierung und das Bundesinstitut für Risikobewertung sähen es aus diesen Gründen lieber, wenn Hersteller Nanosilber so lange meiden würden, bis die Risiken für die Umwelt und die menschliche Gesundheit geklärt sind.

Im Forschungsprojekt „Umsicht“ haben Forscher aus Industrie, Akademie und Behörden mit einem Gesamtbudget von 3,7 Millionen Euro untersucht, welches Risiko von Nanosilber in Textilien ausgeht. Mitte Dezember stellte das Konsortium in Bönnigheim seine Ergebnisse vor.

So lange die winzigen Partikel in oder auf den Textilfasern bleiben, stellen sie kaum eine Gefahr für die Umwelt dar. Daher untersuchten die Umsicht-Forscher zunächst, ob durch Waschen oder durch Reibung beim Tragen Nanopartikel freigesetzt werden und in Wasser oder Atemluft landen.

Dem Waschen setzten die Nanopartikel am wenigsten Widerstand entgegen. Nach nur fünf Waschgängen gaben Marktprodukte zwischen fünf (Wischtücher) und 30 Prozent (Socken) der Nanosilber-Partikel frei, wie Edith Claßen vom Hohenstein Institut, einem der Textilindustrie nahe stehendem privaten Forschungsinstitut, berichtete.

Das meiste Nanosilber landet nach wenigen Waschgängen im Wasser

Anders als das Waschen scheint der Abrieb beim Tragen, Wischen oder auf Teppichen Herumlaufen keine Nanopartikel freizusetzen. Das Gros der Nanopartikel gelangt deshalb wohl über das Waschwasser in die Kläranlagen. Ob sie von dort weiter in die Umwelt vordringen, untersuchte Karsten Schlich vom Fraunhofer-Institut in Schmallenberg. Das meiste Nanosilber (90 %) bleibt im Klärschlamm hängen. Wenn der Klärschlamm zum Düngen auf Felder gebracht wird, transportiert er das meiste Nanosilber also ebenfalls dorthin. Allerdings ist in mehreren deutschen und österreichischen Bundesländern sowie in der Schweiz das Ausbringen des Klärschlamms auf Felder verboten. In Südeuropa hingegen gelangten 75% des Klärschlamms auf Felder.

Am empfindlichsten reagierten so genannte Nitrifikanten, also für den Stickstoffkreislauf im Boden wichtige Mikroorganismen, auf das Nanosilber. Auch Pflanzen nahmen Silber in Spross, Wurzeln und Blätter auf und wuchsen weniger stark. Das gehemmte Wachstum trat allerdings erst ab einer recht hohen Silberkonzentration auf. Klärschlamm mit erhöhtem Gehalt an Nanosilber sollte deshalb nicht ausgebracht werden, meinte auch Doris Völker vom Umweltbundesamt (UBA) in Dessau, die eine Risikoabschätzung des UBA über Nanosilber in Textilien vorstellte.

Bessere Informationslage durch Nanoproduktregister

Eine Gesamtbetrachtung aller Pfade, die Nanosilber aus Produkten wie Kosmetika oder Küchenutensilien in die Umwelt nimmt, sei dennoch wünschenswert. Dies sei aber nur mit einer verbesserten Informationslage zu machen, etwa durch ein europaweites Produktregister, welches auf bestehende Stoff- und Produktregelungen anknüpft, so z.B. an die EU-Chemikalienverordnung REACH.