Der 22. August ist weltweit der Tag des Fisches eine gute Gelegenheit sich mit dem Thema Fische zu beschäftigen. Bis in die 1950er Jahre schienen die Fischbestände noch unendlich, doch das hat sich gründlich geändert. Um Fisch mit guten Gewissen genießen zu können, sollte man deshalb genau hinschauen. Von Claudia Schwarzmaier.

Fisch ist gesund und lecker. Offensichtlich zu lecker, denn durch die rücksichtslose Ausbeutung der Meere gelten mehr als die Hälfte aller Fischbestände als bis an die biologische Grenze befischt und 30 Prozent sind bereits völlig erschöpft. Es fehlt ein weltweites effizientes Fischmanagement. Würden wir unsere Wälder so managen wie derzeit den Fischbestand, lebten wir längst in einer baumarmen Steppe. Die EU hat sich zwar 2013 in einer Reform der Fischereipolitik verpflichtet, die Überfischung bis 2020 zu beenden, um den Raubbau an den marinen Ökosystemen maßgeblich einzudämmen. Aber es ist mehr als zweifelhaft, dass dieses Ziel erreicht wird. Denn die Fortschritte sind schlichtweg zu langsam und in der Ostsee gibt es sogar erhebliche Rückschritte. Auch das Beifangproblem konnte bis jetzt nicht wirklich gelöst werden. Beim Fischen von Scholle, Seezunge und Krabben beispielsweise wurde bisher mehr als die Hälfte der gefangenen Lebewesen halbtot und verletzt wieder ins Meer geworfen. Denn trotz immer ausgefeilterer Techniken wird heute in vielen Punkten noch gefischt wie zu Urgroßvaters Zeiten und wenig bis kaum Rücksicht auf die Natur genommen. Erst seit 2019 sind die Fischer in der EU verpflichtet, auch den Beifang an Land zu bringen. Durch die Anrechnung auf die Fangmenge soll ein Anreiz geschaffen werden, durch bessere Netztechniken den Beifang zu verringern.

Konventionelle Aquakulturen sind auch keine Lösung

Angesichts dieser Probleme könnte man schnell zu dem Schluss kommen, dass Zuchtfische aus Aquakulturen die Lösung sind. Tatsächlich stammt zwischenzeitlich fast jeder zweite Fisch aus einer Aquakultur (2016 waren es 80 Millionen Tonnen). Gerade der beliebteste Fisch der Deutschen, der Lachs, kommt zu mehr aus 90 Prozent aus der Fischzucht, hauptsächlich aus Chile und Norwegen. Doch Lachse sind Raubfische, sie brauchen zumindest einen bestimmten Prozentsatz an Futterfischen. Zur Fischmehlproduktion wird deshalb massenhaft Kleinfisch gefangen, der eine wichtige Rolle in der Nahrungskette des Ökosystems Meer spielt und dort dann fehlt. Darüber hinaus bedeutet konventionelle und damit intensive Aquakultur eine Form von Massentierhaltung mit allen Konsequenzen, wie giftigen Chemikalien, Tierqual und Umweltverschmutzung. Ein weiteres Problem von Aquakulturen ist die Zerstörung von marinen Lebensräumen. So wurden und werden gerade in Vietnam und in den asiatischen Ländern ganze Mangrovenwälder für Shrimpsfarmen abgeholzt.

Bewusst auswählen und genießen

Wenn man vor diesem Hintergrund leckeren Fisch mit richtig guten Gewissen essen möchte, sollte man ein paar Punkte beachten. Eine Möglichkeit ist, den Fischgenuss zu reduzieren und zu diversifizieren. Es muss nicht immer Seefisch sein, denn die Lieblingsfische der Deutschen – Lachs, Alaska-Seelachs, Hering und Thunfisch – sind allesamt Seefische. Fischarten aus regionaler und nachhaltiger Bewirtschaftung aus Seen, Flüssen und Teichwirtschaft sind eine interessante Alternative. Forelle, Zander oder Karpfen aus heimischer nachhaltiger Aquakultur haben gemäß Öko-Institut einen deutlich besseren ökologischen Fußabdruck. Wer nicht auf seinen Lieblingsfisch verzichten möchte, der sollte zumindest zu Fisch mit dem MSC-Siegel oder dem ASC-Siegel greifen.
Zusätzlich empfiehlt sich die Lektüre eines Fischratgebers. Die bekanntesten haben WWF und Greenpeace herausgegeben. Denn die Kaufentscheidung in Sachen Fisch ist komplex: Unterschiedliche Fischbestände und -fangmethoden führen dazu, dass je nach Fangort und Fangmethode der gleiche Fisch eine gute Wahl ist oder nicht empfehlenswert. Die sicherste Methode für ein ruhiges Gewissen ist der Griff zu Bio-Fisch. Das EU Bio-Logo kennzeichnet allerdings nur Fischprodukte aus ökologischen Aquakulturbetrieben. Naturland beispielsweise arbeitet mit zwei Bio-Siegeln, eines für Öko-Aquakultur und ein Siegel für Wildfisch aus nachhaltigem Fischfang. Dies klingt alles etwas kompliziert, aber Fische sind ein faszinierender eigener Kosmos mit einer grandiosen Vielfalt von Tierarten, die wir erhalten und schützen sollten. In seinem Buch „Was Fische wissen“ zeigt der Verhaltensbiologe Jonathan Balcombe viele spannende Fakten über das Gefühlsleben der Fische auf und eröffnet damit einen ganz anderen Blick auf Lachs und Co., die uns ähnlicher sind als wir denken.

Gütesiegel MSC und ASC

Der Marine Stewardship Council (MSC) zertifiziert über sein Expertengremium Meeresprodukte aus nachhaltiger Fischerei. Das Logo darf eigentlich nur auf Produkten stehen, wenn vom Fischerei-Betrieb drei Standards erfüllt werden: Der Fisch­bestand darf nicht über­fischt werden, es muss ein gutes Nachhaltigkeitsmanagement geben und das Ökosystem Meer soll nicht beschädigt werden. Weil derzeit auch Fischereien das MSC-Siegel bekommen, die mit „Grundschleppnetzen“ arbeiten, einer Methode die den Meeresboden beschädigt, wurde das MSC von Organisationen und Wissenschaftlern aufgefordert, seinen Zertifizierungsprozess zu überarbeiten.

Das Siegel des Aquaculture Stewardship Council (ASC) ist nach eigenen Angaben das weltweit führende Gütesiegel für Zuchtfisch. Dieses legt Sozial- und Umweltstandards für konventionell bewirtschaftete Aquakulturen fest.

 

Buch-Tipp

Was Fische wissen
Wie sie lieben, spielen, planen: unsere Verwandten unter Wasser. Dieses Buch sorgt für einige Aha-Erlebnisse. Denn wer weiß schon, dass beispielsweise der Thunfisch enger mit dem Menschen verwandt ist, als mit einem Hai. Besonders faszinierend sind die lebendigen Beschreibungen des Verhaltens der Fische. Sie sind strategisch und sozial, können einander täuschen und bestrafen, pflegen aufwendige Balzrituale und lebenslange Beziehungen. Fische sind alles andere als stumm, sie sind fühlende Wesen. Nach der Lektüre dieses Sachbuchs werden Sie anders über Fische denken.

Jonathan Balcombe
Was Fische wissen
mare Verlag
ISBN 978-3-86648-283-8
352 Seiten, Preis: 28 Euro

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Bildnachweis: Titelbild Fotalia FeDBul