Für den Strandurlaub braucht man nicht gleich um die halbe Erdkugel zu jetten. Oftmals ähneln sich die Pauschal-Angebote ohnehin – von der Karibik bis Mallorca, von Australien bis Thailand. Von Martina Guthmann.

Sonne und Strand: Für die meisten Urlauber ist das die magische Formel für die „schönste Zeit des Jahres“. Und zwar am liebsten weit weg im Rund-Um-Sorglospaket. Trotz aller Ängste vor dem Klimawandel – wenn es um den eigenen Sommerurlaub geht, spielt der Umwelt- und Klimaschutz gemäß einer aktuellen Studie für 93 Prozent der Deutschen keine Rolle. Statt an dem in der Werbung versprochenen Paradies-Strand finden sich jedoch die meisten dieser Urlauber in einem abgegrenzten Areal der Hotelanlage und einer austauschbaren Pool-Landschaft wieder, die der Urlauber so gut wie nie verlässt. „Zielgruppen, die billige Reisen à la Sommer, Sonne, Strand suchen, bekommen die Flugreise als Billig-Länder-und-Billig-Unterkunft-Paket für Sparsamreisende verabreicht“, beobachtet Martin Götz vom Forschungsprojekt „Invent“, das innovative Vermarktungskonzepte für nachhaltigen Tourismus entwickelt. „Fernreisen, bei denen das Ziel austauschbar ist, sind verzichtbare Fernreisen“, kommentiert Nachhaltigkeits-Experte Martin Götz. Dafür braucht er nicht zehn Stunden zu fliegen, das kann er auch näher haben – etwa am Mittelmeer.
Dabei käme kaum einer der Reise-Experten auf die Idee, Fernreisen pauschal zu verdammen. Wer sich für Land und Leute interessiert, für die Kultur eines Landes oder seine Fauna und Flora, dem soll die Lust an der Horizont-Erweiterung nicht vermiest werden. „Uns ist wichtig, Bewusstsein zu schaffen“, sagt Rolf Pfeiffer, Mitbegründer von atmosfair, der Initiative für klimabewusstes Reisen. Die Urlauber sollen selbst ihre Reisemotive hinterfragen: Ist die eine oder andere Fernreise vielleicht vermeidbar oder auch gegen ein anderes Ziel austauschbar?

12 Tonnen CO2 für Sydney
Denn der Umweltpreis von Fernreisen ist hoch: Zumal das Fliegen deshalb besonders klimaschädlich ist, weil die Emissionen direkt in höhere Atmosphärenschichten gelangen und dort einen vielfach stärkeren Treibhauseffekt als in Bodennähe bewirken. Der Anteil des Flugverkehrs am weltweiten Treibhauseffekt liegt bei etwa 12 Prozent und wird bis zum Jahr 2030 voraussichtlich höher sein als der des weltweiten Straßenverkehrs. „In der öffentlichen und politischen Diskussion wird die Bedeutung des Flugverkehrs dramatisch unterschätzt“, beobachtet Rainer Grießhammer vom Öko-Institut. Ein Flug von Frankfurt nach Sydney in Australien und zurück belastet das Klima mit 12,5 Tonnen Kohlendioxid (CO2) – deutlich mehr als ein Bundesbürger jährlich im Durchschnitt in die Atmosphäre freisetzt. Immerhin fast die Hälfe – nämlich 6,5 Tonnen CO2 „kostet“ ein Flug zu den Stränden Thailands. Ein Ulaub auf Mallorca ist hingegen für vergleichsweise wenig CO2 zu haben. Von Frankfurt nach Palma de Mallorca und zurück pustet ein Flugzeug pro Passagier 0,35 Tonnen in die Luft.
Auf der Homepage von atmosfair lässt sich mit Hilfe eines Emissionsrechners ganz einfach feststellen, welche Menge an Klimagasen die persönliche Reise verursacht. Wer sich aus guten Gründen dennoch dafür entscheidet und zugleich sein Umwelt-Gewissen entlasten möchte, kann dann einen Geldbetrag spenden, für den an anderer Stelle der identisch hohe CO2-Betrag eingespart wird. So unterstützt atmosfair beispielsweise die Ausrüstung von zehn Großküchen in Indien, die statt Dieselöl oder Holz zu verbrennen mit dem Geld auf Solar-Herde umsteigen können. Diese Umrüstung der zehn Großküchen spart pro Jahr etwa 570 Tonnen C02 – so viel wie 557 Sydney-Urlauber durch ihren Flug freisetzen.

Der Emissionsausgleich über atmosfair setzt bei Fernreisenden jedoch eine ganze Menge guten Willen voraus: So kostet die Klimaneutralisierung eines Sydney-Flugs immerhin 251 Euro, ein gutes Gewissen bei der Thailand-Flugreise ist für 146 Euro zu haben und beim Flug auf die Seychellen für immerhin noch 105 Euro.
Wie selbstverständlich ist heute das Fliegen in einer global  vernetzten und eng zusammengerückten Welt. Seit den 1970er Jahren hat sich der internationale Flugverkehr verfünffacht. „Je weiter weg, um so toller“, dieses Verhaltensmuster hält sich hartnäckig bei vielen Urlaubern und so ist der Flieger auch in Sachen Ferien zum Massenfortbewegungsmittel geworden. Der Anteil der Deutschen, die Billigflieger benutzen, ist in den vergangenen vier Jahren von 3,4 auf 12,4 Prozent gestiegen. Sowohl Anbietern als auch Kunden ist dabei in der Regel das Umweltschutz-Thema suspekt, weil es den Urlaub nur verteuert.

Nachhaltige Angebote
Anders sieht es bei Anbietern aus, die sich ausdrücklich dem Thema des nachhaltigen Reisens verschreiben und sich unter den Label „forum anders reisen“ zusammengeschlossen haben. Der Verband kämpft seit seiner Gründung vor zehn Jahren um die Beachtung ökologischer und sozialer Kriterien bei der Reiseplanung. So fordert er beispielsweise von seinen Mitgliedern, dass Flugreisen in Abhängigkeit ihrer Reisedistanz eine Mindestdauer aufweisen müssen. Auf der Homepage www.forumandersreisen.de bieten die nachhaltig ausgerichteten Veranstalter für den Strandurlauber eine ganze Reihe von Arrangements: sie reichen von der Nordsee bis zum Bahia Beach in Brasilien.
Wer auf eigene Faust das Klima schützen möchte, der findet in Europa attraktive Ziele für einen Strandurlaub: Von Korsika im Mittelmeer bis hin zu Gran Canaria im Atlantik oder Rügen in der Ostsee.
Eine Bahnreise von Frankfurt nach Rügen und zurück setzt gerade mal 0,12 Tonnen Kohlendioxid frei. Aber „Deutschland als Reiseziel wird oftmals gar nicht in Erwägung gezogen“, beobachtet Martin Schmid vom Freiburger Öko-Institut.

Foto: Monika Frei-Herrmann

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www.atmosfair.de

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forumandersreisen.de

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www.germanwatch.org

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www.invent-tourismus.de