Wie wird aus vier Kubikmetern Birkenholz ein wertvoller Rohstoff zur Arzneimittelherstellung? Wir haben der Firma Wala aus Bad Boll beim Köhlern im Wald über die Schulter geschaut. Eines können wir vorab schon verraten: Es wurde dabei richtig heiß!

Noch hängen über den Baumwipfeln die letzten Nebelreste. Aber die Sonne scheint schon wärmend auf die kleine Lichtung im Zanger Wald im Osten der Schwäbischen Alb. Das Wetter meint es gut, denn Regen wäre für das heutige Vorhaben denkbar ungünstig. Im Gras liegen zwei Eisenringe mit je rund zwei Metern Durchmesser und ein konisch geformter Deckel mit vier kleinen Schornsteinen. Alle zwei bis drei Jahre setzt die Wala Heilmittel GmbH gemeinsam mit dem Köhler Konrad Lambert in einem Eisenmeiler medizinische Birkenkohle an. Der Rohstoff „Carbo vegetabilis“ kommt in verschiedenen Wala Arzneimitteln zum Einsatz.

Von langer Hand  vorbereitet und penibel durchgeführt
„Ein Eisenmeiler ist besser kontrollierbar als ein traditioneller, der mit Erde, Gras und Moos abgedeckt werden muss“, erklärt Konrad Lambert. Zunächst säubert das Team penibel die einzelnen Teile des Meilers, um alle Reste vorheriger Produktionen zu beseitigen. „Bei Grillkohle muss man nicht so penibel sein“, erklärt Martin Rozumek von der Grundlagen­forschung der Wala mit einem Augenzwinkern. „Aber hier geht es schließlich um medizinische Kohle!“ Auch der Waldboden wird von alten Kohlestücken befreit, bevor Konrad Lambert mit seinem Traktor den ersten Eisenring platziert. Der Ring sitzt auf Eisenfüßen, damit das Holz später von unten her entzündet werden kann. Stück für Stück schichten die Wala Mitarbeiter die mitgebrachten Birkenscheite – insgesamt rund vier Kubikmeter – in den ersten Meilerring. Das Holz stammt zum einen von einer Birke aus dem Wala Heilpflanzengarten, zum anderen aus dem Bad Boller Forst. Peter Schmich, bei der Wala zuständig für die Beschaffung von Ausgangsstoffen, hatte schon vor einem Jahr das Material von Hand gespaltet und fachgerecht gelagert.

qc32f08-B0T6341Die unterste Schicht Birkenscheite muss sternförmig liegen, wie bei einem Lagerfeuer. Danach werden sie parallel angeordnet. Nun bringt Konrad Lambert den zweiten Ring in Position, was den Meiler wie eine Schichttorte aussehen lässt. Zwischendurch telefoniert der Köhler mit der örtlichen Feuerwehr und der Stadtverwaltung. Zuvor hatte er die Kohleproduktion schriftlich angemeldet und informiert die Behörden nun, dass er bald anfeuert. Dann kommt der Deckel auf den Meiler. Doch bevor es losgehen kann, gibt es noch etwas zu erledigen: „Wenn zu viel Sauerstoff nach innen dringt, verbrennt das Holz zu Asche“, erklärt Konrad Lambert. Also dichtet er gemeinsam mit dem Team jeden noch so kleinen Spalt mit Sand ab, der später, wenn der Meiler bei bis zu 500 Grad glüht, zu einer festen Masse verbackt. Gegen 11.30 Uhr ist es so weit: Konrad Lambert zündet an. Vorher prüft er die Windrichtung, damit das Feuer auch gut nach innen durchzieht. Schon nach einer knappen Minute qualmt es tüchtig aus den Schornsteinen heraus und allen wird klar, warum die Behörden informiert sein mussten. Das Holz knackt und duftet. Wenig später, als alles stabil brennt, dichtet das Team den Sockel des Meilers vollständig mit Sand ab und schließt dann die Luken im Deckel. Für heute ist die Arbeit getan.

Einsatz bei übermäßiger Talgproduktion oder bei Durchfall
Etwa zwei Tage dauert es, bis das Birkenholz zu Kohle geworden ist. Zeit für die „Ernte“ ist aber erst eine Woche später, wenn der Meiler abgekühlt ist. „Es sind insgesamt 190 Kilo Birkenkohle zusammengekommen“, freut sich Beatrix Waldburger, ebenfalls von der Wala Grundlagen­forschung. Verwendet wird der Rohstoff übrigens in Wala Arzneimitteln wie zum Beispiel den Akne-Kapseln oder Bolus alba comp. Pulver, einem Mittel bei Störungen des Magen-Darm­traktes. Und das hat einen besonderen Grund: Im Gegensatz zur staubigen Asche behalten Kohlestücke ihre Form. Deshalb kommt Birkenkohle immer dann zum Einsatz, wenn dem menschlichen Organismus Formkraft fehlt – etwa bei übermäßiger Talgproduktion der Haut oder eben bei Durchfall.

Fotos: Wala Heilmittel GmbH | Silicya Roth
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