Nach langer Zeit können wir am frühen Morgen des 28. September endlich wieder einmal eine totale Mondfinsternis beobachten. Von Dr. Andreas Walker.

Am frühen Morgen des 28. September stehen Sonne, Erde und Mond wieder einmal exakt in einer Linie, was zu einer totalen Mondfinsternis führt. Bei einer Mondfinsternis durchquert der Mond den Schatten der Erde. Doch selbst in der Kernschattenzone wird er nicht gänzlich verfinstert. Die Erdatmosphäre lässt aufgrund ihrer Streuwirkung nur noch rotes Licht in den Kernschattenbereich passieren, was dem Mond seine rötliche Farbe während der totalen Verfinsterung verleiht. Befände sich ein Beobachter zu diesem Zeitpunkt auf dem Mond, so könnte er eine totale Sonnenfinsternis erleben, denn vom Mond aus gesehen schiebt sich die Erde vor die Sonne. Der Beobachter auf dem Mond sähe um den dunklen Erdschatten einen rötlichen Ring und um die Sonne die sogenannte Korona (Strahlenkranz), wie dies auch bei einer Sonnenfinsternis auf der Erde der Fall ist.

Krasser Temperatursturz auf dem Mond
Da sich der Mond pro Erdumlauf genau einmal um seine eigene Achse dreht, dauern Mondtag und Mondnacht jeweils rund 15 Erdentage. Weil der Mond außerdem keine Atmosphäre besitzt, kann auch kein Temperaturausgleich zwischen Tag- und Nachtseite stattfinden. Dies führt zu extremen Oberflächentemperaturen. So herrscht auf der Tagseite des Mondes eine Temperatur von etwa 120 Grad am „Mittag“, während sie auf der Nachtseite bis auf –130 Grad fällt. Wegen der fehlenden Atmosphäre kommt es außerdem zu krassen Temperaturstürzen. Besonders rasche Temperaturveränderungen wurden bei Mondfinsternissen gemessen. Sobald der Mond in den Erdschatten eintaucht, breitet sich eine arktische Kälte aus. Umgekehrt steigt die Temperatur sehr rasch wieder an, sobald der Austritt aus dem Kernschatten erfolgt ist. Sollten die Menschen einmal eine Mondbasis errichten, so wären die Gebiete ideal dafür, in denen die Sonnenstrahlen in einem flachen Winkel auftreffen und damit ein „erträgliches Mondklima“ erzeugen.

Tipps zum Beobachten
Um 3.07 Uhr taucht der Vollmond in den Bereich des Erdschattens ein, was sich daran äußert, dass er von oben langsam von einer Dunkelheit „angeknabbert“ wird. Danach verdunkelt er sich immer mehr und um 4.11 Uhr ist er schließlich ganz verfinstert und leuchtet rot. Um 5.24 Uhr tritt der Mond wieder aus dem Kernschatten der Erde, deutlich sichtbar an der gleißend hellen linken Seite, die zu diesem Zeitpunkt  plötzlich heller wird. Dabei verschwindet für das menschliche Auge die rötliche Färbung praktisch schlagartig. Die weiße Mondsichel wird danach immer breiter und um 6.27 Uhr hat der Mond den Bereich des Kernschattens verlassen und strahlt wieder im gewohnten Licht. Da sich der Vollmond in dieser Nacht in Erdnähe befindet, wird er größer als normal erscheinen.
Wichtigste Bedingung zur Beobachtung der Mondfinsternis ist schönes Wetter. Bei lockerer Bewölkung hat man die Chance, den Mond hin und wieder klar zu sehen. Bei sehr klarem Wetter könnten sich Ende September am frühen Morgen in Tälern und Senken bereits Kälteseen mit Nebel bilden. In diesem Falle empfiehlt es sich, einen erhöhten Standort aufzusuchen. Die Mondfinsternis ist mit bloßem Auge gut sichtbar. Ein Feldstecher leistet bereits gute Dienste für nähere Beobachtungen. Der Beginn der Finsternis beginnt in einer Höhe von knapp 35 Grad. Im weiteren Verlauf sinkt der Mond stetig und am Ende der Totalität wird er sich noch etwa in einer Höhe von knapp 20 Grad befinden. Wer freie Sicht bis zum Ende der Totalität haben will, muss darauf achten, dass der westliche Horizont tief liegt und der Mond nicht durch Berge oder Hügel verdeckt wird. Sollte das Wetter mitspielen, dürfte dieses Schauspiel in der herbstlichen Nacht ziemlich eindrücklich werden. Es lohnt sich, dieses Himmelsereignis zu beobachten, denn die nächste totale Mondfinsternis wird bei uns erst wieder am 27. Juli 2018 zu sehen sein.

Die Farbe des verfinsterten Mondes ist immer wieder anders
Jede Mondfinsternis sieht ein bisschen anders aus, da die Farbe während der Totalität durch den Zustand der Erdatmosphäre während dieser Zeit bestimmt wird. Einerseits spielt der Verschmutzungsgrad der Erdatmosphäre eine wichtige Rolle, denn Vulkanausbrüche oder auch vom Menschen produzierte Luftverschmutzung trüben die Luft und führen dazu, dass die wenigen Lichtstrahlen, die durch die Erdatmosphäre auf die Mondoberfläche fallen, röter werden. Zudem spielt die Passage des Mondes durch den Erdschatten noch eine wichtige Rolle. Je zentraler der Mond durch den Erdschatten läuft, desto dunkler wird die Finsternis.

37F08-Grafik-Mondfinsternis


Daten der totalen Mondfinsternis am 28. September 2015

Eintritt in den Kernschatten: 3.07 Uhr
Mond in Erdnähe: 3.46 Uhr
Beginn der Totalität: 4.11 Uhr
Mitte der Finsternis: 4.47 Uhr
Vollmond: 4.50 Uhr
Ende der Totalität: 5.24 Uhr
Austritt aus dem Kernschatten: 6.27 Uhr

Der Autor
Dr. Andreas Walker ist promovierter Meteorologe, Buchautor, Fotograf und Wissenschaftsjournalist. Er arbeitet als freier Journalist, hält Kurse und Vorträge über Wetterkunde in Schulen und Firmen und ist Inhaber einer Bildagentur mit mehr als 100 000 selbst aufgenommenen Fotografien über Natur- und Wetterphänomene.

Foto: © Andreas Walker
www.meteobild.ch

Weitere Beiträge von Dr. Andreas Walker

Kosmisches Schattenspiel: Sonnen- und Mondfinsternisse

Vom Götterzorn zur Hochspannung am Himmel

Der Einfluss des Wetters auf den Menschen

Polarlichter: Wenn der Himmel in Flammen steht

Die Sprache der Wolken