Einfache Hausmittel geraten mehr und mehr in Vergessenheit oder gelten als unwirksam. Essigsaure Tonerde kann aber auch heute noch in vielen Fällen wertvolle Hilfe leisten: bei Prellungen, Sonnenbrand, kleinen Verletzungen, starkem Schwitzen oder sogar zur Prophylaxe des „Taucherohrs“. Von Dr. Ursula J. Lang.

Ein Fläschchen essigsaure Tonerde hatte Jahrzehnte lang einen festen Platz in jeder Hausapotheke. Eine Krankenkassenversorgung heutigen Standards gab es nicht und für private ärztliche Behandlungen fehlte den meisten Menschen das Geld. Ärzte wurden nur im echten Notfall gerufen und bei „Alltagswehwehchen“ griff man in die Hausapotheke. Diese enthielt oft nur einige mehrfach gebrauchte und immer wieder gereinigte Verbandstoffrollen, Kamillen-, Pfefferminz- und Fliedertee, Arnikaessenz, einen Topf mit Schweineschmalz, ein Röhrchen Schmerztabletten und die eingangs erwähnte Flasche mit essigsaurer Tonerde. Die leicht säuerlich riechende Flüssigkeit wurde mit Wasser verdünnt bei kleineren Verletzungen wie Abschürfungen, Insektenstichen, Kratzern, Schrammen oder Quetschungen angewendet. Man tupfte damit vorsichtig die Hautläsion ab oder man wendete Umschläge an, die getränkt waren mit verdünnter, essigsaurer Tonerde, um ein geschwollenes Knie oder ein geschundenes Schienbein mit Bluterguss zu behandeln. Auch juckende, entzündliche Hauterkrankungen wurden mit kühlenden Umschlägen gelindert.
Auch heute noch kann man essigsaure Tonerde in der Apotheke als „Aluminiumacetat-tartrat-Lösung DAB“ (DAB=Deutsches Arzneibuch) kaufen. Diese Lösung wird dann im Bedarfsfall mit der etwa 10- bis 15-fachen Menge Wasser verdünnt. Die verdünnte Lösung wirkt bei Hautabschürfungen und kleinen Wunden und kühlt als Umschlagslösung Schwellungen, Prellungen, Verstauchungen, Blutergüsse oder oberflächliche Venenentzündungen. Auf größeren, offenen Wundflächen soll man die leicht saure Lösung jedoch nicht anwenden, weil sie ein unangenehmes Brennen der Wunde verursachen würde. Bei solchen infektionsgefährdeten Wunden sollte man immer ärztlichen Rat einholen, geeignete Desinfektionsmittel und sterile Wundauflagen verwenden.

Tut gut bei übermäßiger Schweißbildung
Weiterhin wurde und wird essigsaure Tonerde-Lösung gegen übermäßige Schweißbildung auf besonders betroffene Areale wie Achselhöhle oder Fußsohle aufgetupft oder aufgesprüht. Aluminiumsalze wirken adstringierend und verengen die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen. Um diesen Effekt zu erzielen, muss die  Aluminiumacetat-tartrat-Lösung jedoch deutlich höher konzentriert angewendet werden. Ebenso wie bei Alaun-Deostiften, die ja ebenfalls ein Aluminiumsalz enthalten, sollte man deshalb beachten, dass die Anwendung von essigsaurer Tonerde-Lösung bei empfindlicher Haut zu Reizungen führen kann.

Kühlende Umschläge für den Outdoor-Bereich
Im modernen Alltag haben sogenannte „Coldpacks“ die altmodisch anmutenden kühlenden Umschläge zurückgedrängt. Anders sieht es im Urlaub aus, wenn man nicht über einen eigenen Kühlschrank verfügt. Knickt man beim Camping- oder Fahrradurlaub mit dem Knöchel um oder stürzt und prellt sich die Schulter, kann man sich nach altbewährter Manier mit kühlenden Umschlägen behelfen (siehe Kasten). Eine Reiseapotheke sollte deshalb nicht nur elastische Binden, Pflaster, Durchfalltabletten oder Reisekaugummi beinhalten, sondern auch eine rasche und effektive Erstversorgung von Verletzungen ermöglichen. Mit 70prozentigem Isopropanol kann man nicht nur kleine Wunden desinfizieren, sondern auch kühlende Alkohol-Wasser-Umschläge zubereiten. Bei Outdoor-Urlauben oder beschränkter Gepäckmenge im Flugzeug ist man jedoch um jedes Gramm froh, welches man nicht mit sich tragen muss. Hier bietet sich als gute Alternative essigsaure Tonerde in Tablettenform an. Wird eine Tablette, die ein Gramm Aluminiumacetat-tartrat enthält, in der etwa 100fachen Menge von sauberem Wasser oder stillem Mineralwasser aufgelöst, gewinnt man eine Lösung, mit der nicht nur kleine Hautläsionen versorgt, sondern im Bedarfsfall auch größere Mengen an Umschlagslösung frisch hergestellt werden können.

Gegen Sonnenbrand und Taucherohr
Auch wenn  man sich einen Sonnenbrand zugezogen hat, in einen Seeigel getreten ist oder Quallen-Kontakt hatte, kann man sich gut mit verdünnter, essigsaurer Tonerde-Lösung behelfen. Hierzu ist es praktisch, eine kleine leere 100 ml-Sprühflasche mit sich zu führen, in die man die verdünnte gebrauchsfertige Lösung von essigsaurer Tonerde füllt, um damit die entzündeten Hautpartien zu besprühen. Auch im Wasser- und Tauchsport, bei dem gechlortes oder salzhaltiges Wasser die Haut des Gehörgangs angreifen kann, leistet essigsaure Tonerde wertvolle Hilfe: Die verdünnte Lösung in die Ohren gesprüht, kann vor dem gefürchteten Taucherohr schützen.

Umschläge mit essigsaurer Tonerde

  • Zwei- bis vierlagiges Baumwoll- oder Leinentuch in der entsprechenden Größe mit Umschlagslösung (siehe Beitrag Essigsaure Tonerde) tränken. Eventuell mit einem dünnen Frottiertuch als Außentuch abdecken, Wärmestau vermeiden.
  • Umschläge mit essigsaurer Tonerde nicht auf der Haut trocknen lassen, spätestens nach zwei Stunden wechseln. Dabei darf man den Verbandsstoff nicht einfach immer wieder mit der Umschlaglösung tränken, sondern man sollte den Umschlag komplett wechseln, sobald er warm geworden ist. Grund: Durch Verdunstung des Wassers reichert sich der in der Umschlagflüssigkeit gelöste Stoff auf der Haut an und die Konzentration erhöht sich allmählich. Lässt man den Umschlag völlig trocken werden, hat man schließlich das unverdünnte Aluminiumacetat-tartrat auf der Haut, was diese reizen kann.
    Die adstringierenden und entzündungswidrigen Eigenschaften der essigsauren Tonerde leisten – verdünnt angewandt – einen wertvollen Beitrag zur Heilwirkung, auf den man nicht verzichten sollte, indem man die Umschläge regelmäßig wechselt.

Foto: Monika Frei-Herrmann
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