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Von der Wäsche bis zum Wasser, von der Kosmetik bis hin zur Kartoffel: Mit dem eigenen Sensorium lassen sich Qualitätsunterschiede deutlich wahrnehmen. Von Andrea Tichy.

Es war eine Offenbarung der ganz eigenen Art: Jahrzehntelang hatte Gabriele H. Camouflage mit ihrer Gesichtshaut betrieben, hatte getönte Tagescremes benutzt, um sich mit ihrem sensiblen Teint in der Öffentlichkeit einigermaßen wohl zu fühlen. Das ging so lange, bis sie die Bio Aloe Vera-Kosmetik der Firma Pharmos Natur entdeckte: Das „Vitamin-Fluid mit Bio Aloe und Klette“ fühlte sich in ihrem Gesicht so gut an, dass sie auf einmal einen inneren Widerstand verspürte, ihr Make-Up oder ihre getönten Cremes weiterhin zu benutzen. Das Befolgen ihrer inneren Stimme wurde belohnt: nach kurzer Zeit begannen sogar ihre – von ihr als sehr störend empfundenen – Pigmentflecken zu verblassen.

„Der Mensch selbst, so er sich der gesunden Sinne bedient, ist das größte physikalische Gerät“, wusste schon Goethe, der große Dichter und Naturwissenschaftler. Leider ist dem modernen Menschen das Vertrauen in seine sensorische Wahrnehmung häufig abhanden gekommen. Beispiel Haut, das vielseitigste Organ des menschlichen Organismus. Sie hilft dem Körper dabei, das innere Gleichgewicht zu bewahren. Sie unterstützt den Körper dabei, sich zu entgiften, schützt vor Überhitzung und trägt dazu bei, ihn vor Kälte zu isolieren. Sich in seiner Haut richtig wohl zu fühlen, kann aber nur dann gelingen, wenn wir uns zugestehen, die Bedürfnisse und die Signale der Haut wahrzunehmen und uns nicht eines Modediktats wegen unser Wohlbefinden durch chemische Haartönungen, synthetische Nagellacks, fragwürdige Kosmetik-Produkte oder synthetische Textilien zu beeinträchtigen. Wer bei Kosmetik oder Bekleidung genau hinspürt merkt den Unterschied sofort – und hilft der Haut dabei, ihren natürlichen Aufgaben so ungestört wie möglich nachzugehen.

Der sechste Sinn
Seit vielen Jahren schon propagieren die Erfolgsautoren Johanna Paungger und Thomas Poppe die Rückkehr zum eigenen, inneren Gespür. „Weder Plastikblusen, noch Asbest und bestrahlte Lebensmittel haben eine Chance, wenn niemand diese Dinge kauft. Ärzte, Lehrer, Rechtsanwälte, Politiker, Händler, die keine Freunde der Menschen sind – sie haben keine Chance, wenn niemand mehr auf sie hört“, so lautet ihre Analyse in ihrem Bestseller „Aus eigner Kraft“. Das Gespür, das die Autoren dabei meinen, macht sich nach ihrer Erfahrung wie eine leise „innere Stimme“ bemerkbar. „Diese ‚innere Stimme’ kennen wir unter den verschiedensten Namen: Intuition, Herz, Wahrnehmung, Gefühl, Ahnung, Gewissen, Witterung, Instinkt, Riecher, oft auch sechster Sinn“, so schreiben sie. Wem diese Beschreibung des sechsten Sinnes zu esoterisch ist, der lässt sich möglicherweise durch die Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaften von der Leistungsfähigkeit der eigenen Wahrnehmung überzeugen. Der Physik-Professor Fritz-Albert Popp beispielsweise hat in Experimenten mit Meeresalgen herausgefunden: Die Sensitivität eines biologischen Systems ist etwa 10 hoch 9 mal höher als die technischer Indikatoren.
Den praktischen Nutzen, den wir alle aus dieser Erkenntnis ziehen können: Beim Essen und Trinken genau hinzuriechen und zu -schmecken – und uns damit vor Nahrungsmitteln, die uns mehr schaden als nutzen zu schützen. „Hätten wir einen gesunden Appetit, bräuchten wir uns um Lebensmittelanalysen nicht zu kümmern“, formuliert Professor Popp in seinem Buch „Die Botschaft der Nahrung“. Popp begründet seine Aussage folgendermaßen: „Fakt ist, dass Wildtiere mit erstaunlicher Präzision die für sie qualitativ beste Nahrung aus dem reichhaltigen Angebot der Natur auszuwählen verstehen.“

Am Apfel schnuppern
Trotz dieser erstaunlichen Fähigkeiten, über die auch wir Menschen verfügen, trauen wir unserem Körpergefühl immer weniger zu. Der moderne Mensch orientiert sich lieber an auf den Packungen aufgedruckten Mindesthaltbarkeits-Daten, statt an dem Joghurt oder an der Wurst einfach zu schnuppern. In Lebensmittel-Verpackungen integrierte Sensoren, die anzeigen, wenn ein Lebensmittel nicht mehr gut ist, wurden vor einigen Jahren als große Errungenschaft der Wissenschaft gefeiert. Dabei ist beispielsweise unser Geruchssinn außerordentlich empfindlich. So wird Moschus etwa auch dann noch wahrgenommen, wenn der Nase weniger als ½.000.000 Milligramm eines Moschusextrakts angeboten wird; nur vier Milligramm des in Knoblauch enthaltenen Methylmercaptans in 108 m³ Luft (das sind 1000 Hallen zu jeweils 500x10x20 Meter) genügen, um die Empfindung „Es riecht nach etwas“ hervorzurufen. Und es genügt ein Milligramm Vanille pro 1.000 m3 Luft, um einen Riecheindruck hervorzurufen. Aufgrund dieser Sensibilität der Nase macht Bestseller-Autorin Johanna Paungger beim Einkaufen immer den Schnupper-Test. Äpfel, die duften, das weiß sie aus Erfahrung, sind qualitativ wesentlich besser als geruchlose Exemplare.

Auch der Geschmackssinn, vielmehr die „gustatorische Wahrnehmung“ glänzt durch erstaunliche Komplexität. Denn der Sinneseindruck, der gemeinhin als „Geschmack“ bezeichnet wird, ist ein Zusammenspiel des Geschmacks- und Geruchssinns gemeinsam mit Tast- und Temperaturinformationen aus der Mundhöhle. Bei fünf Grundgeschmacksrichtungen (zu denen neben süß, salzig, sauer und bitter auch „umami“ für „fleischig“, „herzhaft“ gezählt wird) ergibt sich durch die Kombination aus Rezeptortypen und wahrgenommenen Geschmacksintensitäten eine gigantische Vielzahl an Unterscheidungs- und Wahrnehmungsmöglichkeiten. Wer sich einmal die Mühe macht, zur gleichen Zeit verschiedene Kartoffelsorten durchzuprobieren, der stellt erstaunt fest, welch himmelhohe Geschmacks-Unterschiede es dabei gibt.
Der Genuss von Wein ist im Grunde die letzte Bastion des Geschmackssinns, bei der dieser unangefochten zum Zuge kommt. Dabei lassen sich beispielsweise auch beim Wasser Geschmacksunterschiede deutlich erschmecken. (Siehe Kasten: Der Sensorik-Test). Im groß angelegten Schulprojekt „Trink Dich clever“ hat die Münchner Heilpraktikerin und Ernährungsberaterin Margret Jamin überraschende Erfahrungsberichte mit dem Geschmack von Wasser gesammelt. In Sensorik-Tests probierten und schmeckten Schüler der Münchner Pestalozzi-Realschule ganz bewusst fünf verschiedene stille Wässer der St. Leonhards-Vertriebs GmbH & Co. KG. Vor allem die Grundschüler fanden für die von ihnen empfundenen Geschmacksqualitäten phantasievolle Namen. Das Wasser schmeckte nach ihrem Empfinden „weich wie Watte“, „wie eine Eiskugel im Mund“, „wie Banane“ oder „wie Vanille“. Doch wie oft kommt es vor, dass wir Wasser trinken, das uns bei genauerem Hinschmecken gar nicht mundet, und das wir mühsam in uns hineinzwingen müssen? „Die Schärfung des individuellen gesunden Appetits, das Hineinhorchen in die eignen Bedürfnisse und die Ablehnung von Unbehaglichkeiten während der Nahrungsaufnahme ist eine wichtige Richtschnur gegen Langzeitschäden durch Aufnahme minderwertiger Nahrung“, empfiehlt der Wissenschaftler Fritz-Albert Popp. Fangen wir doch gleich bei der nächsten Mahlzeit damit an, genau hinzuschmecken.

Foto: Monika Frei-Herrmann

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Beitrag IG-FÜR: Ratgeber in Sachen Lebensmitteln

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Der Sensorik Test

Mit Hilfe des so genannten Sensorik-Tests lassen sich Unterschiede bei Wässern erschmecken.

  • Über seine eigene Geschmackswahrnehmung kann jeder Mensch – ob Kind oder Erwachsener – erfahren, welches Wasser den individuellen Zustand des Körpers am besten unterstützt.
  • Besonders wichtig beim Sensorik-Test ist es, die Wässer bei Zimmertemperatur zu probieren, denn Kälte beeinträchtigt die Geschmacksnerven.
    Das Wasser sollte – ähnlich wie bei Wein – mit Aufmerksamkeit im ganzen Mund geschmeckt werden. Das Wasser, das weich und süßlich schmeckt, im Mund quasi aufquillt und sich so gut wie von alleine trinkt, ist das für den Verkoster richtige
    Wasser.

Foto: Ortrud Stegner

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